Kapitularĭen,
die von den Karolingern erlassenen Gesetze, Verordnungen und
Anordnungen. Jeder
Stamm des
Fränkischen
Reichs lebte nach seinem ihm eigentümlichen
Rechte. (S.
Germanische Volksrechte.) Daneben bedurfte es allgemein für das ganze
Reich gültiger
Anordnungen bezüglich derjenigen Materien, welche über den
Kreis
[* 2] der Stammesrechte
hinausgingen.
Diese vom König erlassenen Gesetze, Instruktionen u. s. w. hießen unter den
Merowingern decretum, decretio, constitutio
u. s. w., unter den Karolingern capitulare, weil sie in mehrere
Abschnitte
(Kapitel) zerfielen.
Sie sind in lat.
Sprache
[* 3] abgefaßt, wurden im Original beim Pfalzgrafen deponiert und aus offiziellen
Abschriften, welche der
Kanzler beglaubigte, seitens der
Bischöfe und
Grafen dem
Volke verlesen und so publiziert. Bei ihrer Abfassung
wirkten die geistlichen und weltlichen
Großen des
Reichs mit. Eine Sammlung der Kapitularien
ist schon 827 von dem
Abte Ansegisus von
Fontanella veranstaltet worden. Dieselbe erlangte bald offizielles Ansehen. Eine weitere Sammlung von dem Mainzer
Diakon
Benedikt (daher
Benedictus Levita) enthält dagegen zahlreiche Fälschungen, deren
Tendenzen mit denen der gleichzeitigen
Dekretalen des
Pseudoisidor (s. d.) übereinstimmen.
Herausgegeben sind die Kapitularien
von
Baluze (2 Bde., Par. 1677), Canciani
(in Bd. 3 [«Ansegisus
und Levita»] und Bd. 5 [«Langobardische
K.»] der «Barbarorum leges antiquae», 5 Bde.,
Vened. 1781‒92; neue Ausg. von Pertz in den «Monumenta
Germaniae historica», Abteil. Leges, Bd. 1
u. 2; kritische
Ausgabe von
Boretius, Bd. 1, Hannov. 1883).
–
Vgl.
Boretius, Die Kapitularien
im Longobardenreiche
(Halle
[* 4] 1864);
ders., Beiträge zur Kapitulari
enkritik (Lpz. 1874);
Seeliger,
Die Kapitularien
der Karolinger
(Münch. 1893).