Titel
Kalkbrenner
,
1) Christian, Komponist, geb. zu Münden, begann seine Laufbahn als Chorsänger bei der Französischen Oper in Kassel, [* 2] komponierte 1777 eine Messe, durch welche er sich die Mitgliedschaft der Philharmonischen Gesellschaft in Bologna erwarb, und ward 1788 Kapellmeister der Königin von Preußen [* 3] zu Berlin, [* 4] 1790 des Prinzen Heinrich von Preußen in Rheinsberg. Nach dem Tode des Prinzen ging er nach Paris, [* 5] wo er als Chordirektor bei der Großen Oper angestellt wurde und starb. Er hinterließ außer einer unvollendeten »Histoire de la musique« eine große Anzahl von Kompositionen, bestehend in Opern (darunter »Önone«, »Olympia«),
Klaviersonaten, Liedern u. a.
2)
Friedrich, Klavierspieler und
Komponist, Sohn des vorigen, geb. 1788 während der
Reise von
Kassel nach
Berlin, bildete sich im
Konservatorium zu
Paris und erhielt bereits 1801 die ersten
Preise des Klavierspiels und der
Komposition. 1803 ging
er nach
Wien,
[* 6] wo er sich bei
Hummel und
Clementi vervollkommte, machte 1805 Kunstreisen durch
Deutschland
[* 7] und ließ sich 1814 in
London
[* 8] nieder, wo er sich als Klavierlehrer
Ruhm u.
Geld erwab ^[richtig: erwarb]. 1824 nach
Paris zurückgekehrt,
widmete er sich hier mit gleichem
Eifer dem
Unterricht u. wurde das
Haupt einer
Klavierschule, welche unter seiner Leitung zur
höchsten Berühmtheit gelangte. Selbst ein
Chopin glaubte, als er, bereits als fertiger
Künstler, nach
Paris kam, den
Unterricht
Kalkbrenners
nicht entbehren zu können, und nur die von letzerm ^[richtig: letzterm] gestellte
Bedingung,
Chopin solle sich zu einem dreijährigen
Kursus verpflichten, veranlaßte diesen, von
¶
mehr
seinem Vorhaben abzustehen. Kalkbrenners
glänzendes Spiel, in welchem die Clementische mit der Hummelschen Vortragsweise
verschmolzen war, rechtfertigte allerdings seinen Ruf, ebenso wie seine den Eigentümlichkeiten seines Instruments Rechnung
tragenden, effektvollen und instruktiven Kompositionen. Da jedoch auf beiden Gebieten das Streben nach äußerem virtuosen
Glanz den geistigen Gehalt überwog, so waren die von der Kalkbrenne
rschen Schule der Kunst geleisteten Dienste
[* 10] nur von zweifelhaftem Wert, und jenes hauptsächlich durch sie geförderte Virtuosentum, welches während der 20er und 30er
Jahre in den Konzertsälen ganz Europas herrschte, konnte nur so lange Bestand haben, bis mit dem Auftreten Mendelssohns, Schumanns,
Chopins und Liszts eine ernstere Kunstrichtung eingeschlagen wurde.
Damit war auch Kalkbrenners
zahlreichen Kompositionen das Urteil gesprochen, obwohl sich unter denselben neben oberflächlichen
Modeartikeln auch einzelne gediegene Arbeiten befinden, wie z. B. vier Konzerte, ein Konzert für zwei Klaviere und namentlich
seine Klavierschule mit den dazugehörigen Etüden. Kalkbrenner
starb in Enghien bei Paris mit Hinterlassung
eines ansehnlichen Vermögens, welches er teilweise als Geschäftsteilnehmer an der durch seinen Einfluß wesentlich geförderten
Pleyelschen Klavierfabrik erworben hatte.