in
Deutschland.
[* 3] Dagegen ließ er sich nicht darauf ein, dem Rufe des Papstes zu folgen, als dieser bei dem Versuche, einen
unabhängigen Kirchenstaat zu gründen, an ihm eine Stütze suchte und ihn zum
Kriege gegen die Langobarden aufreizte. Um
die
Aufgaben des bedrohten
Staates zu erfüllen, verfügte Karl rücksichtslos über die
Güter der fränk.
Kirchen und Klöster, indem er sie oft länger unbesetzt ließ oder sie an Leute vergab, die ihm politisch und militärisch
brauchbar waren, ohne Rücksicht auf ihre geistliche Befähigung. Nach dem
Tode des Königs
Theodorich (735) ließ Karl den
Thron
[* 4] unbesetzt, ohne sich jedoch selbst zum König zu machen. Er starb 741. -
der
Große, König der
Franken (seit 768), römischer
Kaiser (800-814), geb. 2. April 742, der Sohn Pippins des
Kleinen und seiner Gemahlin
Bertrada
(Bertha), teilte 768 dasReich mit seinem
BruderKarlmann, vereinigte
es aber nach dessen
Tode mit
Ausschluß der
Söhne desselben 771. Um diese Zeit löste Karl auch seine
Ehe mit
Desiderata, der Tochter
des Langobardenkönigs
Desiderius, aber nicht aus polit.
Gründen; er suchte vielmehr den
Krieg gegen
Desiderius zu vermeiden,
als der Papst ihn auf
Grund der frühern
Verträge um Hilfe anrief.
Erst Ende 773 zog er über die
Alpen,
[* 5] führte
Desiderius als Gefangenen in ein fränk.
Kloster, ließ sich von den langobard.
Großen huldigen und nannte sich fortan König der
Franken und Langobarden. Bereits vorher hatte er
Aquitanien unterworfen (769)
und den Kampf gegen die
Sachsen
[* 6] begonnen (772), der 777 zu einem glücklichen Ende geführt zu sein schien,
als Karl mitten im Sachsenlande bei
Paderborn
[* 7] die fränk. Reichsversammlung halten konnte. Aber 778 erhoben sich die
Sachsen
von neuem, und, nachdem Karl 780 bis an die
Elbe gezogen war, auch 782. Sie vernichteten eine fränk.
Abteilung
am
Süntel, unterwarfen sich dann Karl wieder, der bei
Verden
[* 8] an der Aller ein Strafgericht über sie abhielt.
Die Hinrichtung von 4500
Sachsen ist nicht genügend verbürgt, aber seine
Strenge reizte doch zu neuem
Widerstand, den Karl 783 durch
die großen
Siege bei
Detmold
[* 9] und an der Hase
[* 10] brach. Auch 784 durchzog er
Sachsen zweimal, und 785 hielt
er wieder mitten im
Lande (bei
Paderborn) den
Reichstag. Gesandte aus
Benevent,
Konstantinopel
[* 11] und
Arabien, geistliche und weltliche
Große aus
Italien
[* 12] u. s. w. zeigten den
Sachsen die Macht
K.s, und nun unterwarfen sich auch ihre bedeutendsten Führer Widukind
und
Albio. 793 erhoben sich die
Sachsen jedoch noch einmal, aber 794-797 durchzog Karl alle Jahre das
Land und
überwinterte schließlich an der Weser.
Dazu führte er große Scharen von
Sachsen aus dem
Lande, an deren
Stelle teils
Franken, teils
Slawen zogen. Seitdem war das Land
unterworfen. Karl führte die fränk. Gauverfassung und das
Christentum ein und ließ die Gesetze der
Sachsen
mit den nötigen Änderungen aufzeichnen.
Gleichzeitig mit diesem großen Kampfe machte er 778 einen Zug
über die Pyrenäen,
der zwar mit
Verlusten auf dem Rückmarsch endete (Rolandssage), aber doch den Anfang bildete zu seinem Einfluß auf dieser
Halbinsel.
Christl. und mohammed. Fürsten derselben wandten sich an ihn, und
ein breiter
Streifen südlich der Pyrenäen mit den
Städten Pampelona und
Barcelona
[* 13] wurde von K.s
Grafen als
Spanische Mark
[* 14] verwaltet.
