Kalkspat
[* 2] (Calcit), Mineral aus der Ordnung der Carbonate, kristallisiert rhomboedrisch und tritt in ungemein zahlreichen Formen (ohne die Kombinationen etwa 130) auf. Er ist ausgezeichnet rhomboedrisch spaltbar mit selten sichtbarem muscheligen Querbruch, Härte 3, spez. Gew. 2,7, durchsichtig bis undurchsichtig, in ersterm Fall mit ausgezeichneter doppelter Strahlenbrechung [* 3] (Doppelspat), glasglänzend bis matt, auf dem blätterigen Bruch perlmutterglänzend, wasserhell, weiß, häufig auch gelb, rot, braun, schwarz, selten grün oder blau.
Die dichten (derben) bis erdigen
Varietäten sind weiß bis grau, selten schwarz, braun etc. Kalkspat
besteht
wie
Aragonit
[* 4] aus kohlensaurem
Kalk CaCO3 und enthält 44 Proz.
Kohlensäure und 56 Proz.
Kalk; doch sind von letzterm
häufig geringe
Anteile durch
Bittererde,
Eisen- und
Manganoxydul, selten durch Zinkoxvd vertreten. Bisweilen schließt er Quarzsand
ein, auch
ist er nicht selten durchdrungen von
Bitumen (bituminöser Kalkspat
oder
Stinkspat und
Stinkkalk), minder
oft gemengt mit
Kohle
(Anthrakonit). Er löst sich in
Salzsäure unter starkem
Aufbrausen, selbst in
Essigsäure (Unterschied
von
Bitterspat und Verwandten), nicht in reinem, wohl aber in kohlensäurehaltigem
Wasser.
Die sehr mannigfaltigen
Varietäten dieses äußerst wichtigen
Minerals werden unter verschiedenen
Namen
aufgeführt. Der eigentliche. Kalkspat
begreift die frei auskristallisierten oder doch deutlich individualisierten
Varietäten, wie sie besonders schön bei
Andreasberg,
Freiberg,
[* 5] Tharandt,
Maxen, in
Derbyshire,
Cumberland vorkommen. Hierher
gehört der isländische
Doppelspat, welcher zu
Polarisationsapparaten benutzt wird. Die aggregierten
Varietäten sind entweder
stängelig und faserig
(Faserkalk, faseriger
Kalksinter,
Atlasstein zum Teil, seidenglänzend, oft farblos,
auch gelblichbraun, rot, grün), oder schalig
(Schieferspat), oder körnig bis dicht
(Marmor,
Kalkstein,
Kalktuff). Diese letztern
Varietäten sind von größter Wichtigkeit und setzen ganze
Gebirge zusammen.
Von allen diesen
Abarten des Kalkspats
kommen größere
Massen in verschiedenen Sedimentärformationen gebirgebildend vor;
in diesen
Massen, wie auch sonst, finden sich
Drusen,
[* 6] Hohlraum- und Spaltausfüllungen mit Kalkspat
kristallen,
die sich auch in thonigen
Gesteinen und Bodenarten ausscheiden. Das Vorkommen ist demnach eigentlich ein völlig unbegrenztes.
Hervorzuheben sind die
Lager
[* 7]
(Nester und
Schichten), welche der salinische
Marmor im kristallinischen Schiefergebirge, insbesondere
im
Gneis und Glimmerschiefergebirge, oft verknüpft mit Hornblendegesteinen,
Serpentin, bildet. Er führt
hier und da einen
Reichtum an
Mineralien,
[* 8] besonders von
Silikaten, wie
Glimmer,
Talk,
Chlorit,
Hornblende,
[* 9] insbesondere
Tremolith,
Granat,
[* 10] Augitfossilien,
Feldspat,
Vesuvian
[* 11] etc., dann
Korund
[* 12] und
Spinell,
[* 13]
Bergkristall,
Apatit,
[* 14] Magneteisen, mannigfache
Schwefelmetalle,
insbesondere
Kupferkies,
Schwefel- und
Magnetkies; letztere sind oft so in ihm angehäuft, daß dadurch Erzlager, insbesondere
Kupferkies- und Magneteisensteinlager und
-Stöcke, entstehen.
Der
Kalkstein (auch der
Marmor zum Teil) ist von muscheligem, selbst splitterigem, unebenem oder ebenem bis feinerdigem
Bruch,
meist matt und durchsichtig, selten schimmernd und in
Splittern und an den
Kanten durchscheinend, rein weiß, meist aber grau,
schwarz, gelb,
braun, rot in verschiedenen
Nüancen, einfarbig oder gefleckt, gewölkt, gestreift, geadert,
nicht selten von weißen Kalkspat
adern durchsetzt, oft
Versteinerungen führend; die eingeschlossenen Muschelschalen, Krinoideenstielglieder,
Korallen
[* 15]
(Muschel-,
Krinoideen-,
Korallenkalk) bestehen häufig aus weißem oder von der Grundmasse verschieden gefärbtem Kalkspat
, und
die
Muscheln
[* 16] selbst zeigen in manchen
Kalken noch Perlmutterglanz und buntes Farbenspiel (Muschelmarmor, Lumachellenkalk).
