das frühere regelmäßige türkische
Fußvolk, wurde 1328 vom
SultanUrchan, nachdem man vergeblich versucht hatte, eine rein türkische besoldete
Truppe (Jaja oder Piade,
»Fußvolk«) zu bilden,
aus kriegsgefangenen, später aus gewaltsam ausgehobenen (je das fünfte) Christenkindern errichtet. Die
Kinder,
Adschem Oglan (»unerfahrene
Knaben«) genannt, wurden türkischen Landleuten zur
Erziehung im
Islam übergeben und von
Jugend auf an
Strapazen wie auch an Blutvergießen gewöhnt.
Von Privilegien, welche diese
Truppe genoß, angelockt, traten auch viele junge
Türken und selbst
Christen in das
Korps, so
daß dieses oft über 100,000 Mann zählte. Die J. sind in eigentliche oder regelmäßige J. (40,000
Mann stark und aus der Schatzkammer des
Sultans besoldet) und in eine aus ansässigen Leuten bestehende, zwar unbesoldete,
aber von manchen
Abgaben befreite
Miliz einzuteilen. Viele Bewohner von
Konstantinopel,
[* 3] auch der
Sultan selbst, waren als
Ehrenmitglieder
in die
Listen der J. eingeschrieben.
Jede
Orta (Abteilung) der regelmäßigen J. hatte ihre eigne Oda
(Kaserne,
Kammer) und außer dem gemeinschaftlichen obersten
Befehlshaber
(Aga) einen Unterbefehlshaber (Ortabaschi) und einen
Hauptmann (Tschorbaschi). Dasselbe war auch bei den J. der
Miliz der
Fall. Der Benennung nach zerfielen die J. in drei verschiedene
Korps, nämlich 62
Orta Bülük
(Rotten), 33
Orta Segban (»Hundewärter«),
aus älterer Zeit nach ihren Jagdobliegenheiten so genannt, und 101 Dschemaat oder
gewöhnliches
Fußvolk. Der
Oberste der Segban war zugleich bis auf
SelimsZeiten der Oberbefehlshaber sämtlicher J.
Selim ersetzte
denselben durch einen
Aga nach eigner
Wahl, der Jenitscheri Agasi und dessen Stellvertreter
Kol Kiajasi
(»Korpssachwalter«) genannt wurde. Diese zusammen mit noch fünf
Generalleutnants bildeten gleichsam den
Stab
[* 4] der J. und hatten
ihren Sitz zu
Konstantinopel.
Selim III. gab auch den vier ersten
Offizieren jedes
Regiments besondere, der
Küche entlehnte
Namen, auf welche die äußern
Abzeichen hinwiesen. So z. B. trug der Oberst im
Dienst einen großen Schöpflöffel. Besonders aber stand
der
Kessel (kazoni scherif, der »heilige
Kessel«) in hohem Ansehen, bei ihm schwur der Neuangeworbene; ihn zu verlieren, galt
als Schimpf, ihn aufstellen als
Signal der Versammlung, ihn umkehren als Zeichen des ausgebrochenen
Aufruhrs.
Die J. griffen den Feind kühn, aber ohne
Ordnung und
Plan mit dem Geschrei
Allah an, gewöhnlich dreimal hintereinander nach
Vorschrift des
Korans, am
Pruth 1711 sogar siebenmal; wandten sie sich aber zur
Flucht, so
riß die größte
Unordnung unter ihnen ein. Der
Sold richtete sich nach der
Dienstzeit und stieg von 3 bis zu 40
Asper. Erst seit dem Karlowitzer
Frieden war den J. erlaubt, zu heiraten und ein
Gewerbe zu treiben. Dadurch aber, daß die J. einen von
den übrigen Bewohnern des türkischen
Reichs abgesonderten
Stand bildeten, erzeugte sich unter ihnen bald der anmaßende
Geist
der alten
Prätorianer, so daß sie selbst den
Sultanen gefährlich wurden und diese ihre Macht zu beschränken versuchten.
