Titel
Julianus
,
1) Flavius Claudius, mit dem Beinamen Apostata (»der Abtrünnige«, weil er vom Christentum abfiel), römischer Kaiser, Sohn des Julius Constantius, Bruders Konstantins d. Gr., war 331 n. Chr. geboren. Er und sein Bruder Gallus waren die einzigen von den Verwandten des kaiserlichen Hauses, die nach dem Tod Konstantins d. Gr. (337) der Grausamkeit der Söhne desselben entgingen. Er lebte zunächst teils auf den Besitzungen seiner Mutter, teils in Konstantinopel [* 2] und wurde hierauf nebst seinem Bruder nach Macellum in Kappadokien verwiesen, wo er sechs Jahre (345-351) auf einem einsamen Schloß unter strenger Zucht zubrachte;
nachdem aber Gallus 351 von Constantius, der seit 350 das Reich allein beherrschte, zum Cäsar erhoben worden war, wurde ihm eine freiere Bewegung gestattet;
er brachte nun einige Jahre in Nikomedia zu, wo er sich besonders mit dem Studium der neuplatonischen Philosophie beschäftigte;
nach der Ermordung des Gallus (354) war er neuen Verfolgungen und Einschränkungen ausgesetzt, erhielt sodann besonders durch die Fürsprache der Kaiserin Eusebia die Erlaubnis, sich nach Athen [* 3] zu begeben, wo er seine Studien fortsetzte, wurde aber bald von da abberufen, um zum Cäsar ernannt zu werden und den Oberbefehl über die Legionen am Rhein zu übernehmen, wohin er gegen Ende des Jahrs 355 abging.
Hier machte er sich durch die große Einfachheit seines Lebens, durch Teilnahme an allen Strapazen sowie durch liebevolle Fürsorge für das Wohl der Soldaten und durch Milde in kurzem bei dem Heer und bei den Landesbewohnern ebenso beliebt wie durch seinen sittlichen Ernst, seine Gerechtigkeit und strenge Disziplin geachtet und bei den Feinden durch Mut und Feldherrngeschicklichkeit gefürchtet. Zu den glänzendsten seiner Kriegsthaten gehören seine wiederholten Rheinübergänge und die Schlacht bei Straßburg [* 4] (357) gegen die Alemannen.
Nachdem er aber hier vier Jahre lang den Krieg mit glücklichem Erfolg geführt, erhielt er im Winter 360-361 vom Kaiser Constantius, wahrscheinlich aus Neid und Argwohn, den Befehl, den tüchtigsten Teil seines Heers ihm zur Hilfe nach dem Orient zu schicken. Dies gab den Anlaß, daß seine hierüber erbitterten Truppen einen Aufstand machten und ihn zum Augustus ausriefen. Er selbst weigerte sich erst einige Zeit, diesen Titel anzunehmen, und nachdem er sich endlich dazu bereit erklärt hat, richtete er an Constantius die Bitte, seine Erhebung anzuerkennen.
Als aber Constantius nicht nur dies verweigerte, sondern auch mit seinem Heer gegen ihn aufbrach, so setzte auch er sich in Bewegung, erhielt aber auf seinem Zug in Dacien die Nachricht, daß Constantius zu Mopsukrene in Kilikien gestorben sei (3. Nov. 361), worauf J. allgemein als Kaiser anerkannt wurde. Hiermit beginnt seine kurze, aber in mehrfacher Beziehung merkwürdige Regierung. Der Hinblick auf die von den christlichen Kaisern verübten Verbrechen, die Streitigkeiten innerhalb der christlichen Kirche, der Zwang, in dem er in seiner Jugend gehalten worden war, und das eifrige Studium der griechischen Philosophie, insbesondere der neuplatonischen, hatten zusammengewirkt, um ihn gegen das Christentum feindselig zu stimmen. Sein Hauptbestreben war daher während seiner ganzen Regierung darauf gerichtet, das Heidentum wiederherzustellen; er meinte, daß ¶
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damit auch die Größe und der Ruhm des römischen Reichs zurückkehren würden. Er enthielt sich zwar aller blutigen Verfolgungen, aber er entzog den Christen alle ihnen von den frühern Kaisern gewährten Vorzüge und Vorteile und wandte sie dagegen den Heiden zu, förderte den Bau heidnischer Tempel [* 6] und die Ausübung des heidnischen Kultus, verbot das Lesen der Klassiker in den Schulen der Christen und traf sonstige derartige Anstalten, um das Christentum in der öffentlichen Meinung herabzusetzen. Es war dies ein völlig fruchtloses Beginnen, da es nicht möglich war, das abgestorbene Heidentum wieder ins Leben zu rufen; auch konnte es dabei trotz seines bessern Willens nicht an Härten und Grausamkeiten fehlen. Im übrigen aber war er ein vortrefflicher Fürst, unermüdlich thätig, gerecht, wohlwollend und eifrigst bemüht, die Wohlfahrt der Angehörigen des Reichs auf alle Art zu fördern.
