Titel
Käse
,
die von den Molken abgeschiedenen und durch entsprechende Behandlung und chemische, teilweise durch Pilzwirkung
bedingten Umlagerungen und
Zersetzungen veränderten festen
Bestandteile der
Milch von Kühen, Schafen, Ziegen, Renntieren
und
Büffeln. In
China
[* 2] wird auch aus dem Pflanzencaseïn der Erbsen und anderer Leguminosensamen ein Käse
(Tao-fu) bereitet und
in
Südamerika
[* 3] die auf der Oberfläche
des sauer gewordenen Saftes des Milchbaums (Galaktodendron utile
Kth.) entstehende gelblich-zähe
Haut
[* 4] als «Käse»
genossen.
Die meisten Käse
sorten werden aus Kuhmilch erzeugt, und neben der Buttergewinnung ist die Käserei
die
wichtigste
Aufgabe des
Molkereiwesens. Durch Scheiden der
Milch in ihre festen, ungelösten (Matten) und flüssigen
Bestandteile
(Molken) erhält man einerseits die rohe Käse
masse
(Caseïn und Fett), andererseits die Käse
milch (Wasser,
Milchzucker,
Albumin,
lösliche
(Salze); letztere haftet aber der Käse
masse noch mehr oder weniger an und wird durch die nachherige
Behandlung
(Pressen,
Trocknen,
Salzen) nur teilweise und allmählich entfernt, sodaß sowohl gärungsfähige als auch gärungserregende
Stoffe in ersterer zurückbleiben und auf die Reifung, den
Geschmack und die sonstige Beschaffenheit des Käse
einen wichtigen
Einfluß ausüben.
Die Scheidung erreicht man entweder dadurch, daß man die (meist mehr oder weniger entrahmte)
Milch der
freiwilligen Säuerung und Gerinnung überläßt, oder indem man die noch in frischem, süßem Zustande befindliche
Milch
mit Lab (s. d.) versetzt («einrennt»)
und auf diese
Weise gerinnen läßt («dick legt»). Das Säuregerinnsel heißt
Quark
(Quarg), ist der Hauptsache nach
Caseïn
und liefert Sauermilchkäse
, das Labgerinnsel heißt
Bruch oder roher Käse
, enthält vorwiegend Paracaseïn
und liefert
Süßmilch- oder Labkäse.
Je nachdem bei der Verarbeitung darauf Rücksicht genommen wird, die Käse wasserreicher
oder wasserärmer, härter oder weicher zu machen, unterscheidet man Hartkäse
und Weichkäse.
Mit Rücksicht auf den Fettgehalt der verarbeiteten Milch und der daraus gewonnenen Käse unterscheidet man Rahmkäse, fette (vollfette), halbfette und Magerkäse. Centrifugenkäse werden aus durch die Centrifuge ganz entrahmter Milch dargestellt; um sie verkäuflicher und genießbarer zu machen, setzt man ihr oft unentrahmte oder halbentrahmte Milch zu. Zuweilen kommt ein fettreicher, fester Rahm, der nicht mit Lab behandelt wird, ebenfalls unter dem Namen in den Handel, als Cream cheese in England, als Fromage de pure crême in Frankreich und als Mascarponi in Italien. [* 5]
In neuerer Zeit werden Kunstkäse dadurch erzeugt, daß man der durch Entrahmen ihres natürlichen, wohlschmeckenden Butterfettes beraubten Milch Kunstrahm zusetzt, den man durch Emulgieren billiger Fette (geringwertiger Abfälle der Margarinebereitung u. s. w.) erhält. Dementsprechend sind diese weniger haltbar und appetitlich als die eigentlichen Käse. Den Sauermilchkäsen wird oft Butter, Salz, [* 6] Kümmel, Pfeffer, Nelken, Bier, Kartoffeln (Kartoffelkäse) u. s. w. zugesetzt.
Sorten. Unter den natürlichen Käse unterscheidet man (nach Fleischmann und von Klenze) von den wichtigsten Sorten die folgenden:
A. Labkäse aus Kuhmilch.
a. Solche, die im frischen (ungereiften) Zustande verbraucht werden.
Gervaiskäse (nach dem Erfinder Charles Gervais, gest. 1893 zu Paris), [* 7] Chevalierkäse, frischer Neufchâteler, Malakoff, Bondon, Double-Crême, Maquée, Mozarinelli, Giuncate, Wiener Damenkäschen.
b. Solche, die vor dem Gebrauche eine Reifung durchmachen.
