Kabylen
,
eigentlich
K'baïl (Plural des arab. Wortes kabila), heißen die
Berbern (s. d.) in
Algerien
[* 3] und
Tunis, vorzugsweise die im Küstengebirge hausenden
Stämme derselben.
Ihre Zahl wird für
Algerien offiziell auf 760000
angegeben. Kabylenland
oder Kabylien nennt man den meist sehr hohen, mit Felsspitzen besetzten östl.
Teil der Küstengebirgszone vom
Wad-Isser bis zur Mündung des
Wad-Kebir, und unterscheidet hier wieder
Großkabylien (la Grande-Kabylie) oder den westlichen, fast ganz zur
Provinz
Algier gehörigen
Teil bis zur Mündung des
Wad-Sabel,
und Kleinkabylien (la Petite-Kabylie), den östl.
Teil in der
Provinz Constantine mit dem
Großen Babor.
Großkabylien, ein großartiges, fast alpines Bergrevier, ausgezeichnet durch Wasserreichtum, üppige
Vegetation, dichte
Bevölkerung
[* 4] und guten Anbau, wird durch den Hauptgrat des Dschurdschura, des wichtigsten
Teils des
Kleinen
Atlas,
[* 5] 2317 m hoch,
in zwei Hälften geteilt. Zur hamitischen Völkerfamilie gehörig, sind die Kabylen
mittlerer
Statur, mager, dabei von starkem
Knochenbau.
Ihre verbrannte
Haut
[* 6] spielt vom Dunkelbraun ins Schmutziggelbe. Sie haben feste Wohnsitze auf
steilen Hügeln, treiben weniger Viehzucht
[* 7] als Spatenwirtschaft,
Oliven- und Obstkultur und bebauen die
Thäler und Bergabhänge
mit großer Sorgfalt.
Ihre
Industrie besteht in
Fertigung von
Ackergeräten,
Messern, Waffen,
[* 8] Schießpulver,
[* 9] Haïks und Burnussen,
Teppichen, Leder, geflochtenen Matten, Holz- und groben
Töpferwaren. Charakteristisch ist ihr Handelsgeist und ihre Liebe
zum Gelderwerb. Die Blutrache gilt ihnen als Ehrengesetz und kann nicht durch
Geld abgekauft werden. Gastfreundschaft
wird gegen jedermann geübt.
Bis jetzt gehört diese
Region noch zu den militär. Territorien
Algeriens.
Über ihre Organisation vgl.
Algerien (Bd. 1, S.
390a). Die Kabylen
haben nur
Kopfsteuer zu zahlen. Die interessanteste
Verbindung kabylischer
Stämme war die
der Suawab
(Zouaoua) auf dem Nordabhange der Dschurdschurakette, die bis 1857 eine mächtige und gefürchtete polit. Körperschaft
bildete. Als die
Franzosen in
Algerien nach dem
Muster der brit.-ostind. Sipoi eine inländische
Truppe gründeten, gaben sie
derselben den
Namen der kriegerischen Suawab, woraus das Wort Zuave (s. d.) entstanden
ist.
Kabylien hatte lange mit Hilfe seiner unzugänglichen Berge schon gegen die Karthager und Römer [* 10] seine Unabhängigkeit fast gänzlich bewahrt. Die Expeditionen der Franzosen begannen 1841 unter Marschall Bugeaud, aber erst mit der im Mai und Juni 1857 unter Randon erfolgten Besiegung des nördl. Teils von Großkabylien sah man die sämtlichen Stämme als völlig unterworfen an. (S. Algerien, Bd. 1, S. 395.) –
Vgl. Hanoteau und Letourneur, La Kabylie et les coutumes kabyles (3 Bde., Par. 1873);
Farine, Kabyles et Kroumirs (ebd. 1881).