Jerusălem
(lat. und grch. Hierosolyma; hebr.
Jeruschalēm, Jeruschalājim; auf
Keilinschriften Ursalimmu, d. h. Wohnung des Friedens; arad. El-Kuds), die heilige Stadt
der
Juden,
Christen und Moslems in
Palästina,
[* 2] Hauptstadt eines Verwaltungsbezirks der türk.
Provinz
Syrien, der unmittelbar
der
Pforte in
Konstantinopel
[* 3] untersteht, liegt in 790 m Höhe am Ende der
Jaffa-Jerusalemer Eisenbahn (s. d.).
(Hierzu
Plan: Das alte und
das neue Jerusalem.
)
[* 4]
Das jetzige J. zählt (nach einer Schätzung von 1886) 33951 E., darunter 20000 Israeliten, 5500 Mohammedaner, 4600 Griechisch-Orthodoxe, 70 Griechisch-Unierte, 2200 Katholiken, 950 Evangelische sowie 450 armenische, 85 kopt., 56 abessin. und 40 syr.-jakobit. Christen. Gegenwärtig kann eine Gesamtzahl von 60000 E. (darunter 35-40000 Israeliten) angenommen werden, da die Zuwanderung von Israeliten fortdauert. Die stattliche Ringmauer, die ihre jetzige Gestalt dem Sultan Suleiman dem Prächtigen (1536-39) verdankt, steht im W., N. und O. der Stadt meist auf alten Grundlagen aus der jüd. Zeit, im S. dagegen läuft sie quer über den Rücken des Südwesthügels, der ursprünglich die Stadt J. trug (s. S. 901 b), und schließt den Südosthügel, den alten Zion, ganz aus.
Vielleicht geht dieser südl. Mauerlauf auf die Abgrenzung der Aelia Capitolina des Hadrianus zurück (s. S. 903 a.). Die Stadt hat 7 Thore, deren bekannteste das Jaffathor (arab. Bāb el-Chalil), das Damaskusthor (arab. Bāb el-Amud) und das Abd ul-Hamid-Thor sind. Seit der Beendigung des Krimkrieges 1856 ist in und bei J. viel gebaut worden. Im NW. der Stadt an der nach Jaffa führenden Straße ist eine Vorstadt mit zum Teil ansehnlichen Häusern entstanden, im SW. an der Straße nach Bethlehem seit 1873 die deutsche Kolonie der Templer.
Die Stadt selbst zerfällt in vier Quartiere, das Christenquartier im NW., das mohammed. Quartier im NO., das Judenquartier im SO. und das armenische Quartier im SW. Die Straßen sind eng, schlecht gepflastert und zum Teil überwölbt, nur die Christenstraße neben dem großen griech. Kloster und die 1889 neu angelegte Deutsche [* 5] Straße neben dem der preuß. Krone gehörigen Teile des Muristan (s. unten) zeichnen sich vorteilhaft aus. In den letzten Jahren ist jedoch eine bedeutende Verbesserung der Straßenpflasterung zu verzeichnen.
Die Häuser sind massive Steinbauten mit platten Dächern, die am Rande mit niedrigen Schutzmauern gegen Einblicke der Nachbarn versehen sind und nach der Mitte ein oder mehrere Kuppelgewölbe zeigen. Fromme Stiftungen, Klöster und kirchliche Gebäude nehmen mehr als den vierten Teil des ummauerten Stadtgebietes ein. Die Perle von J. ist der Haram esch-Scherif, «das vornehme Heiligtum», im O. der Stadt. Diese im N. von hohen Gebäuden, im W., S. und O. von hohen Mauren ^[korrekt: Mauern] umschlossene Fläche (1552 m) entspricht dem alten Tempelplatz und trägt auf einer erhöhten Plattform in der Mitte den vom Chalifen Abdulmelik (685-705) mit Hilfe christl. Architekten aufgeführten Prachtbau des Felsendoms (arab. Kubbet es-Sachra), den man früher fälschlich Omarmoschee nannte. Zwei Umgänge in Form eines Achtecks umschließen den innern Rundbau, der als eine Kuppel von 30 m Höhe und 20 m Durchmesser ¶
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den heiligen «Felsen» (es-Sachra) überwölbt. Dieser ist eine um etwa 1-2 m aus dem Boden des Baues hervorragende, 17,7 m lange und 13,5 m breite, ziemlich unebene Felsplatte, an die sich eine große Anzahl heiliger Sagen knüpft. Das Innere des Gebäudes zieren prächtige Glasmosaiken, das Äußere schöne Fayence- und Marmorplatten. Aus dem Alten Testament ist er nicht bekannt, sondern erst aus der jüd. Tradition (Targum und Talmud); es ist daher ungewiß, auf welche Stelle des jüd. Tempels man ihn beziehen soll, ob auf den Brandopferaltar oder auf die Stätte der Bundeslade. Am Südrande des Haram esch-Scherif erhebt sich die Moschee el-Aksa, d. h. der entfernteste Betort (von Mekka-Medina aus gerechnet, als die Araber Damaskus noch nicht besaßen), ein siebenschiffiger Hallenbau, ebenfalls von Abdulmelik erbaut.
