Kalisalze
(Kaliumsalze, Kaliumoxydsalze) finden sich weitverbreitet in der
Natur, und namentlich
ist kieselsaures
Kali
Bestandteil zahlreicher
Mineralien
[* 3] und
Gesteine (Kalifeldspat enthält 10-16 Proz.
Kali,
Glimmer 8-10 Proz.,
Glaukonit,
Phonolith,
Trachyt 7-8 Proz.,
Granulit,
Porphyr,
Glimmerschiefer 6-7 Proz.,
Granit,
Syenit,
Gneis 5-6 Proz.,
Dolerit,
Basalt,
Kaolin,
Lehm 1-2 Proz.);
Chlorkalium findet sich als
Sylvin, schwefelsaures
Kali als Glaserit, außerdem beide
in mehreren
Doppelsalzen der
Staßfurter
Abraumsalze, salpetersaures
Kali als
Salpeter etc.
Geringe
Mengen von Kalisalzen
finden
sich im
Quell-,
Fluß- und Meerwasser und in der
Ackererde, und aus dieser entnehmen es die
Pflanzen, in welchen häufig Kalisalze
organischer
Säuren
(Weinstein, oxalsaures
Kali) angetroffen werden.
Beim Verbrennen der
Pflanzen findet ich das
Kali in der
Asche als
Chlorkalium, schwefelsaures
Kali und großenteils als kohlensaures
Kali, welches durch
Zersetzung der
Salze organischer Sauren entstanden ist. Auch die
Rübenmelasse, in welcher sich die Kalisalze
der
Runkelrübe angesammelt haben, liefert beim Einäschern viel kohlensaures
Kali. Im tierischen
Organismus
sind Kalisalze
im
Fleisch und in den Blutkörperchen,
[* 4] in den
Eiern und in der
Milch reichlich vertreten, kalireich ist auch der
Wollschweiß
des
Schafs.
Die Kalisalze
entstehen meist durch
Neutralisieren von kohlensaurem
Kali mit einer
Säure, auch durch
Wechselzersetzung. Bis in die
neueste Zeit gewann man Kalisalze
hauptsächlich aus Pflanzenasche und verbrannte zu dem
Zweck enorme
Quantitäten
Holz,
[* 5] und an den
Küsten
Englands und
Frankreichs schied man aus der
Asche von
Tangen
(Kelp,
Varech) Kalisalze
ab. In neuerer Zeit wurden
Rübenmelassenschlempe und
Wollschweiß auf Kalisalze
verarbeitet, aber diese letztern
Salze waren gewissermaßen eine
Anleihe bei
der
Landwirtschaft; denn wenn der
Acker, aus welchem sie in letzter
Reihe stammten, nicht verarmen sollte,
so mußte ihm das
Kali zurückerstattet werden. Dies geschah nun teilweise durch den
Guano, der insofern auch als Kaliquelle
zu betrachten ist. Erhebliche
Mengen von Kalisalzen
gewann man aus der
Mutterlauge des Meerwassers und der
Salinen, während
die
Darstellung von
Pottasche aus kalireichen
¶
mehr
Gesteinen große Schwierigkeiten darbot. Endlich ist noch der natürliche Salpeter als Kaliquelle zu erwähnen. Mit der Entwickelung
der Industrie hob sich der Wert der Kalisalze
sehr schnell, und man bemühte sich, weil sich neue Kaliquellen nicht darboten, zunächst
um einen möglichst allgemeinen Ersatz durch Natron- oder Ammoniaksalze. Statt des kohlensauren Kalis benutzte
man kohlensaures Natron und statt des Kalialauns Ammoniakalaun. Immer blieben aber die Kalisalze
für viele Zwecke unentbehrlich, und
die Entdeckung des großen Kalilagers bei Staßfurt
[* 7] war daher von höchster Wichtigkeit. Hier entwickelte sich in kurzer Zeit
eine mächtige Kaliindustrie, welche von nun an den Kalimarkt der ganzen Welt beherrschte und die Bedeutung
der andern Kaliquellen schnell herabdrückte. Auch bei Kalusz in Galizien, bei Maman in Persien
[* 8] und in der Salzkette im Norden
[* 9] des Pandschab wurden Kalisalze
entdeckt. - Die Kalisalze sind farblos, wenn die Säure farblos ist, meist kristallisierbar und in Wasser löslich,
bei schwacher Glühhitze nicht flüchtig.