Ein solcher
Versuch kostete z. B.
Selim III. das
Leben.
Endlich gelang es (1826)
Mahmud II., sie ganz zu vernichten,
nachdem er vorher 40,000 Mann andrer
Truppen, davon 20,000 in
Konstantinopel, nach europäischer Art errichtet hatte; im Mai 1826 erließ
er den Befehl, daß die J., zunächst 50 Mann von jeder
Orta, in die neuen
Truppen einzutreten hätten. Als sich 20,000 J. dessen
weigerten, dasHaus ihres
Agas stürmten und selbst gegen das
Serail vorrückten, ließ der
Sultan die
FahneMohammeds, welche alle
Bekenner des
Islam zu den
Waffen
[* 7] ruft, aufstecken, griff mit
AgaHusseinPascha und allen treu gebliebenen
Truppen die
Rebellen an, warf sie in ihre
Kasernen zurück, verbrannte diese samt 8000 J., die sich in denselben
verschanzt hatten, und zersprengte oder vernichtete die übrigen. Eine Bekanntmachung des
Mufti vom erklärte nun
die Einrichtung der J. für aufgehoben und belegte ihren
Namen mit
Fluch. Zahllose
Hinrichtungen folgten. Man rechnet die Zahl
der gefallenen J. auf 15,000, die der verbannten auf mehr als 20,000. An die
Stelle der J. traten die
nach europäischer Art organisierten
Nizams (»reguläre
Truppen«).
(türk. jeni tscheri, d.i. neue Miliz), die türk. Miliz, die 1329 von dem osman. Sultan Orchan aus jungen,
zum Übertritt zum Islam gezwungenen christl. Gefangenen errichtet, von SultanMurad I. um 1360 vollständig
organisiert, mit verschiedenen Vorrechten ausgestattet und bis auf die Zahl von 12000 Mann gebracht wurde. Murad verordnete,
daß sich die Truppe aus gefangenen Christen oder der jungen Mannschaft eben unterworfener Christen rekrutieren solle.
Die anerkannten Rajahvölker hatten alle fünf Jahre die Knabenlese (Dewschirmeh) über sich ergehen
zu lassen, durch welche die kräftigsten Knaben für das Korps eingezogen wurden, um zunächst als Adschem Oghlan (Rekruten)
herangebildet zu werden. Das Charakteristische des Anzugs der J. war die hohe Mütze aus weißem Filz mit auf den Nacken hinab
reichender Falbel. In einer Zeit, die noch keine Berufsheere kannte, hatte also damit die Türkei
[* 8] ihre
stehende uniformierte Truppe voraus. Die Vorrechte, deren sich die J. erfreuten, veranlaßten auch viele junge Türken in das
Korps einzutreten. Darum
¶
mehr
851 nahm man späterhin keine Kriegsgefangenen mehr dazu, und gegen Ende des 17. Jahrh. hörte
auch der Zehnte der Christenkinder auf. Überdies gab man einer Menge Moslems aller Klassen, ja selbst Christen die Erlaubnis,
sich gegen Erlegung von Geld in die Musterrolle des Korps einschreiben zu lassen, wofür sie zwar keinen
Sold, aber mancherlei sonstigen Vorteil, z. B. Steuerfreiheit, erblich erhielten, ansässig sein und bürgerliche Gewerbe betreiben
durften und nur im Falle des Krieges zu Kriegsdiensten verpflichtet waren. So gab es zwei Arten von J., die regelmäßig organisierten,
die in Kasernen in Konstantinopel und einigen andern Städten untergebracht waren und deren Anzahl unter
SultanSuleiman II. 40000, in ihrer Blütezeit wohl 100000, zuletzt aber wohl nur 25000 betragen hat, und die unregelmäßigen,
Jamaks genannt, die durch alle Städte des Reichs in einer Anzahl von gegen 400000 zerstreut lebten.
