Jensen,
1) Adolf, Komponist, geb. 12. Jan. 1837 zu Königsberg i. Pr., erhielt seine musikalische Ausbildung durch L. Ehlert und Fr. Marpurg und machte unter Leitung derselben so gute Fortschritte, daß er bereits nach zweijährigem Studium mit Kompositionen verschiedener Gattung erfolgreich in die Öffentlichkeit treten konnte. Die Sorge um seine Existenz führte ihn 1856 nach Rußland, von wo er jedoch schon nach Jahresfrist zurückkehrte, um die Kapellmeisterstelle am Theater in Posen anzunehmen. 1858 begab er sich nach Kopenhagen, wo er während eines zweijährigen Verkehrs mit Niels Gade zu voller künstlerischer Reife gelangte, und ließ sich dann als Lehrer in seiner Vaterstadt nieder. Als solcher wirkte er hier mit bestem Erfolg, bis er 1866 nach Berlin übersiedelte und als Kompositionslehrer in Tausigs Klavierschule eintrat. Aber auch diese Stelle mußte er 1868 aufgeben, da sich ein Brustleiden bei ihm ankündigte, welches ihn leider nicht wieder verlassen sollte. Von nun an lebte er, in erster Reihe durch die Rücksicht auf seine Gesundheit bestimmt, abwechselnd in Dresden, Graz und zuletzt in Baden-Baden, wo er 23. Jan. 1879 starb. J., dessen schöpferische Thätigkeit auch während der Jahre körperlichen Leidens nicht erlahmte, hat sich namentlich durch seine Lieder ein bleibendes Denkmal gesetzt; viele derselben, wie z. B. der Cyklus »Dolorosa« und Scheffels »Gaudeamus«, gehören zu dem Bedeutendsten, was nach Schumann in dieser Gattung produziert worden ist. Kaum weniger wertvoll sind seine Klavierkompositionen, von denen unter andern der Cyklus »Eroticon« eine weite Verbreitung gefunden hat. Vgl. »Aus Jensens Briefen« (Berl. 1879). -
Sein Bruder Gustav J., geb. 25. Dez. 1843, Violinist, erhielt seine Ausbildung an der königlichen Hochschule für Musik zu Berlin und wirkt seit 1872 als Kompositionslehrer am Konservatorium in Köln.
2) Wilhelm, Dichter und Erzähler, geb. 15. Febr. 1837 zu Heiligenhafen im nordöstlichen Holstein, Sohn eines Landvogts auf Sylt, besuchte die Universitäten Kiel, Würzburg und Breslau, um Medizin zu studieren, beschäftigte sich aber frühzeitig vorzugsweise mit Litteratur, der er sich nach seiner Rückkehr nach Kiel auch ganz widmete. Auf Geibels Veranlassung hielt er sich ein Jahr lang in München auf, machte dann eine Reise nach Ägypten und übernahm nach seiner Rückkehr erst die Redaktion der »Schwäbischen Volkszeitung« in Stuttgart, dann (1869) die der Flensburger »Norddeutschen Zeitung«, von der er sich 1872 zurückzog, um in Kiel und später in Freiburg i. Br. ganz seinem litterarischen Schaffen zu leben. J., einer der beliebtesten Erzähler der Gegenwart, trat zuerst mit einem Buch: »Deutsches Land und Volk zu beiden Seiten des Ozeans« (Stuttg. 1867), und mit einzelnen Novellen, in denen der Einfluß seines Landsmanns Theod. Storm unverkennbar war, in die Litteratur. Von den darauf folgenden Arbeiten dieser Gattung sind besonders nennenswert die Novellen: »Magister Timotheus« (Schlesw. 