Kampfer
(Laurineenkampfer,
Japankampfer,
Camphora), ein
Produkt des
Kampferbaums
(Camphora officinalis
Nees), wird aus dem
Holz
[* 2] desselben auf
Formosa und in
Japan
[* 3] gewonnen, indem man den auf sehr einfache
Weise durch Wasserdämpfe
aus dem zerschnittenen
Holz austreibt und die
Dämpfe in passenden
Gefäßen verdichtet. Der nach
Europa
[* 4] gebrachte rohe Kampfer
wird
unter Zusatz von wenig
Holzkohle, Eisenfeile oder
Kalk, besonders in
England,
Holland,
Hamburg,
[* 5] einer
Sublimation unterworfen und
liefert dann den gereinigten Kampfer
, welcher in Form von schalenförmigen, in der Mitte durchbohrten
Broten in den
Handel kommt. Kampfer
bildet eine farblose, durchscheinende, körnig-kristallinische, zähe
Masse vom spez. Gew. 0,98,
ist nur nach dem Befeuchten mit
Alkohol pulverisierbar, riecht eigentümlich, schmeckt brennend bitterlich, löst sich in 1000 Teilen
kaltem
Wasser, leicht in
Alkohol,
Äther,
Benzol und in fetten
Ölen, schmilzt bei 175°, siedet bei 205°,
sublimiert unzersetzt, verflüchtigt sich aber auch schon bei gewöhnlicher
Temperatur sehr stark, brennt mit rußender
Flamme
[* 6] und rotiert, wenn man ihn in kleinen Stückchen auf
Wasser wirft, aber nur, wenn letzteres keine
Spur
Fett enthält.
Die
Zusammensetzung des Kampfers
entspricht der
Formel C10H16O , und er ist offenbar
durch
Oxydation aus einem ätherischen
Öl C10H16 entstanden, welches sich namentlich in jüngern Teilen
des
Kampferbaums findet, bei der
Sublimation sich mit dem Kampfer
verflüchtigt und von dem rohen Kampfer abtropft. Dies
Kampferöl oxydiert
sich sehr leicht an der
Luft und bei Behandlung mit
Salpetersäure zu Kampfer.
Bei weiterer
Oxydation des Kampfers
entsteht die kristallisierbare, farb- und geruchlose
Kampfersäure C10H16O4 und bei
Destillation
[* 7] des Kampfers
mit
Chlorzink
Cymen C10H14 , ein
Kohlenwasserstoff, aus welchem man umgekehrt wieder Kampfer
darstellen
kann; auch finden sich dem
Laurineenkampfer sehr ähnliche
Substanzen in manchen
¶
mehr
ätherischen Ölen oder entstehen aus solchen. Kampfer wirkt in kleinern Gaben beruhigend, in größern erregend auf das Nervensystem und erstreckt diese Wirkung besonders auf die Nerven [* 9] der Zirkulations-, Respirations- und Geschlechtsorgane. In größern Gaben ist er giftig; auf die Haut [* 10] eingerieben, wirkt er reizend, auch hindert er die Fäulnis. Man benutzt ihn als lähmungswidriges, krampfstillendes, resorbierendes Mittel bei Krankheiten des Darmkanals, des Herzens, der Respirationsorgane, bei Nervenkrankheiten, Nymphomanie, Hautkrankheiten, [* 11] typhösen und brandigen Zuständen, Rheumatismus, als Zahnschmerzmittel etc. Zur Beseitigung roter Wangen tragen junge Damen bisweilen auf der Brust.
Welke Pflanzen werden wieder frisch, wenn man sie in Wasser stellt, welches ein wenig Kampferspiritus enthält. In der Technik dient Kampfer zur Darstellung von Sprenggelatine, Celluloid, in der Feuerwerkerei, zur Nachtlichterfabrikation, zum Schutz von Pelzwerk, [* 12] Wolle, Sammlungen von Insekten [* 13] etc. Die bei weitem größte Menge Kampfer wird in Indien von den Eingebornen verbraucht. Offizinell ist eine Lösung von 1 in 7 Spiritus [* 14] und 2 Wasser als Kampferspiritus, eine Lösung von 1 in 9 Olivenöl als Kampferöl und eine Mischung von 1 Kampfer, 1 Spiritus, 3 Gummischleim und 45 Weißwein als Kampferwein; auch dient Kampfer zur Darstellung einiger andrer pharmazeutischer Präparate.
Eine andre Kampfersorte, der Borneokampfer, Baroskampfer, Borneol, welcher von Dryobalanops Camphora Colebr. gesammelt wird (s. Dryobalanops), ist etwas schwerer als Wasser, weniger flüchtig, schmilzt bei 198°, riecht dem gewöhnlichen Kampfer ähnlich, aber zugleich ein wenig nach Patschuli. Seine Zusammensetzung entspricht der Formel C10H18O , und bei Behandlung mit Salpetersäure gibt er Japankampfer, welcher anderseits durch alkoholische Kalilauge in Borneokampfer übergeführt wird. Er wird nur als Räuchermittel bei gottesdienstlichen und andern feierlichen Handlungen in Asien [* 15] benutzt, in den europäischen Handel kommt er nicht.
Eine dritte Kampfersorte, der Ngaikampfer, wird in Kanton [* 16] aus Blumea balsamifera Dec. (Komposite) gewonnen, hat die Zusammensetzung des Borneokampfers, unterscheidet sich aber von demselben in den optischen Eigenschaften. Er wird in China als Arzneimittel und zum Parfümieren der feinern Tusche benutzt. Unter künstlichem Kampfer versteht man das Produkt der Einwirkung von trocknem Chlorwasserstoff [* 17] auf Terpentinöl C10H10Cl , welches farblose Kristalle [* 18] bildet und kampferartig riecht und schmeckt. Im Altertum war in Europa unbekannt; die arabischen Ärzte des Mittelalters, Simon Seth um 1070 und die Äbtissin Hildegard um 1150 erwähnen dagegen den Kampfer, und zur Zeit des Paracelsus wurde derselbe allgemein gebraucht. In China scheint zuerst der Borneokampfer bekannt geworden zu sein, welcher dann Veranlassung gab zur Darstellung des Laurineenkampfers aus dem auch in China weitverbreiteten Kampferbaum; gegenwärtig aber wird in China kein Laurineenkampfer dargestellt.