Unter den arab. Bauten sind noch der Gerichtshof, el-Mehkeme, an der westl. Außenseite des Haram, aus der Türkenzeit das Armenhaus (et-Tekje) zu erwähnen, von den Christen gewöhnlich Helenaspital genannt. Über das Grab Christi und die Auferstehungskirche s. Heiliges Grab. Die Via dolorosa, «der Schmerzensweg» (Christi),
beginnt in der türk. Kaserne an der Nordwestecke des Haram esch-Scherif, die an Stelle der Antonia des Herodes (s. S. 902 b) sich erhebt und fälschlich für das «Richthaus» oder das Prätorium (s. S. 902 b) gehalten wird, und zählt bis zum Heiligen Grabe 14 Stationen. Die St. Annakirche nördlich vom Haram esch-Scherif, 1856 vom Sultan Abd ul-Medschid an Napoleon III. geschenkt und von den Franzosen erneuert, ist als wohlerhaltenes Bauwerk aus der Kreuzfahrerzeit bemerkenswert.
Die drei christl. Hauptkonfessionen in J., die griechisch-orthodoxe, die armenische und die römisch-katholische, haben große Klöster, Patriarchate, Hospitäler und Hospize. Die Russen haben von 1860 bis 1864 stattliche Bauten (Kathedrale, Konsulat, Hospital, Hospiz) an der Jaffastraße aufgeführt, und seitdem sind entstanden ein Aussichtsturm auf dem Ölberge, eine neue Kirche bei Gethsemane, ein Hospiz für Reisende besserer Stände in der Stadt gegenüber dem Muristan und ein anderes außerhalb der Stadt gegenüber der deutschen evang. Schule.
Die Casa-Nova der Franziskaner, das österr. Hospiz und das vom Verein der Katholiken Deutschlands [* 7] neu erbaute große deutsche kath. Hospiz (mit Kapelle und Schule), das deutsche Johanniterhospiz werden viel von Fremden benutzt. Die prot. Kirche ist vertreten durch drei Gemeinden, durch die deutsche mit einem Pastor und einem Hilfsgeistlichen, durch die anglikanische mit einem Bischof und einem Geistlichen und durch die arabische mit engl. Geistlichen und arab. Hilfsgeistlichen. An prot.
Anstalten verdienen in erster Linie genannt zu werden: Talithakumi, ein Erziehungshaus für Mädchen (Kaiserswerth) und das syr. Waisenhaus für Knaben (1860 von Schneller begründet);
ein deutsches (Kaiserswerth) Hospital, ein engl. Hospital für Israeliten, das Aussätzigenhaus Jesuhilf (Brüdergemeine) und das Kinderhospital (Marienstift) des Dr. Sandreczki. Am wurde unter der Protektion des Deutschen Kaisers der Grundstein zu einer deutschen evang. Kirche gelegt.