Jene waren in Ortas, d. i. Horden, eingeteilt, von denen jede ihre besondere Oda, d. i. Kaserne, hatte; ihre
Zahl stieg von 80 später bis auf 196 und sie unterschieden sich sowohl in Bezug auf Vorrechte wie auf Mannschaft und Abzeichen
mannigfaltig. Nr. 11 hatte den ersten Rang, zur 61. Orta gehörte der Sultan, die 65. war von Murad II. aufgelöst worden,
weil ein Glied
[* 10] derselben bei der Entthronung Hand
[* 11] an Osman II. gelegt hatte; die 1. bis 62. Orta wurden
unter dem NamenBuluk zusammengefaßt und besetzten die Hauptstadt und einige Grenzplätze.
An der Spitze sämtlicher Ortas stand der Aga, dem der Kiaja-Beg oder Unterbefehlshaber zugeteilt war. Die Macht des Aga war
fast unbegrenzt und fand nur in der Furcht vor einem Aufstande eine Schranke;
er hatte Gewalt über Leben und Tod, und alle
Beförderungen hingen von ihm ab.
Die A. waren gut bewaffnet und das bestausgebildete Fußvolk Europas;
sie wurden gut verpflegt
und reichlich besoldet. In Friedenszeiten verrichteten sie Polizeidienst und waren nur mit einem langen
Stabe versehen;
im Kriege aber führten sie eine lange schwere Flinte, einen kurzen Säbel, ein Messer und ein Pistol im Gürtel.
Sie dienten nur zu Fuß und bildeten die Kerntruppe des türk. Heers. Aus den J. wurden auch die Leibwachen des Sultans genommen.
Mehrere Ortas waren für die wichtigsten Festungen oder die Flotte bestimmt. Anfänglich standen die
J. unter strenger Mannszucht. Als aber die osman. Herrscher zu Serailfürsten herabsanken, wurden die J. zuchtlos, faul, unkriegerisch
und politisch unzuverlässig. Ihre Geschichte verzeichnet glänzende Kriegsthaten; die Eroberung Konstantinopels (1453) verdankte
Mohammed II. vor allem ihnen.
Aber auch eine Menge Empörungen, Ermordungen von Sultanen, Wesiren, Agas und zügellose Greuel aller Art
verschuldeten sie. Mehrere Sultane versuchten vergeblich unter den J. die alte Ordnung wiederherzustellen, wobei es mehrfach
zu schrecklichen Serailrevolutionen kam. Erst dem SultanMahmud II. gelang es, sie zu vernichten. Die J. zu Konstantinopel hatten
sich nämlich im Mai 1826 zu der Errichtung von Truppen nach europ. Muster, der sog. neuen Miliz (Nizam-dschedid),
bereit erklärt, dann aber 15. Juni sich dagegen empört und die Köpfe der vornehmsten Staatsbeamten verlangt.
Allein ihr damaliger Führer, Hussein-Aga, schlug die Empörer mit Hilfe der dem Sultan treu gebliebenen Topdschi (Kanoniere),
Kumbaradschi (Bombardiere) und Bostandschi (Wächter der großherrlichen Gärten), die durch
die Entfaltung
der Fahne des Propheten und den vom Mufti und den Ulemas über die J. ausgesprochenen Bann fanatisiert waren, auf dem Platze
Etmeidan zurück und ließ ihre Kasernen beschießen und verbrennen. Am 17. Juni wurde das Janitscharenkorps für immer abgeschafft
und der Name J. mit einem Fluche belegt. Jede neue Erhebung wurde in Blut erstickt, sodaß die Zahl der Hingerichteten 1826 sich
auf 15000 und die der Verbannten auf mehr als 20000 belief. Die amtliche Darstellung der Janitscharenauflösung (Konstant.
1828; französisch von Caussin de Perceval, Par. 1833) hat der Historiograph Es-Seid-Mohammed-Essad Efendi
verfaßt.