Jubeljahr
(lat. Annus jubilaei oder Jubilaeum, eigentlich Jobeljahr, vom hebr. jobel, Art Horn oder Posaune; in Luthers Übersetzung [3. Mos. 25, 8. ff.] Halljahr, Erlaßjahr), bei den Hebräern nach siebenmal sieben Sabbatjahren (s. d.) jedes 50. Jahr, welches am 10. Tag des Tischri (am Versöhnungstag) mittels Posaunen durch ganz Palästina [* 2] verkündigt ward. Während desselben mußte alle Feldarbeit ruhen, auch wurden die hebräischen Knechte ohne Unterschied frei; veräußerte Grundstücke (Häuser in ummauerten Städten und dem Heiligtum gelobte Äcker ausgenommen) kamen ohne Kaufschilling wieder an den ursprünglichen Besitzer oder seine rechtmäßigen Erben zurück, und alle Schulden wurden erlassen. Der Hauptzweck dieser Einrichtung war, die von Moses beabsichtigte Gleichheit unter den Güterbesitzern zu erhalten: das J. sollte gewissermaßen eine Wiedergeburt des ganzen Staats bewerkstelligen. Vor dem Exil scheint jedoch das J. nicht beobachtet worden zu sein, obwohl sich eine Spur desselben Jes. 61, 1. f. findet. - Das J. (Jubiläumsjahr, Ablaßjahr) in der katholischen Kirche ist eine Erfindung des Papstes Bonifacius VIII., welche der päpstlichen Kasse von Zeit zu Zeit wieder aufhelfen sollte.
Dasselbe ward 1300 zum erstenmal gefeiert und sollte sich bloß alle 100 Jahre wiederholen. Der Erfolg war jedoch so glänzend,
daß schon
Clemens VI. 1343 die Wiederkehr des Jubeljahrs
nach je 50
Jahren verordnete und
Papst
Urban VI. 1389 sogar die Jubeljahr
speriode
auf 33 Jahre herabsetzte, weil
Jesus 33 Jahre auf
Erden gelebt habe. In rascher
Folge wurden 1400, 1423 und 1450 Jubeljahre
gefeiert, bis
Papst
Paul II. 1470 unabänderlich festsetzte, daß das J. alle 25 Jahre gefeiert werden sollte.
Zugleich wurden gewisse Kirchen in verschiedenen Ländern, wie Schottland, Kastilien etc., zu Stellvertreterinnen der Peterskirche in Rom [* 3] bestimmt, und allen, welche sie besuchten, ward ebenso vollkommener Ablaß bewilligt wie denjenigen, welche 14 Tage lang ihre Andacht in der Peterskirche verrichteten. 1875 fand das 22. J. statt. Die Feier beginnt am Christabend. Der Papst läßt die bisher vermauerte heilige Pforte (Jubelpforte, goldene Pforte) des heil. Petrus unter mannigfachen Zeremonien öffnen, und Papst und Klerus ziehen in prächtiger Prozession ein. Am 24. Dez. des folgenden Jahrs werden die Pforten unter ähnlichen Zeremonien wieder vermauert.
Unabhängig von diesen Jubeljahren
bewilligten manche
Päpste auch ein J. bei ihrer Besitznahme des päpstlichen
Stuhls, wie
es z. B.
Leo XII. 1826 that. Auch
Leo XIII. veranstaltete zur ersten Jahresfeier seiner
Erhebung auf den
heiligen
Stuhl ein allgemeines
Jubiläum mit der Verheißung völliger
Sündenvergebung.
Vgl.
Paulus, Geschichtliche
Prüfung
des Jubeljahr
ablasses (Heidelb. 1825);
Nöthen, Geschichte aller Jubeljahre
der katholischen
Kirche (Regensb. 1875).