Reste aus den alten Zeiten J.s liegen in großer Anzahl nicht zu Tage. Starke Schuttlagen von 20 bis 30 m Tiefe verdecken am Kidron- und Tyropöonthal die Grundlagen der alten Bauten. Ausgrabungen sind bereits von dem English Palestine Exploration Fund und von dem Deutschen Verein zur Erforschung Palästinas unternommen worden; sie sind jedoch wegen des schweren Steinschutts sehr mühsam und können in umfassender und gründlicher Weise nur außerhalb des jetzigen Stadtgebietes ausgeführt werden.
Die berühmten Ringmauern des Haram esch-Scherif rühren in ihren untern Lagen in der Hauptsache vom Bau des Herodes her, so z. B. das durch die wöchentliche Klage der Juden über den Fall J.s bekannt gewordene Stück unweit der Südwestecke (Klagemauer) und das sog. Doppelthor mit dem unterirdischen Aufgang zum Haram unter der Aksamoschee. Die Wasserleitung, [* 8] die in die Stadt und zum Haram aus der Gegend südlich von Bethlehem noch jetzt Wasser bringen könnte, wenn sie von den Einwohnern Bethlehems nicht immer zerstört würde, um das Wasser in Bethlehem zu behalten, geht auf ein hohes Altertum, zum Teil vielleicht auf die Zeiten Salomos zurück.
Das Goldene Thor in der östl. Harammauer (vermauert) pflegt als ein Bauwerk Justinians angesehen zu werden. Die jetzige Citadelle (el-Kala) bezeichnet den nördlichsten Teil des Herodespalastes; zwei ihrer Türme ruhen auf den alten Grundlagen des Hippikus und Phasael («Davidsturm»). Mehrere Stellen des alten Mauerlaufs sind wieder gefunden worden. Eine große Anzahl von geräumigen Cisternen (auf dem Haram allein 35) und Teichen sind wegen der Wasserarmut der Stadt (s. Gihon) schon im Altertum in den Felsboden gehauen worden. Clermont-Ganneau fand 1870 eine der von Josephus erwähnten Tafeln, die in zweisprachiger Inschrift die Nichtjuden vor dem Betreten des äußern Tempelvorhofes warnten. Die 1880 zufällig entdeckte Siloahinschrift berichtet über die Herstellung des in Felsen gehauenen Siloahkanals (s. Siloah).
Die Geschichte J.s reicht ins hohe Altertum hinauf. Briefe eines Königs von Ursalimmu (Urusalim, d. i.
Jerusalem
) an Amenophis III. von Ägypten
[* 9] (14. bis 15. Jahrh. v. Chr.), unter den Tafeln von El-Amarna (s. d.), bieten, soviel
bisher bekannt, die ältesten Nachrichten über J., das danach Sitz eines Königs unter ägypt.
Schutze war. In das Licht
[* 10] der Geschichte tritt aber J. auf die Dauer erst seit der Eroberung durch David
im 11. Jahrh. v. Chr. Das Gebiet der Jebusiter, dessen Hauptstadt J. damals war, trennte die nördl. Stämme Israels vom Stamme
Juda. Seine Unterwerfung ermöglichte sodann die Vereinigung beider Teile, wie sie durch das Volkskönigtum Davids beabsichtigt
und für die Dauer einiger Generationen auch erreicht wurde.
Die Lage der ältesten Stadt unterscheidet sich von der heutigen so, daß sich jene, wenn auch auf denselben Höhen im O. der Wasserscheide zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer, doch weiter südlich erhob und einen viel geringern Raum einnahm. Sie bestand aus zwei Teilen, der eigentlichen, wohl offenen Stadt J. und der Bergfeste Zion (s. d.). Jene lag auf einem 768 m hohen ziemlich breiten Rücken, der durch einen schmalen Sattel im NO. mit dem Plateau der Wasserscheide zusammenhängt, auf allen andern Seiten aber durch Thäler abgeschlossen ist: im W. und S. durch das Hinnomthal, im O. durch das jetzt stark verschüttete Tyropöonthal, im N. durch ein Seitenthal des letztern. Die Zionsfeste lag, entgegen der heute noch in weiten Kreisen verbreiteten Annahme, östlich der Stadt gegenüber, auf einer niedrigern und ¶
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schmalern Höhe (jetzt 690 m), die im W. und SW. durch das Tyropöonthal, im SO. und O. durch das Kidronthal und im N. wahrscheinlich ebenfalls durch eine (jetzt verschüttete) Schlucht abgeschnitten, also schwer zugänglich war, und beherrschte ferner die einzige immer fließende Quelle [* 12] J.s, den Gihon (s. d.), an ihrem Fuß im Kidronthal, aus beiden Gründen zu einer Zwingburg für die Umgegend vortrefflich geeignet. David machte die Zionsburg unter dem Namen Davidsstadt zu seiner Residenz.