1866), »Novellen« (Berl. 1868), »Die braune Erika« (das. 1868, 4. Aufl. 1885), »Unter heißerer Sonne« (Braunschweig 1869), »Der Gesell des Meisters Matthias« (Flensb. 1870); die Romane: »Minatka« (Braunschw. 1871, 2 Bde.), »Eddystone« (Berl. 1872), »Sonne und Schatten« (das. 1873, 2 Bde.), »Die Namenlosen« (Schwer. 1873, 3 Bde.), »Drei Sonnen« (das. 1873, 3 Bde.), »Nach hundert Jahren« (das. 1873, 4 Bde.), »Nymphäa« (Stuttg. 1874 u. ö.), »Barthenia« (Berl. 1877, 3 Bde.); die Novellen »Aus dem 16. Jahrhundert« (Bielef. 1877); die Romane: »Flut und Ebbe« (Mitau 1877), »Nirwana. Drei Bücher aus der Geschichte Frankreichs« (Bresl. 1877, 4 Bde.) und »Um den Kaiserstuhl«, Roman aus dem Dreißigjährigen Krieg (Berl. 1878); »Karin von Schweden«, Novelle (das. 1878); »Das Pfarrhaus von Ellernbrook«, Roman (Stuttg. 1879, 2 Bde.); »Nach Sonnenuntergang«, Roman (das. 1879); »Frühlingsstürme«, neue Novellen (Leipz. 1880); die Romane: »Vom römischen Reich deutscher Nation« (Berl. 1882, 3 Bde.), »Versunkene Welten« (Bresl. 1882, 2 Bde.), »Über den Wolken« (Leipz. 1882), »Der Teufel in Schiltach« (Berl. 1883), »Metamorphosen« (Bresl. 1883), »Vom alten Stamm« (Berl. 1884, 3 Bde.), »Die Pfeifer von Dusenbach« (Leipz. 1884), »Das Tagebuch aus Grönland« (Berl. 1885, 3 Bde.), »Am Ausgang des Reichs« (Leipz. 1885, 2 Bde.), »Götz und Gisela« (Berl. 1886), »In der Fremde« (Leipz.
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1886); die spätern Novellensammlungen: »Aus stiller Zeit« (Berl. 1881-85, 4 Bde.), »Aus den Tagen der Hansa« (Freiburg 1885, 3 Bde.) u. a. Jensens Talent, das sich am klarsten und kräftigsten in den Romanen: »Eddystone«, »Unter heißerer Sonne« und »Minatka« ausspricht, ist durch lebhafte und bewegliche Phantasie, große Schilderungskraft und lebendiges Kolorit ausgezeichnet. Namentlich ist er ein Meister stimmungsvoller Beleuchtung, doch zeigt seine Darstellung nicht selten einen gewissen Zug zum Manierierten und Forcierten. Seine Dramen: »Dido« (Berl. 1870), »Juana von Kastilien« (das. 1872), »In Wettolsheim« (Freiburg 1884) und »Der Kampf fürs Reich« (das. 1884) ermangeln im ganzen des knappen dramatischen Zuschnitts; bedeutend dagegen sind seine epischen Dichtungen: »Die Insel« (Berl. 1874), der graziöse, märchenduftende »Holzwegtraum« (Stuttg. 1879) und namentlich die lyrischen Leistungen des Dichters, wie die »Gedichte« (das. 1869; neue Ausg., Berl. 1872), »Lieder aus Frankreich« (das. 1871, 2. Aufl. 1873), der prächtige Terzinencyklus »Um meines Lebenstages Mittag« (das. 1876) und die »Stimmen des Lebens« (Dresd. 1881).
3) Jens Arnold Diedrich, dän. Marineoffizier und Reisender, geb. 24. Juli 1849 zu Flensburg, untersuchte 1877 mit Steenstrup und 1878 mit Kornerup und Groth von Godthaab und Frederikshaab aus das Innere von Grönland und drang dort ca. 8 km weiter vor, als 1870 Nordenskjöld gekommen war, der nur etwa 60 km zurückgelegt hatte. Es gelang ihm auch, mehrere hohe Berge zu besteigen; doch erblickte man, soweit das Auge reichte, nur Eis und Schnee. Auch 1879 setzte J. mit Kornerup und Hammer seine Forschungen fort.