Überhaupt nennt man derartigen schön gefärbten, politurfähigen Kalkspat
im gewöhnlichen
Leben
Marmor. Kalkspat
mit
ruinenartigen
Zeichnungen ist der sogen.
Florentiner
[* 17]
Marmor, mit baumartigen von
Eisen- und Mangandendrilen dendritischer
¶
mehr
Marmor. Strukturvarietäten sind die oolithischen Kalksteine und die Rogensteine. Durch Aufnahme von Thon geht der in Mergel, von Kieselerde in Kieselkalk über. Bei einer Mengung mit beiden genannten Stoffen wird der Kalk hydraulisch und bei stärkerm Zusatz derselben Zementstein (vgl. Kalkmergel). Nicht selten sind mechanische Gemenge von Kalkstein mit Dolomit, welche sich durch Essigsäure voneinander scheiden und erkennen lassen (dolomitischer Kalk). Der Kalktuff (Travertin) ist mehr ein petrographischer als ein mineralogischer Begriff (vgl. Kalktuff).
Die erdigen Calcite sind von erdigem Bruch, zerreiblich und abfärbend, meist weiß, matt. Hierher gehören die Bergmilch, ein
kryptokristallinisches Gemenge von Aragonit und kreideähnlichem Kalkspat
mit etwas organischer Substanz, die
Kreide,
[* 19] ein leicht zerreibliches, mager anzufühlendes Gestein, welches fast nur aus einer Zusammenhäufung mikroskopisch kleiner
Schalen von Polythalamien oder Foraminiferen besteht, und der Wiesenmergel oder Alm, erdiger, mergeliger Absatz aus Kalkgerölle
durchsickernden Wassern und Niederungen.
Indem kohlensäurehaltige Wasser durch kalkige Gesteine hindurchsickern, nehmen sie kohlensauren Kalk auf,
setzen ihn an den Wänden natürlicher Höhlen wie leerer Räume in alten Bergbauten wieder ab und bilden dann Absätze von Kalksinter
(s. d.), meist von schaliger und faseriger Struktur, und Tropfsteine. Ebenso entstehen die Kalktuffe als Quellabsätze. Auch
die Bergmilch ist ein Absatz aus kohlensäurehaltigem Wasser. Lager von körnigem Marmor finden sich noch
im Riesengebirge, wie zu Kunzendorf u. a. O., im Fichtelgebirge (Wunsiedel), Odenwald (Auerbach),
[* 20] in den Alpen
[* 21] (Schlanders in Tirol
[* 22] u. a. O.), in Italien
[* 23] (Carrara), Griechenland.
[* 24] (Paros u. a. O.). Noch verbreiteter ist der Kalkstein (s. d.). Körniger Kalkspat
, stängeliger
und faseriger Kalkspat
finden sich ungemein häufig als Ausfüllungen und Auskleidungen von Klüften in Kalksteinen,
der faserige Atlasstein ausgezeichnet zu Alstonmoor in Cumberland, der kristallinische Kalkspat
ebenso auf Klüften und Drusenräumen
in kalkigen Gesteinen, ungemein häufig aber als Begleiter der mannigfachsten Erzlagerstätten,
[* 25] insbesondere auf Gängen. Den
seltenen Schieferspat kennt man nur von wenigen Erzlagerstätten, insbesondere von Schwarzenberg in Sachsen,
[* 26] Kongsberg in Norwegen,
[* 27] Triebisch in Böhmen,
[* 28] von Cornwall, Massachusetts in Nordamerika
[* 29] (Argentin) und wenigen andern Lokalitäten.
- Sehr mannigfach ist die Verwendung des Kalkspats.
Abgesehen von der oben erwähnten Verwendung des Doppelspats in der Optik, braucht man den durchscheinenden weißgelblichen Kalksinter oder sogen. Kalkalabaster zu Ornamenten, ebenso und auch zu Bildhauerarbeiten den körnigen Marmor; die Architektonik wendet auch die schön gefärbten dichten Kalksteine als gemeinen Marmor vielfach an; es werden Ornamentstücke, Tischplatten u. dgl. daraus verfertigt. Der gewöhnliche dichte Kalkstein ist ein vorzüglicher Baustein, ebenso der dichte italienische Travertin; aber selbst die porösen Abarten des Kalktuffs, zum Teil leicht zu sägen, sind nicht unbeliebt als Bausteine.
Für die Dauerhaftigkeit des Kalkspats
als Baumaterial sprechen die aus Nummulitenkalk erbauten Pyramiden Ägyptens, die aus
Travertin erbauten Tempel
[* 30] und Paläste der alten Römer,
[* 31] wobei freilich das günstige südliche Klima
[* 32] zu berücksichtigen ist.
Hervorragend ist die Bedeutung des Kalks für die Bereitung der Mörtel. Die verschiedensten Kalke liefern
das Material für die Kalkbrennereien zu gewöhnlichem Mörtel und zur Herstellung von
hydraulischem Mörtel. Die dicken Platten
der Kalkschiefer von Solnhofen, welche gleichförmiges und feines Korn besitzen, benutzt man als lithographischen Stein; mit
schlechten plattiert man Hausfluren etc. und fertigt Kühlschiffe aus ihnen, mit den dünnern deckt man Häuser.