Kabbalist
,
Kenner oder Ausüber der sogen. praktischen
Kabbala (Kabbalistik
), s.
Kabbala.
Kabbalist
26 Wörter, 250 Zeichen
Kabbalist,
Kenner oder Ausüber der sogen. praktischen
Kabbala (Kabbalistik
), s.
Kabbala.
(hebr.),
»Überlieferung«, »empfangene Lehre«, [* 3] in der talmudischen Zeit die neben dem schriftlichen Gesetz der Juden hergehende Tradition, die halachische Überlieferung, das mündliche Gesetz, dann auch die Gesamtheit der prophetischen Verordnungen und Aussprüche in der Bibel. [* 4] Jetzt versteht man unter Kabbala hauptsächlich die mystische Religionsphilosophie des jüdischen Mittelalters, die aus der ältern Geheimlehre hervorging und sich vom 13. Jahrh. n. Chr. an zu einem eignen System ausbildete.
Letztere, aus dem Streben, die tiefsten Fragen über Gott und Welt zu lösen, entstanden, vereinigt sowohl Elemente der jüdisch-hellenistischen Geistesrichtung (Schriften Philos, s. d.) als auch der litterarischen Forschung in Palästina [* 5] und Babylonien. In phantastischen Bildern und Ausdrücken wurden früh schon metaphysische Betrachtungen (über Gott, sein Wesen und Wirken, seinen Thron [* 6] und Hofstaat [Maasse merkaba]) und physische (über Welt und Schöpfung [Maasse bereschit]) angestellt; aber diese Lehre, welche leicht gefährlich werden konnte, ward nicht dem großen Haufen preisgegeben, sondern geheimgehalten. In den Bereich dieser alten Geheimlehre zog man später auch persische Geisterlehre, Wahrsagekünste, den Glauben an geheime ¶
Naturkräfte, Sympathie und Astrologie.
[* 8] Erst im Mittelalter, hauptsächlich in Spanien
[* 9] und der Provence, rivalisiert mit der auf
Aristotelischen Grundlagen aufgebauten jüdischen Religionsphilosophie die Kabbala, die Tochter der alten Geheimlehre, als eigner
Zweig jüdischen Wissens; sie dringt ein in die Schriften jüdischer Gelehrten und macht sich in einer Reihe selbständiger Werke
geltend, deren Verfasser sich nicht nennen, aber zur Erhöhung des Wertes ihrer Schriften irgend einen großen Gelehrten als
deren Autor ausgeben. So war es bereits mit den ältern kabbalist
ischen Büchern, Jezirah (s. d.), Rasiel, Bahir, geschehen,
und so geschah es nun auch mit dem Buch Sohar (s. d.), dem Hauptwerk der Kabbala, welches
dem Simon ben Jochai zugeschrieben, aber wahrscheinlich von Mose de Leon (ca. 1300 n. Chr.) verfaßt wurde.
Wie in diesem Buch, so zeigt sich die Kabbala überhaupt als eine religionsphilosophische Exegese, die in haggadischer Form mit Buchstaben- und Zahlenspielerei und neben den Erörterungen natürlicher und übernatürlicher Fragen auch mit Moral und mit den jüdischen Legenden, Allegorien und Sentenzen sich beschäftigt. Nach der Kulturepoche der jüdischen Litteratur des Mittelalters (15.-16. Jahrh.) verflachte sich, zuerst in Palästina (s. Sabbatäer) und Italien, [* 10] das litterarische Leben im Studium der Kabbala, die dann in Deutschland [* 11] und bis auf unsre Zeit in Polen (s. Chasidäer) begeisterte Anhänger fand. Die Theorien der Kabbala suchte man auch praktisch zu verwerten und glaubte durch Amulette, Aussprechen und Schreiben gewisser Worte, Namen und Bibelstellen Außerordentliches verrichten zu können. Auch Christen, durch den Scholastiker Raimund Lullus (geb. 1253) auf die Kabbala hingewiesen, wie Papst Sixtus IV., Reuchlin, Knorr v. Rosenroth u. a., machten sie zum Gegenstand der Forschung, so daß die Kabbala auch in nichtjüdische Litteraturkreise eindrang.
Vgl. Jellinek, Beiträge zur Geschichte der Kabbala (Leipz. 1851-52);
Derselbe, Auswahl kabbalist
ischer Mystik (das. 1852);
Jost, A. Jellinek und die Kabbala (das. 1852);
Frank, Die Kabbala (deutsch von A. Jellinek, das. 1844);
Steinschneider in Ersch und Grubers Encyklopädie, Sekt. II, Bd.
27, § 5c und § 13. Die kabbalist
ischen Schriftsteller s. Jüdische Litteratur. - Kabbala heißt auch die dem Schächter (Schochet)
nach abgelegter Prüfung von dem Rabbiner erteilte Autorisation zum Schächten (Schlachten
[* 12] des Viehs nach jüdischer Vorschrift).