Titel
Karlsruhe
,
[* 1] 1) Haupt- und Residenzstadt des Großherzogtums Baden, [* 2] im gleichnamigen Kreis, [* 3] welcher 1527 qkm (27,84 QM.) mit (1885) 286,844 Einw. umfaßt, in der oberrheinischen Tiefebene, 8 km vom Rhein gelegen, 118 m ü. M., Knotenpunkt der Linien Mannheim-Konstanz, Mannheim-Karlsruhe und Karlsruhe-Maxau der Badischen Staatsbahn, ist die jüngste Stadtgründung Deutschlands. [* 4] Die Altstadt umgibt in einem großen Halbkreis das am Saum des Hardtwaldes gelegene Schloß und ist in Gestalt eines Fächers angelegt, indem die Straßen radienförmig vom sogen. Bleiturm des Schlosses ausgehen, quer durchschnitten durch die von O. nach W. ziehende Kaiserstraße.
Die Fächerform ist indessen in den neuen Stadtteilen aufgegeben, auch haben die ursprünglichen einstöckigen, hölzernen Häuser fast durchweg zeitgemäßen Bauten Platz gemacht; doch trägt die ganze Stadt, die ihre bauliche Physiognomie besonders dem Architekten Weinbrenner und seinen Schülern verdankt, den Charakter der Regelmäßigkeit und moderner Eleganz. Von den zu gottesdienstlichen Zwecken bestimmten Gebäuden verdienen nur die evang. Stadtkirche Konkordia mit der Fürstengruft, die kath. Stadtkirche zu St. Stephan, die neue kath. Kirche im Stadtteil Mühlburg und die Synagoge Erwähnung.
Hebel (Werkzeug)

* 5
Hebel.
Unter den Profanbauten ist zunächst hervorzuheben das 1751-76 im altfranzösischen
Stil erbaute Residenzschloß mit dem großen
Marmorsaal und dem Bleiturm. Hinter dem
Schloß dehnt sich der Schloßgarten mit dem Denkmal des Dichters
Hebel,
[* 5] der
Steinhäuserschen Marmorgruppe:
Hermann und
Dorothea sowie verschiedenen
Wasserkünsten aus.
Ferner sind zu nennen: der umfangreiche,
elegant und zweckmäßig eingerichtete
Marstall an der Ostseite des Schloßplatzes, das vom
Architekten
Weinbrenner erbaute
markgräfliche
Palais am Rondelplatz, auf welchem der dem
Großherzog
Karl, dem
»Gründer der
Verfassung«, gewidmete
Obelisk steht,
das Gebäude für die vereinigten Sammlungen (Naturalienkabinett, Sammlung von Altertümern,
Hof- und
Landesbibliothek etc.) an dem prachtvollen Friedrichsplatz, das Finanzministerialgebäude, das
Ständehaus, die 1836-45 nach den
Plänen des Baudirektors
Hübsch erbaute Kunsthalle mit ausgewählter Gemälde- und Kupferstichsammlung,
das 1851-53 von demselben
Architekten aufgeführte Hoftheater, der
Wintergarten, das
Rathaus mit prachtvollem Treppenhaus und
einer Gedächtnistafel der im
Krieg von 1870/71 gefallenen Karlsruher
,
die Gebäude der Generalpost- und
der
Eisenbahndirektion sowie des
Generalkommandos und des kommandierenden
Generals des 14.
Armeekorps, das Vierortsbad, verschiedene
Schulgebäude, die
Münze, das
Zeughaus, das Fürstenbergsche, Schmiedersche und Douglaspalais u.
v. a. Auf dem Festplatz erhielt 1886 ein
Gebäude von 2640 qm Flächeninhalt, welches zu
Ausstellungen, Sommertheater und Zirkusvorstellungen dienen
soll.
Sanitären Zwecken dienen das städtische Schlachthaus und namentlich die mustergültigen, großartigen Kanalisationsanlagen. Neben den bereits erwähnten Denkmälern sind noch anzuführen: das Kriegerdenkmal (von Volz) und das Standbild des Ministers Winter (von Reich), beide in der Nähe des Hauptbahnhofs, das Sandsteindenkmal des Großherzogs Ludwig und die Pyramide über dem Grab des Gründers der Stadt, Markgrafen Karl Wilhelm, in der Karl Friedrichs-Straße sowie das Standbild Karl Friedrichs (von Schwanthaler) auf dem Schloßplatz. Die Errichtung eines Denkmals für den Dichter V. v. Scheffel steht in Aussicht.
Bevölkerungsstatistisc

