Titel
Johnson
(spr. dschonnss'n), 1) Ben, s. Jonson.
2) Samuel, ausgezeichneter engl. Gelehrter, Dichter und Kritiker, geb. zu Lichfield in Staffordshire, studierte zu Oxford, [* 2] sah sich aber durch seine Mittellosigkeit gezwungen, noch vor beendeten Studien die Stelle eines Unterlehrers an einer Freischule zu Markt-Bosworth in Leicestershire anzunehmen. Bald gab er diese Stelle auf, um sich durch litterarische Arbeiten seinen Unterhalt zu erwerben. So übersetzte er Lobos »Reise nach Abessinien« aus dem Französischen, wofür er aber nur 5 Guineen Honorar erhielt. Im J. 1735 verheiratete er sich mit einer Witwe, die ihm 800 Pfd. Sterl. zubrachte, und gründete nun in Birmingham [* 3] eine Erziehungsanstalt.
Da es ihm auch damit nicht glückte, ging er 1737 mit einem seiner Zöglinge, dem später berühmten Dav. Garrick, nach London, [* 4] um daselbst ein von ihm gedichtetes Trauerspiel: »Irene«, auf die Bühne zu bringen, was ihm aber nicht gelang. Er lieferte nun für das von Cave herausgegebene »Gentleman's Magazine« Parlamentsreden (»Debates in parliament«, neue Ausg., Lond. 1811, 2 Bde.). Mehrere Gedichte, die er während dieser Zeit geschrieben, z. B. die Satire »London« (1738),
eine Nachahmung der dritten Satire des Juvenal, in welcher er die Laster und Thorheiten der Hauptstadt mit Witz geißelte, machten ihn weitern Kreisen bekannt. Es folgten: »Die Debatten des Senats zu Liliput«, eigentlich kommentierte Auszüge aus den Reden der berühmtesten Parlamentsmitglieder der damaligen Zeit;
die meisterhafte Biographie seines Freundes, des Dichters Richard Savage (1744);
ferner das »Dictionary of the English language« (1755, 2 Bde.),
das 1758 bereits die 6. Auflage erlebte und bis jetzt allen ähnlichen Werken über die englische Sprache zur Grundlage gedient hat (neue Ausg. 1878).
Ein Seitenstück zu dem Gedicht »London« war: »The vanity of human wishes« (1749),
eine Nachbildung der zehnten Satire Juvenals. Er redigierte inzwischen auch die geistreichen Zeitschriften: »The Rambler« (1750-1752, 280 Stück) und »The Idler« (1758-60),
die ungemeinen Beifall ernteten. Erst 1762 aber entriß ihn eine von der Regierung ausgesetzte Pension von 300 Pfd. Sterl. den Nahrungssorgen, wofür er sich durch zwei Flugschriften politischen Inhalts: »The false alarm« (1770) und »Taxation no tyranny« (1775), dankbar erwies. In diese Zeit fällt auch seine Ausgabe Shakespeares (1765, 8 Bde.), die epochemachend in der Shakespeare-Litteratur und in der Geschichte der litterarhistorischen Kritik überhaupt geworden ist.
Wenngleich Johnsons
Charakteristik des Shakespeareschen
Dramas den damals herrschenden französischen Einfluß
verrät, insbesondere die auch von
Diderot geteilte
Ansicht von der moralisierenden
Tendenz des bürgerlichen
Schauspiels (des
Rührstücks), so durchbricht dieselbe doch anderseits mit vieler Kühnheit die kritischen
Anschauungen des
Zeitalters. Während
aber
J. in den Alten die
»Kunst« repräsentiert sieht, erblickt er in
Shakespeare, ähnlich wie
Milton, den Dichter der
»Natur«. Er war der
erste in
England, der es wagte,
Shakespeare wegen der Mischung des
Tragischen und
Komischen und wegen seiner
Vernachlässigung der sogen.
Einheiten des
Ortes und der Zeit zu verteidigen.
Die Frucht einer Reise nach Schottland und den Hebriden (1773) war seine »Journey to the Western Isles of Scotland« (1775),
die ihn aber wegen der darin gegen die Echtheit der Dichtungen Ossians geäußerten Zweifel in eine heftige Fehde mit Macpherson verwickelte. Bereits 70 Jahre alt, lieferte er noch die Biographien englischer Dichter (»The lives of the most eminent English poets«, Lond. 1779-81 u. öfter; zuletzt Oxford 1864-65, 3 Bde.; deutsch von Blankenburg, Altenb. 1781, 2 Bde.) für eine Sammlung der englischen Klassiker. Er starb und ward in der Westminsterabtei begraben. So bedeutend seine übrigen Leistungen sind, so wenig läßt sich dies von seinen Dichtungen sagen. J. war zu sehr Kritiker, um Dichter zu sein, und zu sehr das Kind seiner Zeit, in welcher Witz und Eleganz für das Höchste in der Poesie galten.
Daher sind seine
Verse korrekt und fließend, aber kalt, und selbst sein
Trauerspiel
»Irene« ist nur ein Werk des
Verstandes.
Erwähnenswert ist noch sein politisch-lehrhafter
Roman »History of Rasselas,
prince of Abyssinia« (1759;
deutsch unter andern von
Bärmann, Hamb. 1843, 2 Bdchn.). Ein besonderes
Interesse gewinnt J. durch seine engen Beziehungen
zu Oliver
Goldsmith, den er durch den Verkauf des
Manuskripts seines »Vicar of
Wakefield« vom Schuldarrest befreite. Johnsons
sämtliche Werke wurden herausgegeben von
Hawkins (Lond. 1787, 11 Bde.),
Murphy (das. 1792, 12 Bde.;
neue Aufl. 1876), am vollständigsten von Talboys und Pickering (Oxf.