Limburger oder Backsteinkäse (fett, halbfett und mager), Ramadurkäse mit seinen Nachahmungen: Woriner und Bristoler (aus Ostpreußen), [* 8] Schwarzenberger (aus Böhmen), [* 9] Mariahofer und Grottenhofer (ans Steiermark), [* 10] Tanzenberger und Schützenkäse (aus Kärnten), Hagenberger Schloßkäse (aus Oberösterreich), chilenische Weichkäse (ans Chile); [* 11]
Sahnen- oder Rahmkäse: Elsäßer, Münster- oder Schachtelkäse (ans Elsaß-Lothringen, [* 12] besonders dem Münsterthale oder aus Bayern), [* 13] Bellelaykäse oder Têtes de moine (Kanton [* 14] Bern, [* 15] ursprünglich nur Kloster Bellelay), Vacherins (Waadt und Freiburg), [* 16] Chevrotins (Val de Joux, Waadt).
Von ital. Sorten gehören hierher: Strachino di Milano, Strachino Gorgonzola (früher nur in Gorgonzola, jetzt auch bei Lodi, Bergamo, Brescia und Pavia bereitet und als Calvenzanokäse [Provinz Bergamo] und Formaggio della Paglia [im Tessin] nachgeahmt), dessen pikanter Geschmack durch Wucherung eines Schimmelpilzes (Penicillium Link) erzeugt wird; Crescenza oder Carsenza (Lombardei).
Gangbare franz. Weichkäse, die jetzt auch in Deutschland [* 17] vorzüglich und in genügender Menge nachgemacht werden, sind: Fromage de Brie (Depart. Seine-et-Marne, Meuse u. a.), de Coulommiers (Depart. Seine-et-Marne), de Camembert (Normandie; 1791 zuerst von Marie Fontaine in Camembert, Depart. Orne, dargestellt), Neufchâteler (Depart. Seine-Inférieure), Käse von Géromé (Depart. Vosges), von Olivet, Ervy, Troyes, Fromage de foin (Depart. Seine-Inférieure) u. s. w. Backsteinform haben die Käse von Pont l'Evêque (Depart. Calvados), Anciens Impériaux, Carrés affines, Tuiles de Flandres, Barrons, die Käse von Void (Depart. Meuse), von Villiers (Depart. Nord und Aisne), von Maroilles (Depart. Nord) und die mit Petersilienkraut und Estragon versetzten Dauphins (Depart. Nord).
2) Hartkäse.
Emmenthaler Käse, magere oder halbfette Schweizerkäse, in der Schweiz [* 18] und in Deutschland (im bayr. Allgäu von Emmenstadt bis Oberstdorf) bereitet; andere in der Schweiz gefertigte Sorten sind: Greyerzer Käse (aus Gruyères, Kanton Freiburg), Spalenkäse (aus Unterwalden, gehen in Holzfässern [«Spalen»] meist nach Italien und heißen dort Sbrinza), Saanenkäse (aus Saanen, Kanton Bern, ein harter sehr haltbarer Reibkäse), Walliserkäse, Battelmattkäse (Tessin), Urserenkäse, Engadiner u. s. w.; Pfister Magerkäse (nach einem besondern Verfahren [Salzbad] von Pfister-Huber bereitet).
Deutsche [* 19] Hartkäse sind Tilsiter, Ragnitzer (Ostpreußen), Elbinger (Westpreußen), ferner vorzügliche Nachahmungen von holländ. Edamer und Gouda und von Schweizerkäsen.
Holländische: [* 20] Edamer oder Katzenköpfe (fett, kugelrund, glänzend rot gefärbt), Gouda (fett, laibförmig), Gewürzkäse, holländisch: Romynde Kaas (mit Gewürznelken und röm. Kümmel), Leidener, [* 21] Friesische, Kantenskäse.
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Italienische: Grana, bei uns Parmesankäse genannt (halbfetter Reibkäse, bei Parma, [* 23] Lodi, Mailand, [* 24] Pavia, Cremona, Bergamo u. a. O. gefertigt, häufig grünlich, weil in Kupfergefäßen hergestellt), Cacio cavallo (im südl. Italien, in der Form von Pferdeköpfen, Flaschen, Zöpfen u. s. w.), Fontina (Nachahmung des Schweizer Greyerzer Käses, im Thal [* 25] von Aosta).