Die Befestigung sowohl dieser als der Stadt J. vollendete Salomo und fügte auf der Ostseite eine dritte Höhe nördlich von der Davidsstadt hinzu, indem er dort die königl. Staats- und Wohngebäude nebst dem Tempel [* 13] Jahwes erbaute. Diese dritte Höhe (jetzt 744 m) wird bei den Propheten und in den Psalmen vermöge einer Erweiterung des Sprachgebrauchs auch Zion genannt. Die Anbauten im N. der alten Salomonischen Mauer, der einzigen Seite, nach der eine Vergrößerung der Stadt möglich war, umschloß Hiskias mit einer neuen, der sog. zweiten Mauer.
Die Bewahrung J.s vor der Eroberung durch den assyr. König Sanherib (701 v. Chr.), der durch eine Abteilung seines Heers die Stadt eine Zeit lang beobachten (wohl nicht belagern) ließ, hob ihr Ansehen als heilige, den Heiden unzugängliche Wohnung Jahwes bedeutend und trug mit dazu bei, daß der Tempel in J. durch die Kultusreform des Josia (s. d.) zu dem einzigen rechtmäßigen Heiligtum Jahwes im Reich Juda bestimmt wurde. Doch schon 597 v. Chr. mußte J. dem König Nebukadnezar von Babel seine Thore öffnen und seinen König Jojachin mit den angesehensten Bewohnern
in die Gefangenschaft nach Babel wandern sehen. Die Belagerung wiederholte sich 588 und endete nach 1 ½ Jahren 586 mit der Zerstörung. Durch zwei größere aus Babel heimkehrende Züge, etwa 120000 Seelen im J. 537 und etwa 1600 Männer im J. 458, wurde die Stadt neu besiedelt. Von 520 bis 516 wurde durch Serubabel, einen Nachkommen Davids, der Tempel wiederhergestellt. In seiner Nähe ließen sich Priester und andere Beamte des Heiligtums nieder; die mit dem Salomonischen Tempel verbunden gewesenen königl. Staats- und Wohngebäude wurden jedoch nicht erneuert.
Erst dem Mundschenken des Königs Artaxerxes Langhand (464-424), Nehemia mit Namen, gelang es 444 v. Chr., die Ringmauer der bis dahin zum Teil offenen Stadt neu zu bauen. Ihr Lauf entsprach der zweiten Mauer des Hiskias (s. oben) und der übrigen Ringmauer im W., S. und O. der Stadt. Zum Schutze des Tempels war nördlich davon neben der Stadtmauer die «Bira (Burg) am Tempel» (Nehem. 2, 8) gebaut worden. Wenn auch mit dieser neuen Befestigung J.s ein wichtiger Schritt zur Sicherung und Hebung [* 14] der Stadt geschehen war, so konnte doch von einem neuen Aufblühen keine Rede sein.
Von den weitern Schicksalen der Stadt unter der pers. (538-330) und griech. Oberhoheit ist fast nichts bekannt. Der Besuch J.s durch Alexander d. Gr. 332 ist nicht unmöglich, aber jedenfalls von Josephus (Jüd. Altertümer XI, 8, 5) kräftig ausgeschmückt. Nachdem J. im mehrfachen Wechsel bald den ptolemäischen Königen von Ägypten, bald den seleucidischen Herrschern von Syrien unterthan gewesen war, kam es 198 v. Chr. dauernd unter die Herrschaft der letztern, gegen die es im 2. Jahrh. v. Chr. unter der Führung der Makkabäer oder Hasmonäer den großartigen Kampf zur Abwehr der Hellenisierungsversuche bestand. 170 und 168 erschien Antiochus IV. Epiphanes in J., suchte durch blutige Grausamkeit jeden Widerstand einzuschüchtern, ließ die Mauern niederreißen, den großen Brandopferaltar vor dem Tempel in einen heidn.