Aus Lösungen, welche mindestens 1 Proz. Kali enthalten, scheidet sich auf Zusatz von saurem weinsaurem Natron kristallinisches
saures weinsaures Kali ab, ebenso fällt Platinchlorid gelbes Kaliumplatinchlorid, welches beim Glühen Platin und Chlorkalium
zurückläßt. Die Kalisalze
färben die Weingeist- und Lötrohrflamme violett; Natronsalze verdecken diese Färbung, aber man nimmt
sie wahr, wenn man die Flamme
[* 10] durch ein mit Kobaltoxydul tiefblau gefärbtes Glas
[* 11] betrachtet.
Die Kalisalze
sind für die Pflanzen unentbehrlich und stehen namentlich zur Stärkebildung in naher Beziehung; man trifft sie in
den Pflanzen überall mit den Kohlehydraten vergesellschaftet, und manche Pflanzen, wie Runkelrüben, Kartoffeln, Tabak,
[* 12] bedürfen
zu ihrer Entwickelung großer Mengen Kalisalze
(Kalipflanzen). Auch für die Ausbildung der tierischen Gewebe
[* 13] sind
Kalisalze
unentbehrlich; größere Dosen aber wirken auf den tierischen Organismus sehr energisch: 1-1,5 g, unter die Haut
[* 14] gespritzt,
tötet ein Kaninchen,
[* 15] und 0,3 g, einem Hund in die Venen gespritzt, bringt das Herz sehr schnell zum Stillstand unter gleichzeitiger
schneller Abnahme des Blutdrucks. Im Magen
[* 16] sind kleinere Dosen von Kalisalzen
ganz unschädlich, während größere ebenfalls
giftig wirken.
In der Technik sind sie unentbehrlich für die Glas- und Seifenfabrikation und für die Darstellung des Schießpulvers, und manche
Kalisalze
finden eine sehr vielseitige Verwendung. Seit der Aufschließung des Staßfurter Lagers ist es auch
der Landwirtschaft möglich geworden, in größerer Menge als Dünger zu benutzen, und sie hat durch Anwendung derselben in Gemeinschaft
mit Phosphorsäure u. Chilisalpeter sehr günstige Resultate erzielt, namentlich auch bei der Moorkultur.
Vgl. Märcker, Die Kalisalze
u.
ihre Anwendung in der Landwirtschaft (Berl. 1880);
»Vorträge über Kalidüngung etc.« (von Märcker, Grahl u. a., das. 1883).
Die bei Staßfurt im Betrieb befindlichen Salzbergwerke liefern sämtlich Carnallit KCl,MgC12 + 6H2O ^[KCl,MgC12+6H2O]; Kainit K2SO4,MgSO4,MgC12 + 6HO2 ^[K2SO4,MgSO4,MgC12+6HO2] und Steinsalz werden gegenwärtig nur von der Gewerkschaft Neustaßfurt und den preußischen Bergwerken gefördert. Carnallit und Kainit trennt man in der Grube möglichst von wertlosen Beimengungen (Kieserit MgSO4 + H2O, Steinsalz) und fördert sie dann in Wagen von 12-16 Ztr. Inhalt zu Tage. Kainit und Steinsalz werden an den Gruben gemahlen und zwar auf Vormühlen, die nach dem Prinzip der Kaffeemühlen konstruiert sind, dann auf Mühlen [* 17] mit französischen Mühlsteinen. Die Gesamtförderung betrug 1884: 19,383,920 Ztr., und zwar wurden gewonnen:
Im Jahr | Carnallit | Kainit | Kieserit | Boracit |
---|---|---|---|---|
1880 | 10564239.0 | 2755915.0 | 17857.0 | 2073.0 |
1881 | 14894521.5 | 3106031.0 | 41638.0 | 2256.5 |
1882 | 21185995.5 | 2895154.0 | 93162.0 | 2513.5 |
1883 | 19004064.0 | 4532005.0 | 97004.0 | 4102.5 |
1884 | 14799179.6 | 4060087.0 | 247777.0 | 3182.3 |
Die Verarbeitung beschränkt sich auf Carnallit; Kieserit und Kainit. Zur Verarbeitung des Carnallits auf Chlorkalium wurde die erste Fabrik 1861 von Frank gegründet; gegenwärtig sind 18 Fabriken in Staßfurt, Leopoldshall, Westeregeln, Hecklingen und Schönebeck im Betrieb. Man transportiert das zwischen Steinbrechern oder Mühlen zerkleinerte Salz [* 18] mittels Elevatoren in hoch stehende Lösekessel von etwa 12 cbm Fassungsraum, welche siedend heiße Salzlösung, vorzugsweise Chlormagnesiumlauge, enthalten, und führt gespannten Wasserdampf ein.