Französische: Käse von Gex (Depart. Ain, mit Schimmelpilzen durchsetzt), von Septmoncel (Depart. Jura), von Port du Salut und Gautrais (Depart. Mayenne), von Providence (Depart. Manche), von Rangiport (Seine-et-Oise), von Bergues (Depart. Nord), von Guiole, Cantal, La Fourme (Depart. Puy-de-Dôme, Cantal und Aveyron).
Dänemark [* 26] liefert wegen seiner bedeutenden Butterbereitung nur Magerkäse: Exportkäse, Gislevkäse und Kjärsgaardkäse.
Schweden [* 27] stellt die Hartkäse nach Cheddarart (s. unten) her: Swartzsche und Gudhemer Käse, ferner Käse von Färlösa, von Flishulf, von Riseberga.
In England werden besonders fette und halbfette Käse bereitet: Cheshire- oder Chesterkäse (Cheshire, Shropshire), Gloucesterkäse (Gloucester und Berkeley), Leicesterkäse (Leicestershire), Dunlopkäse (Ayrshire), Cheddarkäse (aus dem Cheddarthale bei Sommerset), Derbykäse (Derbyshire), Faktoreikäse, Pineapplekäse (in Ananasform), Rollenkäse, Salbeikäse (mit Zusatz von Salbei-, Spinat- und Petersilienblättern und Ringelblumenblättern), Wensleydalekäse (Yorkshire), Stiltonkäse (Huntingdon, Rutland, Northampton, Leicestershire), scharf pikanter Tafelkäse, fett oder überfett, mit Pilzwucherungen.
Amerika [* 28] liefert meist Käse nach Cheddarart nach einem vom englischen etwas abweichenden Verfahren.
B. Labkäse aus auderer Milch.
a. Aus Schafmilch.
Voran stehen die franz. Roquefortkäse (Roquefort, Depart. Aveyron, Hérault, Lozère, Gard und Tarn). Sie haben folgende Bereitungsweise: der Bruch wird mit eigens bereitetem Schimmelbrot versetzt, worauf man die in natürlichen Felsenhöhlen des Jurakalks bei 4-8° C. reifen läßt. Andere Schafkäse kommen von Mecklenburg, [* 29] von der holländ. Insel Texel, von den Karpaten (Brinsen-, Laudocker-, Zipser-, Liptauer-, Siebenbürger-, Neusohler-, Altsohler Karpatenkäse, Klenoczer Käse), von Siebenbürgen (Kascaval [Kaschkaval], Kolozs-Monostorkäse), besonders auch aus Italien (Sardinien, [* 30] Sicilien und die Provinzen Aquila, Siena, Vicenza, Arezzo, Capitanata, Calabria, Ancona, [* 31] Abruzzen).
b. Aus Ziegenmilch.
Hauptfabrikationsgegenden sind das Riesengebirge, Altenburg, [* 32] die Schweiz (Graubünden, Solothurn, [* 33] Saanen, wo man diese Käse Gaiskäsli nennt), Österreich, [* 34] Mittel- und Unteritalien, Frankreich (Depart. Puy-de-Dôme, Jura, Savoie, Haute-Savoie, Isère, Hautes-Alpes), Schweden und Norwegen (Hviteost).
c. Aus Renntiermilch,
in Schweden, Norwegen, Lappland.
d. Aus Büffelmilch,
in Calabrien und Sicilien (Provole, Scarmorze, Borelli).
C. Sauermilchkäse,
a. Aus Kuhmilch.
Deutschland: Mainzer Handkäschen, Kümmelkäschen, Topfkäse, Harzkäse, Baudenkäse (Groß- oder Koppenkäse), schles. Weichquark- und Handkäse, ostpreuß. Glumse, alte oder Berliner [* 35] Kuhkäse, märkische Preßkäse, Ihlefelder, Nieheimer, sächs. Sauermilchkäse, Dresdener Bierkäse; ferner die als Rinnen-, Form-, Satz-, Pimp-, Brandkäse bezeichneten Sorten.
Österreich: Olmützer Quargeln, Vorarlberger Sauermilchkäse, Montafoner Kräuterkäse (mit Zusatz von gepulvertem Ivakraut), ferner die als Sperr- oder Trockenkäse bezeichneten Sorten.
Schweiz: Schabzieger oder grüner Kräuterkäse (im Kanton Glarus schon vor 1252 bereitet, enthält das eigentümlich riechende Kraut des Schabziegerklees, Melilotus caerulea Lam.), Bloderkäse.
