(v. mittelhochd. Juncherre, »junger
Herr«),
ehedem Name der jüngern Prinzen regierender Herren; in der Verkehrssprache junge Edelleute, namentlich
Landedelleute, ohne sonstigen Titel, auch Bezeichnung für Offiziersaspiranten. Früher war dieselbe
offiziell; die Charge
der J. entspricht der des jetzigen Portepeefähnrichs. Die Benennung galt in Bayern bis 1872 und besteht noch in Rußland,
wo auch für die Ausbildung der J. besondere Junkerschulen existieren, die an die Vorbildung ihrer Zöglinge
erheblich niedrigere Anforderungen stellen als die Kriegsschulen, welche Gymnasialbildung fordern. Junkerpartei, Junkertum
war in Preußen in den 50er Jahren die halb verspottende Bezeichnung der reaktionären Adelspartei.
Wilhelm, deutsch-russ. Reisender, geb. 1840 zu Moskau, lebte als Knabe in Göttingen, besuchte in Petersburg das
deutsche Gymnasium, studierte Medizin in Göttingen, Berlin und Prag und bereiste zuerst Island. Nach kürzern
Touren in Tunesien 1874 und in Unterägypten 1875 ging er von Suakin 1876 durch das Chor Baraka nach Kassala und Chartum, befuhr
dann den Blauen Nil und den untern Sobat und machte ausgedehntere Reisen in den Gebieten der westlichen Nilzuflüsse
Jei, Rohl, Dschur und des zum Uëlle gehenden Kibbi.
Ende 1879 begab er sich auf eine neue Forschungsreise in das Gebiet der Niam-Niam und Monbuttu zur Erforschung des Uelle und
des Nepoko, welch letztern er als den Oberlauf des Aruwimi annahm. Als er aber Ende 1883 nach Europa zurückzukehren
gedachte, wurde er durch den Aufstand des Mahdi daran verhindert und gezwungen, mit Emin Bei und Casati sich nach Unyoro am Südostufer
des Mwutan Nzige zu wenden, von wo sie zur Ostküste vorzudringen gedachten. Doch verwehrte der Herrscher von Uganda den Durchzug.
Die 1885 unter Fischer von Sansibar, unter Lenz den Congo aufwärts zu seiner Erlösung gesandten Expeditionen
vermochten ihn nicht zu erreichen. Doch gelang es J., auf einem östlichen Weg mit Umgehung von Uganda durch Karagwe 11. Dez. 1886 nach
Sansibar zu gelangen, von wo er sich 10. Jan. 1887 nach Kairo und im März wieder nach Deutschland begab.
Hermann, Genremaler, geb. 1838 zu Frankfurt a. M., widmete
sich anfangs der Lithographie, wurde dann Schüler des Städelschen Instituts unter Jakob Becker und Steinle,
bildete sich von 1860 an unter Hausmann und 1862-1864 in Paris und Amsterdam weiter aus. Nach Frankfurt zurückgekehrt, malte
er manche wohldurchdachte Genrebilder von trefflicher Zeichnung, z. B.: Auerbachs Keller, des Künstlers Erdenwallen, die
Prüfungskommission (1865), Poesie und Prosa (1867). Später illustrierte er in Zeichnungen wie in Ölbildern
den Krieg von 1870/71 in geistreicher, gewandter Weise, z. B.: die Verkündigung des Versailler
Friedens in Frankfurt und Heldenthaten einzelner Krieger und kleinere Gruppen. Eine seiner neuesten Kompositionen ist ein
Cyklus von zwölf Bildern aus dem Leben Goethes von dessen Kinderjahren an bis zu dem Jubelfest in Weimar 7. Nov. 1825. Er
gab auch ein anatomisches Werk über die weiblichen Formen (1864) heraus.
(Jungherr, holländ. Jonkheer) nannte man die Söhne der Edelleute auf den väterlichen Gütern
und behielt diese Bezeichnung bei, wenn dieselben, meistens kaum dem Knabenalter entwachsen, in den Militärdienst traten.
Die J. zählten zu den gemeinen Soldaten, genossen jedoch mancherlei Vorzüge; aus ihnen ergänzte sich das Offizierkorps.
Jetzt giebt es nur noch im russ. Heere J.; die mit der Aussicht auf dereinstige Beförderung zum Offizier
angenommenen Freiwilligen des deutschen Heers (Avantageure, s. d.), sowie die Kadetten des österr.-ungar. Heers entsprechen ihrer
Stellung nach den J. früherer Zeit und werden noch häufig, wenn auch nicht offiziell, so genannt.
Wilh., Afrikareisender, geb. 6. April 1840 zu Moskau, studierte zu Dorpat, Göttingen, Berlin und Prag Medizin
und besuchte 1869 Island. 1873–74 bereiste J. Nordafrika, 1876 begab er sich von Suakim nach Kassala und Chartum und befuhr
im September den untern Sobat. 1876 ging J. von Ladó in westl. Richtung bis Makaraka, 1877 über den Tondjfluß bis Wau und
kehrte 1878 nach Europa zurück. Ende 1879 unternahm er in Begleitung seines Präparators Bohndorff eine
große Reise in die Länder der Niam-Niam und Monbuttu. Bohndorff, der 1882 wegen Erkrankung die Rückkehr nach Norden antrat,
gelang es, mit dem letzten thalwärts gehenden Dampfer vor den Truppen des Mahdi nach Chartum zu entfliehen. J. verfolgte allein
seine großen geogr. Forschungen weiter, deren wichtigstes Resultat die
Feststellung des Uelle-Flußlaufes bis zur Insel Mutemu (Febr. 1883) war, wodurch später, infolge der Expedition van Gèles
den Ubangi aufwärts bis zum Mboma, die Feststellung der Identität beider Ströme ermöglicht wurde. J. wandte sich von hier
wieder nach Osten und begab sich Ende 1883 nach Ladó am obern Weißen Nil zu Emin Bey, wo sich auch Kapitän
Casati später einfand.
Von nun an war jeder Verkehr nilabwärts mit Europa wegen des Mahdistenaufstandes abgeschnitten. Der Versuch G. Adolf Fischers
(s. d.), mittels einer Expedition, welche der Bruder J.s, ein Bankier in Petersburg, ausgerüstet hatte, von Sansibar aus
den drei Forschungsreisenden Hilfe zu bringen und ihnen den Weg zur Ostküste zu öffnen, scheiterte vollständig. Dagegen
gelang es J., der 2. Jan. 1886 von Wadelai aufgebrochen war, 4. Dez. 1886 Sansibar zu erreichen, von wo er nach Europa zurückkehrte.
Seine Sammlungen hatte er sämtlich eingebüßt und nur seine Tagebücher gerettet. Er starb 13. Febr. 1892 in
Petersburg. Seine reichen Erfahrungen und höchst wichtigen wissenschaftlichen Beobachtungen veröffentlichte er periodisch
in Petermanns «Mitteilungen» und faßte sie schließlich zusammen in dem