Die entstandene heiße Lösung vom spez. Gew. 1,32 wird von ungelöstem Steinsalz, Kieserit und Thonschlamm in Klärgefäße abgelassen und dann behufs Ausscheidung von Chlorkalium und Chlornatrium in eiserne Kristallisiergefäße gebracht. Die von den ausgeschiedenen Salzen getrennte Mutterlauge wird eingedampft, bis beim Abkühlen das Chlorkalium als künstlicher Carnallit auskristallisiert, wobei nur 1 Proz. in Lösung bleibt. Dieser Carnallit wird in heißem Wasser gelöst, die Lösung gibt Kristalle [* 19] von Chlorkalium, welche zugleich mit dem Salz der ersten Kristallisation mit kaltem Wasser gewaschen werden, um Chlormagnesium und teilweise Chlornatrium zu entfernen.
Darauf trocknet man das Salz in Kalcinieröfen oder auf durch Dampf [* 20] geheizten Darren. Die zweite Mutterlauge dient zum Lösen von Rohsalz. Man gewinnt nach dieser Methode 75-85 Proz. des im Carnallit enthaltenen Chlorkaliums; der Rest befindet sich im Löserückstand, in der Endlauge und im Absatzschlamm, welcher zuweilen, je nach der Qualität des Rohsalzes, so viel Salz enthält, daß er, kalciniert und gemahlen, als Düngesalz mit 18-24 Proz. Chlorkalium in den Handel geht. Aus 6,25 Ztr. 16proz. Rohsalz erhält man bei 20 Proz. Verlust 1 Ztr. 80proz. Chlorkalium. Man benutzt das Chlorkalium zur Darstellung von Kalisalpeter und Pottasche und gebraucht zu letzterer ein reines, möglichst natronfreies Salz, welches erhalten wird, wenn man die heiße Rohlauge mit Wasser verdünnt, wo dann fast reines Chlorkalium auskristallisiert. Auch in der Landwirtschaft wird viel Chlorkalium verbraucht.
Aus dem Lösungsrückstand des Carnallits wird Kieserit gewonnen. Man behandelt den Rückstand mit Wasser, wobei das Kochsalz gelöst wird und der Kieserit zu Schlamm zerfällt. Letztern bringt man in Formen, in denen er nach einigen Stunden unter Aufnahme von Wasser erstarrt. Er bildet dann 25 kg schwere Blöcke und geht in dieser Form in den Handel. Indes wird auch aus gelöstem Kieserit reines Bittersalz (schwefelsaure Magnesia mit 7 Molekülen Kristallwasser) erzeugt.
Wird eine aus dem ursprünglichen Löserückstand gewonnene konzentrierte Lösung, welche Chlornatrium und schwefelsaure Magnesia enthält, auf flachen hölzernen Kühlschiffen einer Wintertemperatur unter 0° ausgesetzt, so kristallisiert Glaubersalz (schwefelsaures Natron) aus, und Chlormagnesium bleibt zurück. Der Kainit wird teils in rohem Zustand, in welchem er durchschnittlich 24 Proz. schwefelsaures Kali, 16,5 Proz. schwefelsaure Magnesia, 13 Proz. Chlormagnesium, 31 Proz. Chlornatrium, 1,5 Proz. Gips [* 21] und Thon und 14 Proz. Wasser enthält, gemahlen und als Düngesalz ¶
mehr
verwendet oder nach verschiedenen patentierten Methoden auf schwefelsaure Kalimagnesia mit 50 Proz. schwefelsaurem Kali und 3 Proz. Chlor sowohl für die Landwirtschaft als auch für die Industrie (Pottasche-Fabrikation etc.) verarbeitet. Die Erzeugung von reinem schwefelsauren Kali aus diesem Doppelsalz ist bis jetzt auf einfache Weise noch nicht recht gelungen. Precht hat Kainit zur Alaunfabrikation benutzt. Die vollständige Verwertung der in großer Menge bei der Chlorkaliumfabrikation erfolgenden Chlormagnesiumlauge ist noch nicht gelungen; dieselbe fließt noch größtenteils in die Bode.
Ein Teil der Lauge wird eingedampft, der Rückstand geschmolzen und als festes Chlormagnesium in den Handel gebracht; ein andrer Teil der Lauge, etwa ein Drittel, wird auf Brom verarbeitet (Gewinnungen etwa 0,2 Proz.) und zwar entweder durch Destillation [* 23] der heißen Lauge mit Schwefelsäure [* 24] und Braunstein in Sandsteingefäßen oder in kontinuierlicher Weise durch Einleitung von Chlor.
Vgl. Bischof, Die Steinsalzbergwerke bei Staßfurt (2. Aufl., Halle [* 25] 1875);
Frank, Die Staßfurter Kaliindustrie (Braunschw. 1875);
Krause, Die Industrie von Staßfurt und Leopoldshall (Köthen [* 26] 1877);
Precht, Die Salzindustrie von Staßfurt und Umgegend (Staßf. 1883).