Altar [* 15] umwandeln und dort dem olympischen Zeus [* 16] opfern («Greuel der Verwüstung», Dan. 11, 31;. 12, 11; richtig der «entsetzliche Greuel») und die alte Davidsstadt (s. oben) zu einer starken Burg umbauen, deren syr. Besatzung seine Macht über J. für alle Fälle sichern sollte. Aber schon 165 ergriff Judas Makkabi wieder Besitz von J., reinigte den Tempel vom Götzendienst und befestigte den Tempelberg. Nach mehrfachem Wechsel des Kriegsglücks gelang es erst Simon Makkabi, 142 v. Chr. die Burg der Syrer zu erobern und damit Herr der ganzen Stadt zu werden.
Über die Lage dieser Burg, Akra genannt, ist viel gestritten worden. Nach 1 Makk. 1, 33;. 2, 31 u. a. war sie an Stelle der alten Davidsstadt erbaut, lag also südlich vom Tempel auf dem alten Zion (s. d.). Dafür spricht auch der Umstand, daß Josephus den Stadtteil Akra, der offenbar nach der später wahrscheinlich abgetragenen Burg Akra benannt war, zwischen dem Tempelplatz und der Quelle Siloah (s. d.) gelegen sein läßt. Johannes Hyrkanus I. baute die Burg Bira (s. oben) oder Baris zu seiner Wohnung aus; auch gab es einen Palast der Makkabäer in der Oberstadt.
Pompejus mischte sich 63 v. Chr. in den Streit der makkabäischen Brüder Hyrkanus II. und Aristobul II. und leitete durch Eroberung des Tempelberges die röm. Oberherrschaft über J. ein. Durch Herodes d. Gr. gelangte J. zu neuer Blüte. [* 17] Vom röm. Senat zum König von Judäa erklärt, eroberte er mit Hilfe eines röm. Heers J., das er namentlich 25-13 v. Chr. durch großartige Bauten verschönerte. Schon zur Zeit des Antonius hatte er die Burg nördlich vom Tempel umgebaut und Antonia genannt.
Ein Theater [* 18] und Amphitheater, vielleicht auch ein Hippodrom, zierten die Stadt, die damals in die Oberstadt (Südwesthügel, das alte J.), Unterstadt oder Akra (Südosthügel, einst Zion oder Davidsstadt), den Tempelplatz und in die Vorstadt westlich vom Tempel und nördlich von der Oberstadt zerfiel. An der Nordwestecke der Oberstadt baute Herodes einen prächtigen Palast, dessen Ringmauern und Türme (Hippikus, Phasael und Mariamme) zum Teil mit der Stadtmauer zusammenfielen. Zu besonderm Glanze erneuerte er den Tempel, dessen Bezirk auf 6 Stadien (= 1100 m) erweitert und durch mehrere Brücken [* 19] mit den westl. Stadtteilen verbunden wurde. Der Umbau begann 20-19 v. Chr., wurde jedoch erst 62-64 n. Chr. vollendet. Nach der Zeit des Archelaus (4 vor bis 6 n. Chr.) entstand im N. der bisherigen Stadt ein neuer Stadtteil, die Neustadt [* 20] mit dem Bezeta-(Bethzetha-)Hügel, den der König Agrippa I. (41-44 n. Chr.) mit einer neuen, der «Dritten» Mauer J.s zu umschließen begann, die jedoch erst zu Beginn des jüd. Aufstandes 66 n. Chr. vollendet wurde.
Das Zeitalter der Herodäer umfaßt die größte Blüte der Stadt, die nach einigen Angaben des Josephus damals vielleicht mehr als 200000 E. gehabt hat, bei einem Umfang von 33 Stadien = 6,3 km. Zu den aus dem Leben Jesu, der diese Stadt sah, bekannten Örtlichkeiten in oder bei J. sei Folgendes bemerkt: Das «Richthaus» (Joh. 18, 28). oder das Prätorium war die Wohnung der röm. Landpfleger in J., nämlich der ehemalige Palast ¶