Italien: | Chiavari (Genua). |
---|---|
Frankreich: sog. Bauernkäse.
Belgien: [* 36] sog. Kochkäse.
Schweden: Gammelost, Pultost oder Knaost.
Rußland: Krutt der Kirgisen, Livländer Käse.
Amerika: Sauermilchkäse von Mende (Philadelphia), [* 37] Queso de Kincho oder Queso de palma metida und Queso de mano (Venezuela). [* 38]
b. Aus Schafmilch
wird Weichquarkkäse unter dem Namen Broccio auf Corsica [* 39] fabriziert und viel nach Marseille [* 40] ausgeführt.
Bereitung. Die Methoden, nach denen die verschiedenen Sorten von Käse hergestellt werden, sind verschieden und erfordern mehr oder weniger Sorgfalt und mehr oder weniger Apparate. Die modernen Käsereianlagen sind nach wissenschaftlichen Grundsätzen eingerichtet und zeigen zahlreiche Verbesserungen, die das Einhalten bestimmter Wärme- und Feuchtigkeitsgrade ermöglichen. Trotzdem entsteht noch verhältnismäßig viel Ausschuß, da viele bei der Fabrikation auftretende chem. und bakteriologische Vorgänge noch der Aufklärung harren, weshalb die Käsebereitung großenteils noch als Kunst bezeichnet werden muß. Am schwierigsten ist die Herstellung des Emmenthalers.
Derselbe soll einen zarten Nußgeschmack, einen feinen bildsamen Teig sowie gleichmäßig verteilte, 4-6 cm voneinander entfernte, erbsen- bis kirschgroße kugelrunde Höhlungen («Augen») besitzen. Als «gefehlt» (Ausschuß) und minderwertig gelten geblähte und randhohle Stücke, die viele ungleiche bis faustgroße Höhlungen zeigen, ferner die sog. «Nißler» oder «Tausendlöchler», welche zahllose kleine, ungleichförmige Höhlungen und einen schlechten Geschmack besitzen.
Die «Gläsler», die einen spröden Teig, keine Augen (ein «blindes» Aussehen) oder nur schlitzförmige Risse haben, sind zwar oft von sehr feinem Geschmack, gelten aber im Handel ebenfalls als minderwertig. Zur Bereitung des Emmenthaler Käse werden etwa 1000 l unabgerahmter Milch in einem Kupferkessel (Kessi) auf 33-35° C. erwärmt und mit so viel Lab versetzt («eingerennt»),
daß die Milch in 20-35 Minuten «dickt»; Temperatur, Labstärke und Zeit des Dickens müssen je nach Gehalt und Beschaffenheit der Milch, Jahreszeit u. s. w. genau geregelt werden, wie auch die folgenden Arbeiten, die einen raschern oder langsamern, einen stärkern oder schwächern Entzug von Molken aus dem Bruch bezwecken, nicht nach feststehenden Regeln erfolgen können, sondern täglich die genaue Kenntnis der zu verarbeitenden Milch voraussetzen. Während des Dickens bleibt der vom Feuer entfernte Kessel zur Einhaltung gleichmäßiger Wärme [* 41] bedeckt.