1825, 11 Bde.). Vorzügliche
Biographien Johnsons
lieferten
Boswell (Lond. 1791, 2 Bde.; neue
Aufl. von
Croker, 1831, 5 Bde., und 1875; von
Morley, 1884, 5 Bde.) und neuerdings Stephen (das.
1879).
3) Andrew, der 17. Präsident der Vereinigten Staaten [* 5] von Nordamerika, [* 6] geb. zu Raleigh in Nordcarolina, verlor früh seine Eltern, wuchs in großer Dürftigkeit auf, erlernte das Schneiderhandwerk und ließ sich 1826 zu Greenville in Tennessee nieder. Erst von seiner Frau empfing er Unterricht im Lesen und Schreiben. Doch nahm er bald lebhaften Anteil an der Politik, zuerst als Whig, dann als Demokrat und entschiedener Anhänger Jacksons, und es gelang ihm, schon 1828 Alderman, 1830 Mayor von Greenville zu werden, worauf er seit 1835 mehrmals Abgeordneter zur Legislatur von Tennessee, von 1841 bis 1843 Mitglied des Senats war und 1843 in den Kongreß gesendet wurde, dem er bis 1853 angehörte.
Von 1853 bis 1857 war er Gouverneur von Tennessee, und 1857 ward er Mitglied des Vereinigte Staaten-Senats. Bei dem Ausbruch des Bürgerkriegs 1861 war J., obwohl bisher Anhänger der demokratischen Partei, der einzige südstaatliche Senator, welcher sich mit Entschiedenheit für die Aufrechthaltung der Union erklärte. Auch bot er, freilich vergebens, alle ihm zu Gebote stehenden Mittel auf, um den Anschluß Tennessees an die Südstaaten zu verhindern. Zum Lohn für seine Bemühungen ernannte ihn Lincoln im Frühjahr 1862 zum Brigadegeneral und Militärgouverneur von Tennessee und erwählte ihn die republikanische Partei 1864 neben dem wieder erwählten Präsidenten Lincoln zum Vizepräsidenten. Wenige Wochen nach Antritt dieses Amtes hob ihn Lincolns Ermordung ¶
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auf den Präsidentenstuhl der Union. Anfangs verfuhr er streng gegen die unterworfenen Demokraten des Südens, bald aber bekundete er durch verschiedene Amnestieerlasse für frühere Rebellen eine veränderte Politik. Gegen die wichtigsten Beschlüsse des Kongresses, wie namentlich gegen die Rekonstruktionsbill und das die volle politische Berechtigung der schwarzen Bevölkerung [* 8] aussprechende Gesetz, legte er sein Veto ein, welches freilich durch die Zweidrittelmajorität des Kongresses unwirksam gemacht wurde.
Indes ließ sich J. dadurch nicht abhalten, durch immer neue Vetos die Politik der herrschenden republikanischen Partei zu durchkreuzen. Die Konflikte zwischen ihm und dem Kongreß wurden daher stets häufiger und erbitterter, so daß J. endlich als Angeklagter vor die Schranken des Senats gestellt wurde. Doch fehlten schließlich 26. Mai an der zu seiner Verurteilung erforderlichen Zweidrittelmajorität drei Stimmen. Da er überdies der politischen Korruption, um Anhänger zu gewinnen, schamlos Vorschub leistete, so trat er, als sein Präsidium endete, seiner Popularität gänzlich verlustig sowie mit Spott und Schmähungen überschüttet, ins Privatleben zurück; erst im Januar 1875 ward er wieder von Tennessee als Senator nach Washington [* 9] geschickt. Er starb in Carter County (Tennessee) an den Folgen eines Schlagflusses. Sein System, den Süden zu versöhnen und die republikanische Partei zur Mäßigung zu zwingen, war nicht unrichtig; durch sein meist ganz verkehrtes Verfahren, das sich aus seinem rechthaberischen Charakter erklärt, hat er aber jenes erst recht kompromittiert.
Vgl. Savage, Life and state papers of Andrew J. (New York 1865);
Foster, Life and speeches of A. J. (das. 1867);
»Speeches of A. J.« (hrsg. von Moore, Bost. 1865) und Schucht, Andrew J. und die Kämpfe seiner Zeit (Leipz. 1879).
4) Edward Killingworth, engl. Aquarellmaler, geb. 1825 zu Stratford le Bow in der Nähe Londons, bildete sich ohne Lehrer zum Maler aus und kopierte nur ältere Bilder durch Zeichnungen auf Holz. [* 10] Die Aquarellmalerei begann er erst 1863, brachte es aber hierin so rasch zu bedeutenden Leistungen, daß er 1866 Genosse der Gesellschaft für Aquarellmalerei und 1876 wirkliches Mitglied derselben wurde. Nachdem er bis 1871 in London gelebt hatte, zog er sich auf sein Landgut im nördlichen Essex zurück. Unter seinen Werken, die in der Auffassung der Gestalten an Meissonier erinnern, sind zu nennen: die ängstliche Mutter (1874), die Blumisten, ein goldener Schwarm (Blumengarten), ein Blick in den Briefbeutel und das Schlafengehen.