Karneval
(v. ital. carnevale, welches nach der gewöhnlichen Annahme aus carne und vale zusammengesetzt sein, mithin »Fleisch, lebe wohl!« bedeuten soll, wahrscheinlich aber durch Verstümmelung aus dem mittellat. carne levamen, die »Enthebung von Fleischgenuß«, entstanden ist),
der ursprünglichen Wortbedeutung gemäß s. v. w.
Fastnacht, der
Tag vor Beginn der
Fasten,
an dem man zum letztenmal
Fleisch essen darf; im weitern
Sinn des
Ausdrucks aber s. v. w.
Fasching (von »fasen«, d. h. faseln,
Possen treiben), die Zeit der Lustbarkeiten, welche der Fastenzeit vorausgeht und je nach der Lokalität von kürzerer
oder längerer Dauer ist. Gewöhnlich rechnet man den Karneval
vom
Fest
Epiphania (6. Jan.) bis zum
Aschermittwoch; in
Venedig
[* 2] fängt der
Karneval
jedoch bereits am
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St. Stephanstag (26. Dez.) an, in Spanien
[* 4] beginnt er meist am St. Sebastianstag (20. Jan.), und in Rom
[* 5] versteht man unter Karneval
hauptsächlich
die letzten elf Tage vor Aschermittwoch, während der in Mailand
[* 6] sich bis zum Sonntag Invocavit (s. d.) fortsetzt und der Karneval
am
Rhein sich vorzugsweise auf die Woche vor Aschermittwoch beschränkt. Auch in Belgien,
[* 7] Frankreich, Österreich
[* 8] und Süddeutschland sind die letzten drei Tage vor Aschermittwoch die eigentlichen des Karnevals
, an denen dieser sich in seiner
höchsten Blüte
[* 9] zeigt.
Italien
[* 10] ist das Heimatsland des Karnevals
, da derselbe sich aus den altrömischen Saturnalien (s. d.) entwickelt hat, welche
die Kirche bestehen lassen und mit christlicher Deutung auf eine passende Zeit verlegen mußte, weil sie
sich außer stande sah, das im Volk tief eingewurzelte Fest zu beseitigen. Am berühmtesten ist der große Karneval
von Venedig mit
seiner Maskenfreiheit, seinen Tierhetzen, Herkulesspielen und Feuerwerken geworden, welchem bis 1796 während der Himmelfahrtsmesse
(s. Himmelfahrtsfest) stets ein kleinerer folgte.
Neben ihm kam der oft, am anmutigsten von Goethe (im 2. Teil der »Italienischen Reise«),
geschilderte in Rom mit seinem Pferderennen
(s. Korso), Aufzügen, Werfen mit Blumen und Gipskügelchen (confetti), wegen der vielen sich daran beteiligenden Künstler und
Fremden am meisten zur Bedeutung. In Paris
[* 11] ist der Umzug des Boeuf gras, eines fetten Ochsen, der, mit vergoldeten
Hörnern und mit bunten Bändern herausgeputzt, unter Begleitung von allerlei Masken
[* 12] zur Schlachtbank geführt wird, der Glanzpunkt
des Karnevals.
In Spanien zeichnen sich besonders Madrid,
[* 13] Sevilla
[* 14] und Cadiz
[* 15] durch lustiges Maskentreiben aus. In Deutschland
[* 16] fand
der an den altheidnischen Darstellungen der Götterumzüge, namentlich am Umherführen des Pflugs und des
Schiffswagens, als Symbol der wieder eröffneten Meerfahrt (weshalb man auch das Wort Karneval
aus carrus navalis zu erklären versucht)
so passende Anhaltspunkte, daß er sich früh einbürgerte und zu großer Blüte gelangte.
Fastnachtspossen, Mummenschanz und vor allem der Hanswurst machten die Tage vor Aschermittwoch zu einer ebenso
heitern wie ausgelassenen Zeit, so daß der Fastnachtsdienstag den Namen Narrenfest oder Narrenkirchweih erhielt. Die Reformation
und der Dreißigjährige Krieg unterdrückten jedoch den K, fast gänzlich. Erst zu Anfang dieses Jahrhunderts brachten ihn
die Franzosen, welche ihn in Italien kennen gelernt, auch bei uns wieder in Aufnahme; besonders in den rheinischen
Städten bildeten sich eigne Karneval
sgesellschaften, um Festprogramme zu entwerfen und auszuführen, und der in Köln,
[* 17] dessen
50jährige Jubelfeier man 1873 beging, erlangte in Deutschland fast ebensolche Berühmtheit wie vormals der zu Venedig in Italien.
Sehr glänzend ist auch der in Aachen,
[* 18] Trier,
[* 19] Mainz
[* 20] und Düsseldorf,
[* 21] und seit 1868 haben selbst protestantische
Städte, wie Leipzig,
[* 22] Hamburg,
[* 23] Berlin
[* 24] u. a., versucht, den Karneval
mit seiner Maskenfreiheit wieder als allgemeines
Volksfest einzuführen, obwohl die öffentlichen Aufzüge,
[* 25] in Norddeutschland wenigstens, nicht recht den Charakter von Volksfesten
annehmen wollen. Die Fastnachtsgebräuche einiger Zünfte, wie der Schäfflertanz in München,
[* 26] der Böttchertanz
in Frankfurt
[* 27] a. M. und der Metzgersprung in München, haben sich mutmaßlich als die letzten Überbleibsel
der heidnischen Vorzeit
bis zum heutigen Tag erhalten.
Vgl. Fahne, Der Karneval
(Köln 1853);
v. Reinsberg-Düringsfeld, Das festliche Jahr (Leipz. 1863).
S. auch Ottobraten.