Wenn die Milch so dick ist, daß sie nicht mehr an der «Schuefe» (Kelle) klebt, wird die oberste Schicht «überlegt» oder «verschöpft», d. h. von der Mitte an den Rand des Kessels gelegt; dann schneidet man das Gerinnsel erst mit dem Käsesäbel, einem hölzernen, säbelförmigen Gerät, dann mit der «Harfe», welche in Abständen nebeneinander aufgespannte Drahtsaiten besitzt, in parallelepipedische Stücke; hierauf «verzieht» man, d. h. rührt mit der Kelle die untersten Schichten zu oberst, und «verrührt» dann mit dem «Brecher» oder «Waibel» (Quirl),
bis der Bruch aus erbsengroßen Stücken besteht. Dieselben müssen gleichmäßige Größe besitzen; «Staub» oder ungleich größere Körner würden ungleiche Mengen Molken («Sirten») einschließen und gefehlte Stellen im K. erzeugen. Nach etwa 25 Minuten langem «Verkäsen» läßt man den Bruch etwas absetzen, hebt ungefähr ein Viertel der darüber stehenden Molken (eigentlich Käsemilch) ab. 30-45 Minuten nach dem Beginn des Zerschneidens der «Dicketen» beginnt man mit dem «Wärmen» oder «Brennen»; je nach der Beschaffenheit der Milch, der Zeitdauer des Dickens und Verkäsens, der Größe der Körner und der zu erzielenden Käse erwärmt man unter stetem Umrühren rascher oder langsamer, länger oder kürzer (25-35 Minuten) auf 50-60° C., bis der Bruch die richtige Beschaffenheit hat, worauf
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man die Weitererwärmung einstellt und durchschnittlich noch 30-50 Minuten weiter gerührt («ausgerührt», «nachgekäst») wird, bis der nun aus gleichmäßig hanfkorngroßen Stückchen bestehende Bruch zwischen den Zähnen knirscht («gigst») und mit der Hand [* 43] zusammengedrückt in bestimmter Weise spaltet, wenn er über den Zeigefinger gelegt wird. Nun gießt man die zuerst abgeschöpfte, abgekühlte Molke wieder zum Bruch in den Kessel, rührt einigemal um und nimmt den in der Weise aus dem Kessel, daß man ein Käsetuch (aus Hanf) um den elastischen Käsebogen (aus Stahl) spannt und damit den Kesselwänden entlang unter den am Boden sitzenden Bruch und auf der dem Käser zugekehrten Seite wieder herauffährt, die Enden des Tuches zusammenbindet und am Aufzug [* 44] befestigt, von wo der im Tuche befindliche Bruch den größten Teil der Molke noch in den Kessel ablaufen läßt und dann auf die Presse [* 45] (das «Pressel», die «Lade») befördert wird, wo er mit dem Tuch in einen hölzernen Reif («Worb», «Yärb») kommt, dessen Höhe und Durchmesser je nach der Menge des Bruchs verschieden ist und dem Käse die Laibform giebt.
Der etwa noch im Kessel zurückgebliebene Anteil Bruch wird in gleicher Weise gesammelt und zur Hauptmasse gebracht; wo dieser «Strebel» oder «zweite Fisch» eingefügt wird, entstehen oft gefehlte Stellen im K. Nun wird ein Holzdeckel übergelegt und erst langsam und schwach, später stärker gepreßt und in den ersten 24 Stunden 7-8mal gewendet, unter jedesmaligem Erneuern des Tuches, wobei der Druck auf je 1 kg Käse zuletzt auf etwa 16 kg gesteigert wird. Wenn in der verarbeiteten Milch etwas Colostrum, Milch aus kranken Eutern oder sonstwie «käsereiuntaugliche» Milch enthalten war, kann der Käse schon «auf der Lade» (unter der Presse) zu «treiben» beginnen, wobei er trotz des hohen Druckes zu «blähen» beginnt und sicher gefehlt wird.
Der Käse wird nun im Beizkeller stark gesalzen (um ihm Feuchtigkeit zu entziehen und eine schöne «Haut» oder Rinde zu geben) und täglich gewendet. Dann kommt er in den wärmern Gärkeller (19-23° C.), wo er trockner gehalten, schwächer gesalzen, gut gereinigt und genau beobachtet wird, damit die Gärung nicht zu rasch und nicht zu langsam verläuft, was der Käser durch Drücken und Klopfen mit den Fingern beurteilt. Nach der eigentlichen Gärung kommt der in einen etwas kühlern Übergangskeller, dann erst in den noch kühlern und wieder feuchtern Lagerkeller (Speicher).
Die Gesamtzahl der während einer Campagne in einem Käsereilokal gewonnenen Käse heißt das «Mulchen» (Sommer- und Wintermulchen). Beim Verkauf eines Mulchens werden mit dem Käsbohrer Proben gestochen und der «Börling» oder «Nagel» nach der Besichtigung wieder in den Käse gesteckt. Die Emmenthaler Käse sind fett, haben Mühlsteinform («Laibe») und wiegen 50-90 kg, selbst 120 kg. Ihre Bereitung ist schon um die Mitte des 15. Jahrh. nachweisbar, ursprünglich nur im Emmenthal, jetzt in allen Alpenkantonen der Schweiz sowie im bayr. Allgäu verbreitet.
