Kammermusik,
gegenwärtig Bezeichnung einer Instrumentalmusik für Soloinstrumente. Dem ursprünglichen Wortsinne nach ist sie eine an Höfen und in Palästen der Großen, und zwar im Saale oder Gesellschaftszimmer (camera) veranstaltete Privatmusik, die sich von der öffentlichen Musik in Kirchen und Theatern schon durch tiefer gestimmte, also weniger lärmende Instrumente unterschied. (S. Kammerton.) Häufig waren solche Musiken nur mit Soloinstrumenten, jede Stimme nur durch ein einzelnes Instrument besetzt; durch diese Art der Besetzung wie durch den Ort der Ausführung bildete sich um 1600 der sog. Kammerstil aus im Unterschiede von Kirchen- und Theatermusik.
Gegenwärtig pflegt man in Kammermusikaufführungen nur Instrumentalstücke vorzutragen; früher auch Vokalsachen, als Madrigale, Kammerkantaten, Kammerduette u.s.w., überhaupt alles, was nicht an die Kirche und auch nicht durch eine Handlung an die Bühne gebunden war. Außerdem zieht man heutzutage den Kreis der Kammermusik noch enger, indem man dazu nur Solostücke für ein oder mehrere Soloinstrumente rechnet, als Solosonate und ihre mehrstimmigen Gattungen, Duo, Trio, Quartett, Quintett u.s.w. für verschiedene Instrumente;
ferner alle andern Arten Solostücke am Klavier für ein Streich- oder Blasinstrument, als Klaviersuite, Präludium, Toccate, Phantasie;
die ältern und neuern tanzartigen Stücke;
Variationen, Salon- und Charakterstücke, Lieder ohne Worte, samt allem, was sonst zum Solospiel gehört.
Die Sinfonie, die Ouvertüre, das Konzert, überhaupt alle Werke für volles Orchester sind davon ausgeschlossen. –
Vgl. Nohl, Die geschichtliche Entwicklung der Kammermusik (Braunschw. 1885);
von Wasielewski, Die Violine und ihre Meister (3. Aufl., Lpz. 1893).
Der Kammerstil, durch die Bestimmung der Kammermusik für einen engern Zuhörerkreis in kleinerm Raume bedingt, kennzeichnet sich durch eine mehr ins einzelne gehende kunstvolle Ausgestaltung der musikalischen Gedanken. In unserer Zeit ist auch die Kammermusik immer mehr in das öffentliche Konzert aufgegangen als kleines oder sog. Kammermusikkonzert und bezeichnet im Gegensatze zu den mit vielen Klangorganen in mehrfacher Besetzung zur Ausführung gebrachten Orchesterwerken solche Musikstücke, die in Komposition und Vortrag das durch Kunst und Feinheit ersetzen müssen, was ihnen an äußerer Mannigfaltigkeit abgeht.