Und auch nach außen suchte er mit einem vielleicht zu weit gehenden Ehrgeiz seine Regierung zu einer ruhmreichen und glänzenden zu machen. Er unternahm daher, nachdem er den Winter 362-363 in Antiochia zugebracht, im Frühjahr 363 einen Feldzug gegen den Perserkönig Sapores, den damals gefährlichsten Feind der Römer, [* 7] gegen welchen Constantius lange Zeit mit sehr zweifelhaftem Glücke gekämpft hatte. Er lieferte demselben mehrere siegreiche Schlachten, [* 8] drang bis über den Tigris vor, ließ sich aber dann durch seinen Ungestüm verleiten, seine Flotte zu verbrennen und den Feind in das Innere des Landes zu verfolgen, wurde durch Mangel an Lebensmitteln zur Umkehr genötigt und starb 26. Juni 363 an einer im Gefecht empfangenen Wunde.
Sein Privatleben war einfach und durchaus vorwurfsfrei. Die Zeit, die ihm von seinen Regierungsgeschäften übrigblieb, verwandte er auf das Studium und auf Schriftstellerei. Wir besitzen von ihm noch 8 Reden, 2 satirische Schriften, nämlich eine witzige Schilderung der römischen Kaiser und eine Verteidigungsschrift gegen die Spötteleien der Antiochener über den Bart, den er als griechischer Philosoph trug, unter dem Titel: »Misopogon«, ferner 83 Briefe und 4 kleinere Gedichte.
Eine von ihm verfaßte Widerlegungsschrift gegen die Christen ist verloren gegangen und nur noch in einzelnen Stellen erhalten, welche von Cyrillus, Bischof von Jerusalem, [* 9] in einer gegen dieselbe gerichteten Gegenschrift mitgeteilt werden. Die erhaltenen Werke J.' sind gedruckt zuerst in der nicht vollständigen Pariser Ausgabe von 1583, dann herausgegeben von Petavius (Par. 1630), am besten mit Text, Kommentar und lateinischer Übersetzung von Spanhemius (Leipz. 1696), der »Misopogon« von Heusinger (Gotha [* 10] 1736, 1741) und Harleß (Erlang. 1785),
die Briefe am vollständigsten mit lateinischer Übersetzung und Kommentar von Heyler (Mainz [* 11] 1828). Eine neue, verbesserte Textausgabe besorgte Hertlein (Leipz. 1875-76, 2 Bde.); dazu »Juliani imperatoris librorum contra Christianos quae supersunt« (hrsg. von Neumann, das. 1880, zugleich deutsch).
Vgl. Neander, Über den Kaiser J. (2. Aufl., Gotha 1867);
Strauß, [* 12] Der Romantiker auf dem Thron [* 13] der Cäsaren, oder J. der Abtrünnige (Mannh. 1847);
Semisch, Julian der Abtrünnige (Bresl. 1862);
Rode, Geschichte der Reaktion Kaiser Julians gegen die christliche Kirche (Jena [* 14] 1877);
Rendall, The emperor Julian (Lond. 1879);
Centerwall, Julianus
affällingen (Stockh. 1884).
2) Marcus Didius Salvius, röm. Kaiser, s. Didius.
3) Salvius, angesehener röm. Jurist aus Hadrians Zeitalter, geborner Afrikaner. Durch ihn ließ Hadrian das Edictum perpetuum (132 n. Chr.) abfassen; noch andre Werke von ihm erwähnen die Pandekten.