die unmittelbare Einmischung des
Regenten in einen bei den
Gerichten anhängigen
Rechtsstreit. In
Deutschland
[* 2] wurde derselben zuerst durch die Reichskammergerichtsordnung 1495 entgegengewirkt, und seitdem ist die Unabhängigkeit der
Gerichte und der Rechtsprechung stets anerkannt worden. Nach der deutschen
Reichsverfassung vom (Art.
77) ist für den
Fall der Kabinettsjustiz das
Recht derBeschwerde an den
Bundesrat gegeben, und das deutsche Gerichtsverfassungsgesetz (Art.
1) enthält die ausdrückliche Bestimmung: »Die richterliche
Gewalt wird durch unabhängige, nur dem
Gesetz unterworfene
Gerichte
ausgeübt«.
die Einwirkung der Regierung auf die Leitung und Entscheidung von einzelnen Civil- und Kriminalprozessen.
Unter den german. Nationen galt von Anfang her der Grundsatz, daß der
König und der von ihm eingesetzte Beamte nur den Bann, d. h. die Gerichtsgewalt und die Vollstreckung der Erkenntnisse habe,
während die Urteile über Rechtsfragen und Thatfragen von den Angehörigen eines jeden Rechtskreises, vom Volke oder von Männern
aus demselben (Schöffen) gefunden wurden.
Selbst Lehnsleute, Ministerialen und gutsherrliche Unterthanen bildeten unter der Leitung des Ober- oder Schutzherrn das Gericht
für ihre Genossen. Wenn nun auch später die alten Volks- und Standesgerichte durch Justizbehörden ersetzt und die Urteile
durch landesherrliche Beamte gefunden wurden, so galt doch die Unabhängigkeit der letztern als unzweifelhaftes Grundrecht,
gegen dessen Verletzung sich stets lebhafter Widerstand erhob. Das neuere deutsche Staatsrecht fand, abgesehen vom Geschworenengericht
und von sonstiger Zuziehung des Laienelements zur Rechtsprechung, Garantien gegen Kabinettsjustiz sowohl in der Bundesakte (Art. 12) und
der Schlußakte (Art. 29) als auch in den Grundgesetzen der meisten Einzelstaaten.
Auch das Bestreben unserer Zeit, die sog. administrativ-kontentiösen Sachen
den ordentlichen Gerichten oder besondern Behörden, den Verwaltungsgerichtshöfen, zu überweisen, gehört hierher. Für
das Gebiet der ordentlichen streitigen Gerichtsbarkeit (s. d.) ist jetzt durch
die Bestimmungen der Reichsjustizgesetze jede Möglichkeit einer Kabinettsjustiz vollständig ausgeschlossen. Den
Landesherren steht nur allgemein das Recht der Begnadigung (s. d.) und unter gewissen Voraussetzungen das
Recht der Abolition zu.