Judenchris
tentum,
die Gesamtheit der
Christen jüd. Abkunft (Judenchristen
). Die älteste Christengemeinde bestand
ausschließlich aus Judenchristen
und unterschied sich von den übrigen
Juden nur durch den
Glauben an die Messianität Jesu;
wie sie daher das Messiasreich lediglich für Israel bestimmt glaubte, so hielt sie auch an der religiösen
Verbindlichkeit des mosaischen Gesetzes fest. Als das Evangelium durch griechisch redende
Juden unter ihren Volksgenossen in der
Zerstreuung gepredigt wurde, gesellten sich den jüd. Messiasgemeinden in griech.
Städten bald heidn. Proselyten (s. d.) hinzu, die nach den vom Gesetz für
die Proselyten des
Thores vorgeschriebenen Grundsätzen
(3 Mos. 17.
u. 18) behandelt und gleichsam als Schutzverwandte
Israels betrachtet wurden.
Aber als Paulus in Syrien, Cilicien, Lykaonien u. s. w. Gemeinden, die aus reinen Heiden bestanden, gesammelt hatte, verkündigte er die Gleichberechtigung von Heiden und Juden in der Messiasgemeinde und die Aufhebung der Verbindlichkeit zur Gesetzeserfüllung zunächst für die Heidenchristen, danach für alle Gläubigen ohne Unterschied. Die Folge dieser Heidenpredigt waren endlose Kämpfe zwischen Juden- und Heidenchristen. Unter erstern läßt sich eine mildere und eine strengere Partei unterscheiden.
Jene gestand den Gläubigen aus den
Heiden ihre
Freiheit vom Gesetz zu, betrachtete sie gewissermaßen als
Christen zweiten
Grades, und hielt für die Judenchristen
die Pflicht der vollen Gesetzesbeobachtung aufrecht. Diese forderte einfach
die
Beschneidung und volle Gesetzeserfüllung der
Heiden als
Bedingung ihrer
Teilnahme am Messiasreich. Anfangs zurückgedrängt,
erneuerte die strengere Partei bald ihre Versuche, die Heidenchristen zur
Beschneidung zu zwingen und gab, wie es scheint,
in
Jerusalem
[* 2] das Signal zu einer Reaktion, deren Folge der engste Anschluß der Urgemeinde an die Bestimmungen
des jüd. Ceremonialgesetzes war.
Petrus zog sich auf Andringen des Jakobus (s. d.), des
Bruders Jesu, von den Heidenchristen zurück und stellte als
Bedingung
der wiederherzustellenden Gemeinschaft die Forderung, daß dieselben der jüd. Lebenssitte sich
fügen sollten, während
Paulus seinerseits die letzten Konsequenzen seines gesetzesfreien Evangeliums
zog und jeden Gläubigen, der sich beschneiden lasse, des christl.
Heils verlustig erklärte. Aber die Judenchristen
suchten
ihre nationalen Privilegien auch im
Christentum zu behaupten, und es gelang allmählich, nicht nur die gläubigen
Heiden an
die auf ein förmliches Dekret der
Apostel zurückgeführten Proselytengesetze
(Apostelgesch. 15, 28. fg.)
zu binden, sondern auch zahlreiche Heidengemeinden in größere oder geringere Abhängigkeit von
Jerusalem und der
Autorität
der ältern
Apostel zu bringen.
Trotzdem trat im J. selbst unter alexandrinischen Einflüssen eine Richtung hervor, die dem Paulinismus nahe verwandt war, und bei der innern Entwicklungsfähigkeit des eigentlichen J. war der Streit schon gegen Ende des 1. Jahrh. dahin entschieden, daß freilich nicht die Paulinische Theologie, aber auch nicht das jüd. Gesetz in der Christenheit sich durchsetzte, wohl aber eine dem Judentum ähnliche, gesetzliche, werkheilige Auffassung des Christentums selbst zum Siege gelangte und zum Katholicismus sich ausbildete. Über das hinter dieser Entwicklung zurückbleibende J. s. Ebioniten.