John
811 Wörter, 5'985 Zeichen
John
John,
1) Franz, Freiherr von, österreich. General, geb. zu Bruck an der Leitha und auf der Militärakademie von Wiener-Neustadt erzogen, trat 1835 als Unterleutnant in das Infanterieregiment Erzherzog Franz Karl. 1845 als Oberleutnant zum Generalquartiermeisterstab kommandiert, machte er in Italien [* 2] unter Radetzkys Leitung die hohe Schule seiner militärischen Bildung durch und nahm 1848, eben Hauptmann geworden, an den Kämpfen in Oberitalien [* 3] einen so hervorragenden Anteil, namentlich bei Goito und Volta, daß er während eines Jahrs die Eiserne Krone, den Maria-Theresien-Orden und das Militärverdienstkreuz erwarb. 1857 wurde er Oberst und Regimentskommandeur und in den Freiherrenstand erhoben, 1859 war er Generalstabschef des 6. Armeekorps in Südtirol, und seit 1860 stand er als Generalmajor an der Spitze des Generalstabs der von Benedek befehligten italienischen Armee. Er blieb Generalstabschef der italienischen Südarmee, auch 1866 unter Erzherzog Albrecht und zeichnete sich in der Schlacht bei Custozza [* 4] (24. Juni) so aus, daß er zum Feldmarschallleutnant ernannt wurde. Er begleitete auch den Erzherzog nach dem nördlichen Kriegsschauplatz und übernahm im September provisorisch, im Oktober definitiv das Kriegsministerium. Im Mai 1867 wurde er ins Herrenhaus berufen, im Dezember d. J. Reichskriegsminister. Er führte die Heeresreform, welche auf der allgemeinen Wehrpflicht basierte, durch. Schon im Januar 1868 trat er indes ab, ward im März 1869 Landeskommandierender in Graz, [* 5] dann Feldzeugmeister und Chef des Generalstabs der Armee, als welcher er starb.
2)
Eugenie, unter dem
Namen E.
Marlitt bekannte Romanschriftste
llerin, geb. zu
Arnstadt
[* 6] in
Thüringen, Tochter eines
Kaufmanns, erregte durch ihr musikalisches
Talent und ihre schöne
Stimme die
Aufmerksamkeit der regierenden
Fürstin von
Schwarzburg-Sondershausen und wurde von derselben in ihrem 17. Jahr als Pflegetochter angenommen. Nachdem sie
eine Zeitlang die höhere Töchterschule zu
Sondershausen
[* 7] besucht, verlebte sie drei Jahre zur
Ausbildung ihres musikalischen
Talents in
Wien,
[* 8] betrat auch mit Erfolg die
Bühne, sah sich aber durch ein plötzlich auftretendes Gehörleiden
gezwungen, die theatralische Laufbahn
zu verlassen, und kam nun als Vorleserin in die Umgebung der Fürstin.
Hier am Hofe wie auf den mannigfachen Reisen, bei denen sie die Fürstin begleitete, hatte sie Gelegenheit, die Welt zu studieren und Erfahrungen zu sammeln, aus denen sich die Mannigfaltigkeit ihrer Charakterzeichnungen erklären läßt. 1863 aus ihrer Stellung scheidend, wandte sie sich wieder nach Arnstadt, wo sie noch zur Zeit lebt. Erst aus dieser letztern Zeit stammen die Erzeugnisse ihrer Muße, jene spannenden Romane und Erzählungen, welche, zuerst in der »Gartenlaube« veröffentlicht, ihren Namen rasch in allen Weltteilen bekannt und beliebt machten. Es sind: »Die zwölf Apostel« (Leipz. 1865);
»Goldelse« (das. 1866, 18. Aufl. 1885);
»Blaubart« (das. 1866);
»Das Geheimnis der alten Mamsell« (das. 1867, 2 Bde.; 12. Aufl. 1886);
»Thüringer Erzählungen« (das. 1869, 6. Aufl. 1886);
»Reichsgräfin Gisela« (das. 1869, 7. Aufl. 1885);
»Das Heideprinzeßchen« (das. 1871, 7. Aufl. 1885);
»Die zweite Frau« (das. 1873, 7. Aufl. 1885);
»Im Hause des Kommerzienrats« (das. 1877);
»Im Schillingshof« (das. 1880);
»Amtmanns Magd« (1881);
»Die Frau mit den Karfunkelsteinen« (1885, 2 Bde.).
Alle
diese Werke sind ihrer
Tendenz nach gegen soziale
Vorurteile gerichtet und entbehren nicht der Vorzüge lebendiger
Erzählung
und Schilderung, wohl aber vielfach der innern
Wahrheit. Der tendenziöse
Grundton und die
Richtung der
Schriftste
llerin auf
Spannung um jeden
Preis haben rasch eine gewisse
Manier erzeugt.
3) Richard Eduard, Kriminalist, geb. zu Marienwerder, [* 9] studierte in Leipzig, [* 10] Berlin, [* 11] Göttingen [* 12] und erwarb 1852 in Göttingen mit der Inauguralschrift »Über Landzwang und widerrechtliche Drohungen« (Götting. 1852) den juristischen Doktorgrad. Nachdem er sich 1853 in Königsberg [* 13] als Privatdozent habilitiert hatte, ward er daselbst 1856 außerordentlicher, 1859 ordentlicher Professor der Rechte. Vom Jahr 1862 bis zum Sommer 1867 Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses, gehörte er hier der Fortschrittspartei und nach Begründung der nationalliberalen Fraktion der letztern an. 1868 ging er als ordentlicher Professor nach Kiel, [* 14] 1869 nach Göttingen, 1870 aber als Rat des Oberappellationsgerichts nach Lübeck, [* 15] 1876 wieder als Professor des Kriminalrechts nach Göttingen.
Seine Schriften, welche zu den hervorragendsten kriminalistischen Arbeiten der Neuzeit zählen, sind: »Das Strafrecht in Norddeutschland zur Zeit der Rechtsbücher« (Leipz. 1858, Bd. 1);
»Die Lehre [* 16] vom fortgesetzten Verbrechen und von der Verbrechenskonkurrenz« (Berl. 1860);
»Über die Nemede der altdithmarsischen Rechtsquellen« (Königsb. 1860);
»Kritik des preußischen Gesetzentwurfs über die Verantwortlichkeit der Minister« (1. u. 2. Aufl., Leipz. 1863);
»Über Strafanstalten« (Berl. 1865);
»Kritiken strafrechtlicher Entscheidungen des preußischen Obertribunals« (das. 1866);
»Über die Todesstrafe« (das. 1867);
»Entwurf mit Motiven zu einem Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund« (das. 1868);
»Das Strafrecht in Norddeutschland, Beurteilung des Entwurfs eines Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund« (Götting. 1870);
»Über Geschwornengerichte und Schöffengerichte« (Berl. 1872).
Außer zahlreichen Abhandlungen in Fachzeitschriften lieferte er noch in v. Holtzendorffs »Encyklopädie der Rechtswissenschaft« die Darstellung des Zivil- und Strafprozesses für die 1. Auflage, des Strafprozesses für die 2. Auflage und bearbeitete in v. Holtzendorffs »Handbuch des Strafrechts« die ¶
Verbrechen gegen den Staat. In Bezolds »Gesetzgebung des Deutschen Reichs« erläuterte er die »Strafprozeßordnung für das Deutsche [* 18] Reich« (Erlang. 1881-84).