Die Bereitung anderer Hartkäse weicht von der der Emmenthaler Käse meist darin ab, daß andere Temperaturen angewendet werden und meist weniger Sorgfalt nötig ist. Manche Käse werden gefärbt, und zwar im Teig (mit Safran) oder von außen (z. B. Edamer mit Tournesol, Kolkothar u. s. w.), auch bisweilen von außen geölt. Bei Bereitung verschiedener Weichkäse, bei denen mehr Molken zurückgehalten werden sollen, wird der Bruch nicht «gekocht», überhaupt schon bei niedrigerer Wärme gelabt, langsamer gedickt, der Bruch weniger verkleinert und nur durch sein eigenes Gewicht oder durch gelindern Druck in durchlöcherten Formen (Model aus Holz, [* 46] Blech oder Thontöpfen) oder besondern Vorrichtungen (Spanntischen) gepreßt.
Koschere Käse dürfen keine Pferde- oder Schweinemilch enthalten (die überhaupt nicht zur Bereitung von Käse verwendet werden könnte) und das zu verwendende Lab unterliegt einer rituell vorgeschriebenen Bereitungsweise.
100 kg Milch geben etwa 9-11 kg Weichkäse, 4-6 kg magere, 5-8 kg halbfette oder 7-9 kg vollfette Hartkäse, 5-6 kg magere Sauermilchkäse. Nebenprodukte der Käserei sind Vorbruch, Zieger, Molken und Milchzucker.
Zusammensetzung und Nährwert. Die Käse enthalten je nach Alter und Beschaffenheit neben 34 -75 Proz. Wasser sehr wertvolle Nährstoffe, wie sie, besonders in den magern Sorten, fast in keinem andern Nahrungsmittel [* 47] so billig käuflich sind; die Verdaulichkeit der Stickstoffsubstanz des Käse beträgt wie bei der des Ochsenfleisches 97,5 Proz. und das im K. (sowie in Milch und Butter) enthaltene Fett wird wegen seiner feinen Verteilung besser ausgenützt als das im Speck u. s. w. Gleichzeitig wirkt Käse aber auch als Genußmittel und erhöht nach Rubner und Malfatti die Verdaulichkeit anderer mitgenossener Nahrungsmittel, lauter Umstände, die dem Käse als Volksnahrungsmittel die größte Bedeutung sichern. Nach den von König mitgeteilten Analysen enthält durchschnittlich 1 kg in Gramm:
Sorten | Eiweißstoffe | Fett | Milchzucker | Mineralstoffe |
---|---|---|---|---|
Rahmkäse | 188,4 | 407,1 | 10,2 | 31,0 |
Backsteinkäse | 237,9 | 327,8 | - | 29,1 |
Emmenthalerkäse | 294,9 | 297,5 | 14,6 | 49,2 |
Fettkäse überhaupt | 253,5 | 302,5 | 14,3 | 49,7 |
Halbfette Käse | 296,7 | 239,2 | 17,9 | 47,3 |
Magerkäse | 340,6 | 116,5 | 34,2 | 48,7 |
Sauermilchkäse | 366,4 | 60,3 | 9,0 | 40,7 |
Neben unverändertem Paracaseïn wurden im K. gefunden: Caseoglutin, Peptone, Leucin, Tyrosin, Phenylamidopropionsäure, Milchsäure, Buttersäuren, Ammoniak, Ammoniummagnesiumphosphat u. s. w. Über das im K. hier und da auftretende Gift s. Käsevergiftung.
Statistisches. Das produktivste und an Ausfuhr reichste Land ist die Schweiz. Sie führt jährlich durchschnittlich 23218 t im Werte von 30,7 Mill. M. aus, während die Einfuhr 1892 nur 734 t betrug. Deutschland steht weit zurück und kann bis jetzt seinen Bedarf nicht durch eigene Produktion decken. 1892 betrug die Einfuhr 8271 t im Werte von 11,5 Mill. M. gegen die geringe Ausfuhr von 1359 t (Wert 1,4 Mill. M.). Englands Einfuhr belief sich im selben Jahr dem Werte nach auf 5,42 Mill. Pfd. St. Frankreich führte 12385 t im Werte von 14,9 Mill. M. ein, während die Ausfuhr 6812 t (Wert 6,88 Mill. M.) betrug. Österreich-Ungarn [* 48] führte 2206 t ein und 386 t aus.
Litteratur. Schatzmann, Käseindustrie von Roquefort (Frankf. a. M. 1879);
von Klenze, Handbuch der Käsereitechnik (Brem. 1884);
Schatzmann,
^[Artikel, die man unter C vermißt, sind unter K aufzusuchen.] ¶