Josephus
(Josephos), Flavius, Geschichtschreiber der Juden, aus einem Priestergeschlecht, mütterlicherseits von der Familie der Hasmonäer abstammend, geb. 37 n. Chr. zu Jerusalem, [* 2] erhielt eine gelehrte Bildung und schloß sich an die Sekte der Pharisäer an. Er begab sich 63 nach Rom, [* 3] wo er sich die Gunst der Poppäa, Neros Gemahlin, zu verschaffen wußte, schloß sich nach seiner Rückkehr in sein Vaterland, nachdem er sich vergeblich bemüht hatte, den beabsichtigten Aufstand seiner Landsleute gegen die römische Oberherrschaft zu hintertreiben, den Aufständischen selbst an, ward Befehlshaber in Galiläa, geriet bei der Einnahme von Jotapata in römische Gefangenschaft, wußte sich aber bei dem römischen Feldherrn Vespasian dadurch, daß er diesem die Besteigung des Kaiserthrons prophezeite, in Gunst zu setzen, so daß er befreit wurde und später auch das römische Bürgerrecht erhielt. Er wohnte zunächst der Belagerung von Jerusalem durch Titus bei und lebte dann, bis jedenfalls nach 93, in Rom, wo er sich durch seine Gewandtheit in der Gunst der Kaiser behauptete und sich hauptsächlich mit schriftstellerischen Arbeiten beschäftigte.
Sein erstes Werk ist die Geschichte des jüdischen Kriegs, dem er selbst, zum Teil als Mithandelnder, beigewohnt hatte (»De bello judaico libri VII«, deutsch von Gfrörer, Stuttg. 1835, und von Paret, das. 1865),
die er erst in syro-chaldäischer Sprache [* 4] schrieb, dann aber (um 75) für Vespasian, Titus und die Römer [* 5] überhaupt (wie er selbst sagt, mit einiger fremden Beihilfe) ins Griechische übersetzte. Sein zweites Hauptwerk: »Die jüdischen Altertümer« (»Antiquitatum judaicarum libri XX«, deutsch von Kaulen, 2. Aufl., Köln [* 6] 1883), ist im J. 93 in griechischer Sprache verfaßt und enthält eine Geschichte des jüdischen Volkes von Erschaffung der Welt an bis zum 12. Jahr der Regierung Neros (66 n. Chr.), welche in der Absicht geschrieben ist, den Römern eine günstigere Vorstellung von dem bei ihnen so verachteten Volk der Juden beizubringen.
Außer diesen beiden größern Werken, die, obgleich ihre Glaubwürdigkeit nicht selten durch die persönliche und nationale Eitelkeit des Verfassers und durch seine Schmeichelei gegen die römischen Machthaber beeinträchtigt wird, dennoch von großem historischen Wert und Interesse sind, besitzen wir von ihm noch eine an die Geschichte des jüdischen Kriegs sich anschließende Selbstbiographie und eine zur Verteidigung seiner jüdischen Geschichte abgefaßte Schrift: »Gegen Apion« (hrsg. von Müller und Riggenbach, Basel [* 7] 1877),
in zwei Büchern, in welcher besonders die dort vorgetragene Ansicht über das hohe Alter des jüdischen Volkes aufrecht zu erhalten gesucht wird. Ob die »Lobrede auf die Makkabäer«, welche in mehreren Ausgaben der griechischen Übersetzung des Alten Testaments als 4. Buch der Makkabäer aufgenommen ist, den J. zum Verfasser hat, ist zweifelhaft; noch zweifelhafter ist dies hinsichtlich einer Schrift: »Über das Weltall«, welche bisweilen dem J. zugeschrieben wird. Gesamtausgaben seiner Werke besorgten Havercamp (Amsterd. 1726, 2 Bde.), Dindorf (1845-47, 2 Bde.), Bekker (Leipz. 1855-56, 6 Bde.) und Niese (Berl. 1886 ff.); J.' Selbstbiographie gab Henke (Braunschw. 1786) heraus.
Vgl. Bärwald, J. in Galiläa (Bresl. 1877);
Böttger, Topographisch-historisches Lexikon zu den Schriften des F. J. (Leipz. 1879);
Bloch, Die Quellen des Flavius J. in seiner Archäologie (das. 1879);