Kacheln
,
vierkantige glasierte
Platten aus gebranntem
Thon, aus welchen die
Kachelöfen (s.
Zimmeröfen)
[* 2] zusammengesetzt
werden. Jede Kachel besteht aus dem
Blatt
[* 3] und einem aufstehenden
Rande, der
Zarge. Man bildet die Kacheln
, indem
man aus einem Thonklotz von genügender
Größe mit
Hilfe eines
Drahts
Platten schneidet, die
Zarge auf der
Scheibe als kreisrunden
Ring dreht, dann ins
Viereck
[* 4] biegt und auf die
Platte klebt.
Besser und schneller werden die Kacheln
aber im ganzen aus dicken Thonplatten
gepreßt, wobei die
flache Außenseite der Kacheln
durch eine ebene Preßplatte, die innere Vertiefung durch einen
entsprechend gestalteten Preßkern oder
Stempel und die Aushöhlung der äußern Randfläche durch einen am
Scharnier zu öffnenden
Rahmen gebildet wird.
Die Ränder der Kacheln
geben denselben mehr
Festigkeit
[* 5] beim Aufstellen und gestatten, daß die
Öfen
[* 6] inwendig
stark mit
Lehm überzogen werden können. Die gebrannten Kacheln
werden bisweilen auf einer eisernen
Platte mit
Sand abgeschliffen
und dann glasiert. Die weiße
Glasur besteht aus
Mennige,
Zinnasche, Quarzsand,
Thon, kohlensaurem
Kalk, kohlensaurer
Magnesia
und
Soda. Kacheln
zur Herstellung von
Kachelöfen wurden schon im 9. Jahrh. gefertigt, um welche Zeit sich
bereits in St.
Gallen
Kachelöfen befanden.
Seit dem 13. und 14. Jahrh. wurden letztere überall in Mittel- und Süddeutschland, besonders in Nürnberg [* 7] und der Schweiz, [* 8] fabriziert. Die ältesten, mit figürlichen, ornamentalen und Wappenreliefs verzierten Ofenkacheln aus gebranntem und glasiertem Thon gehören der gotischen Zeit, dem 14. und 15. Jahrh., an. Heilige und profane Figuren, Darstellungen aus der heiligen Geschichte, Wappen [* 9] und Allegorien bildeten schon frühzeitig den Schmuck der Ofenkacheln (s. Tafel »Keramik«, [* 10] Fig. 1 u. 16), der sich im Lauf der Renaissance zu einem den ganzen Ofen überziehenden Bildercyklus erweiterte.
Schon die Gotik hatte dem Kachelofen durch Scheidung in Auf- und Untersatz mit Gesims [* 11] und Fuß eine architektonische Gliederung gegeben, welche von der Renaissance nach antiken Architekturformen noch reicher ausgebildet wurde. In der Keramik des 16. und 17. Jahrh. spielte der Kachelofen eine hervorragende Rolle. Süddeutschland und die Schweiz waren die Fabrikationsorte glasierter Kachelöfen, die, oft durch Seiten- und Hintersitze erweitert, ein Hauptstück der Zimmerausstattung bildeten und von oben bis unten mit Figuren, Reliefs, Sprüchen und allerlei Zierat versehen wurden. Reich an solchen Öfen sind das Germanische Museum und die Burg in Nürnberg, die Burg Traus-
[* 1] ^[Abb.: Fig. 1. Kachelofen von Adam Vogt (Rathaus in Augsburg).] [* 12]
^[Abb.: Fig. 2. Gemalter Fayenceofen (Zürich).] [* 13] ¶
mehr
nitz bei Landshut, [* 15] das Rathaus zu Augsburg (Fig. 1) und zahlreiche Privathäuser in der Schweiz (Fig. 2). Mit dem Beginn des 18. Jahrh. geriet die alte Kunst in Verfall, und entwickelte sich der Rokoko-Ofen, der im Anfang des 19. Jahrh. dem antik stilisierten Ofen weichen mußte. Neben dem weißen Kachelofen sind jetzt wieder Nachbildungen alter Kachelöfen überall verbreitet, was mit der Reform der modernen Zimmerausstattung (s. d.) zusammenhängt.