Ferner beseitigte Karl das Herzogtum
Bayern,
[* 15] indem
er 787 den
HerzogTassilo des Verrats beschuldigte, zur Ergebung zwang, zum
Tode verurteilte und zum
Kloster begnadigte. Sodann ließ er durch seinen Sohn Pippin 796 die
Avaren im
heutigen
Ungarn
[* 16] unterwerfen, die lange der Schrecken Europas gewesen waren. (Vgl. Historische Karten von
Deutschland I, 1,
Bd. 5, S. 170.) Wichtiger jedoch als alle diese Eroberungen wurde
die
Aufrichtung des abendländ.
Kaisertums. Karl hatte von vornherein als röm. Patricius eine Reihe
von Hoheitsrechten in
Rom;
[* 17] mit der
Krone der Langobarden fielen ihm dann 774 auch deren
Ansprüche auf ganz
Italien zu; deshalb
betrachtete sich Karl auch schon
vor der Kaiserkrönung als Oberherr von
Italien und wurde auch in
Rom bei verschiedenen Gelegenheiten
als solcher anerkannt. Seine
Boten und er selbst hielten in
Rom Gericht, und wie er die fränk.
Kirche als
Landeskirche leitete, so glaubte er auch über die allgemeine
Kirche die Oberaufsicht führen zu müssen.
Bei aller Verehrung für den röm.
Bischof sah er in demselben doch auch damals schon nur einen
Bischof seinesReichs,
wenn auch ausgestattet mit besondern
Vollmachten. In diesem
Sinne ließ Karl durch seine Theologen die
Carolini Libri ausarbeiten,
um die von dem Papst mit der oström. Geistlichkeit auf der
Synode von
Nicäa 787 bestätigte Verehrung der
Bilder zu bekämpfen;
er berief und leitete 794 die
Synode von
Frankfurt,
[* 18] die jene
Beschlüsse von
Nicäa ausdrücklich verwarf.
Gesandte des Papstes haben hier wie auch in
Nicäa unterschrieben. Karl suchte ferner schon 781 eine Familienverbindung mit
dem oström. Kaisertum und dabei die
Anerkennung seiner
Rechte in
Italien. Er nahm längst die kaiserl.
Stellung ein, als er
von den
Großen in
Rom und dem röm.
Volke zum
Kaiser erwählt und dann vom Papst gekrönt wurde. Nach einer
Nachricht wäre die Krönung durch den Papst wider seinen Willen erfolgt, wie er denn auch später seinen Sohn
Ludwig nicht
durch den Papst krönen ließ, sondern (11. Sept. 813) ihm die
Krone selbst aufsetzte oder sich selbst aufsetzen
hieß.
Nach der Krönung leistete ihm der Papst die
Adoration, d. h. die der göttlichen
Anbetung nachgebildete kniende Verehrung,
die bei den röm.
Kaisern üblich gewesen war. Karl legte aber das Hauptgewicht darauf, von den oström.
Kaisern anerkannt zu
werden, hat dies aber durch all seine Bemühungen nur unvollständig erreicht; auch die Verheiratung
mit der oström. Kaiserin Irene plante er zu diesem Zweck, die nur durch den
Sturz derselben (802) vereitelt wurde. (Vgl.
Venediger, Versuche einer Darlegung der
Beziehungen K.s d. Gr. zum
ByzantinischenReich, 1872;
Strauß,
[* 19]
Beziehungen K.s d. Gr.
zum
GriechischenReich, 1877;
Harnack, Die
Beziehungen des Fränkisch-italienischen zumByzantinischenReich.
Dissertation, Gött. 1880.)
Die
Verwaltung des
Reichs leitete Karl wie bisher durch die
Grafen und die jährlich zweimal zusammentretenden Versammlungen der
Großen und des
Volks. Die Frühjahrsversammlung hieß das Maifeld und war zugleich Heerschau. Die in einem
Staat kleinen
Umfangs
ausgebildete
Verfassung mit ihren unentgeltlichen Leistungen der Dingpflicht und des Heerbanns, der
Verpflegung
von Gesandten, des Brückenbaues u. s. w. wurde in dem großen
Staate zu einer erdrückenden Last. Karl hat sie zu mildern gesucht,
indem er bestimmte, daß der
Graf die Gemeinde statt wie bisher beliebig oft nur zu drei Gerichtssitzungen, den drei «echten
Dingen», laden,
^[Artikel, die man unter K vermißt, sind unter C aufzusuchen.]