* 6
Bevölkerung. Die
Bevölkerung
[* 6] beläuft sich inkl. Stadtteil
Mühlburg, welcher Karlsruhe
einverleibt warb, (1885) mit
Garnison
(Generalkommando des 14.
Armeekorps,
Kommando der 28.
Division, der 55.
Infanterie-, 28.
Kavallerie- und 14. Feldartilleriebrigade,
einem Grenadierregiment Nr. 109, 4
Eskadrons
Dragoner Nr. 22, einem Feldartillerieregiment Nr.
14, einem Trainbataillon Nr. 14) auf 61,066
Seelen, darunter 26,160 Katholiken, 1747
Juden, gegen 49,283
im Jahre 1880.
Industrie und
Handel sind in lebhaftem Aufschwung begriffen. Karlsruhe
hat eine
Münzstätte, eine Silberwarenfabrik,
Glaceeleder- und 2 Nähmaschinenfabriken, eine Erzgießerei, eine
Maschinen-, eine Metallpatronen-, eine Zementwaren-, eine
Kunstmöbel- und eine Zigarrenfabrik, alle mit über 100 Arbeitern, außerdem Bierbrauereien,
Tapeten-, Parfümeriefabrikation
etc., eine Reichsbankstelle,
Filialen der
Badischen und der
Rheinischen
Kreditbank, die
Badische
Versorgungsanstalt, 3
Sparkassen
und ein
Exportmusterlager.
Den
Verkehr in der Stadt und mit der Nachbarstadt
Durlach
[* 7] vermitteln eine
Pferde- und eine
Straßenbahn. An Bildungsinstituten
und Kunststätten besitzt Karlsruhe
eine technische
Hochschule, eine
Kunstschule, ein
Gymnasium, ein
Realgymnasium, eine
Real-, eine
Kunstgewerbe-, eine Baugewerk-, eine
Handels- und eine
Gewerbeschule, 2
Lehrer- und ein Lehrerinnenseminar,
eine Turnlehrerbildungsanstalt, eine Tierarznei-,
Obst- und
Wiesenbau- und eine landwirtschaftliche Winterschule, ein Hoftheater,
ein
Konservatorium für
Musik, eine Malerinnenschule etc. Bedeutend ist auch die Zahl der Kranken- und sonstigen
Wohlthätigkeitsanstalten.
Die städtische
Verwaltung zählt 3
Bürgermeister, 22
Stadträte und 96
Stadtverordnete. Außerdem ist Karlsruhe
Sitz
der großherzoglichen
Regierung, eines
Kreisamtes, eines Oberlandesgerichts (für das Großherzogtum
Baden), eines
Landgerichts
(für die 10
Amtsgerichte zu
Baden,
Bretten,
Bruchsal,
Durlach,
Eppingen,
Ettlingen,
Gernsbach, Karlsruhe
,
Pforzheim
[* 8] und
Rastatt),
[* 9] einer
Handelskammer,
eines Verwaltungsgerichtshofs, einer
Oberpostdirektion, einer Generaldirektion der
Badischen Staatsbahn, eines
Hauptsteueramtes,
einer Bezirksforstei. Unter den zahlreichen schattigen Spaziergängen der Umgegend nimmt das hübsche
Sallenwäldchen mit seinen
Wasserwerken den
Karlssage - Karlsschul

* 11
Seite 9.545.
[* 1]
^[Abb.:
Wappen
[* 10] von Karlsruhe.]
¶
mehr
ersten Platz ein. In der Nähe liegt, zum Stadtgebiet gehörig, die ehemalige Benediktinerabtei Gottesau, jetzt Kaserne, nach
N. hin dehnt sich der große, mit Eichen- und Nadelholz bestandene Hardtwald aus. - Karlsruhe
gehört nach Kohls Terminologie unter
die »Zufalls- oder Willkürstädte«. Markgraf Karl Wilhelm, auf seine Residenz Durlach erzürnt und ein Verehrer
»origineller Einsamkeit«, erbaute sich 1715 mitten im Hardtwald ein Jagdschloß. Nach dem Strich der Windrose wurden 32 Alleen,
vom Schloß auslaufend, durch den Wald gehauen und Aufforderungen zur Ansiedelung erlassen.
Schon 1719 hatten sich 1994 Menschen dort niedergelassen, welche nach Vorschrift ihre Häuser aus Holz
[* 12] bauen mußten. 1724 wurde
das Gymnasium von Durlach nach Karlsruhe
verlegt und 1751 vom Markgrafen Karl Friedrich an der Stelle des Jagdschlosses das jetzige Schloß
aus Stein aufgeführt. Immer mehr vergrößerte sich seitdem die Stadt, sie zählte 1812 bereits 13,727 Einw. 1848 und 1849 war
Karlsruhe
der Schauplatz erst der Volkserhebung und dann der Gegenrevolution (s.
Baden, S. 238 f.).
Vgl. »Karlsruhe
im Jahr 1870«, Baugeschichte etc.
(illustriert, Text von Scheffel, Karlsr. 1870);
Bielefelds »Illustrierter Führer durch Karlsruhe«
(2. Aufl., das. 1885).
Schlesien

* 13
Schlesien.2) in Schlesien, [* 13] Flecken im preuß. Regierungsbezirk und Kreis Oppeln, [* 14] an der Sekundärbahn Oppeln-Namslau, hat ein Amtsgericht, eine evangelische und eine kathol. Pfarrkirche, eine Zwangserziehungsanstalt, ein schönes Schloß mit herrlichem Garten [* 15] und Parkanlagen, in welchen ein künstlich aufgeschüttetes Gebirge (das »schlesische Siebengebirge«) und ein altes Schloß sich befinden, ein Kiefernadelbad, Waldwolle-, Kiefernadelöl- und Spritfabrikation und (1885) 2360 meist evang. Einwohner. Karlsruhe ist Majorat des Herzogs von Württemberg. [* 16] In dem Park ein Denkmal des 1857 hier gestorbenen Herzogs von Württemberg (s. Eugen 7).