¶
mehr
alle laufenden Sachen nur mit den Schöffen erledigen solle, die jetzt aus einem Ausschuß der Gemeinde zu einem Richterkollegium
wurden. Ferner suchte er dem Mißbrauch der Amtsgewalt durch regelmäßige Aussendung von außerordentlichen Beamten, Sendboten
oder missi dominici, zu steuern, die auf Grund besonderer Anweisungen K.s (capitula missorum) in den überwiesenen
Gauen Gerichtssitzungen zu halten, Klagen entgegenzunehmen und jede Art der Aufsicht zu führen hatten.
Ferner ermahnte er 811 die Geistlichen nachdrücklich, die Bauern nicht wie bisher durch Vorspiegelung himmlischer Belohnung
zu verlocken, ihr Gut an Kirchen und Klöster zu schenken. Aber K.s Bemühungen konnten die Entwicklung nicht aufhalten: diese
Schenkungen an die Kirche und die Lasten des Staates erdrückten den Stand derFreien, und gegen Ende seiner
Regierung zeigte sich, daß die bisherige Grundlage des Staates, der Unterthanenverband, in der Zersetzung begriffen sei. Karl steuerte
der Not noch durch seine Persönlichkeit, durch die Sorgfalt, die er auf die Verwaltung der Staats- und
Kirchengüter verwandte; aber unter seinen Nachfolgern vollzog sich der Prozeß rasch; der Unterthanenverband fand jedoch
in dem Lehnsverband einen gewissen Ersatz.
Karl hat erst als Mann und nie ordentlich schreiben gelernt, aber er verstand außer seiner hochdeutschen Muttersprache
auch das Volkslatein und das Schriftlatein. Er sammelte einen Kreis
[* 21] von Gelehrten um sich (s. Alkuin und
Einhard) und wußte sie für die Hebung der Bildung seines Reichs, besonders seiner Geistlichen und der Kinder seiner Hofleute
wie seiner eigenen in der sog. Hofschule, sowie bei der Regelung von Maß und Gewicht, bei seinen Bauten, bei der Sammlung
und Erneuerung der Gesetze, für seinen Briefwechsel und seine Staatsschriften u. s. w. zu benutzen. In
einer Art von Hofakademie kam er mit den Gelehrten seines Hofs unter angenommenen Namen zwanglos zusammen, um mit ihnen Studien
zu treiben, wichtige Fragen zu behandeln und zu scherzen.
Groß von Gestalt und stark in seinen Begierden, nicht ohne einen Rest von merowing. Roheit in seinen
Sitten, war Karl doch auch der feinern Empfindungen fähig. Er fühlte sich als Kaiser der Römer,
[* 22] aber in erster Linie doch als
fränk. König; sein Wesen blieb deutsch wie seine Sprache.
[* 23] Er herrschte gewaltthätig, aber in den Formen der fränk. Verfassung,
er war kein Despot und wurde kein Römer. Für gewöhnlich kleidete er sich auch in fränk. Weise: Wams und
Hosen
[* 24] bis zum Knie, Binden um die Waden, an den Füßen Schuhe, nur zuweilen legte er röm. Gewand an. Er starb 28. Jan. 814 nach
kurzem Krankenlager und wurde in dem von ihm erbauten Münster
[* 25] zu Aachen
[* 26] beigesetzt. KaiserOtto III. ließ
im J. 1000 sein Grab öffnen, und KaiserFriedrich I. erhob 1165 seine Gebeine und ließ ihn durch den (Gegen-)Papst Paschalis
III. heilig sprechen. Vermählt war Karl viermal, mit Desiderata, Tochter des Desiderius, Hildegard, Fastrada und Liutgard. Von
seinen drei ehelichen Söhnen überlebte ihn nur Ludwig der Fromme. Bekannt sind mehrere seiner Nebenfrauen
und deren Kinder. -