Titel
Jaffé
,
1) Philipp, deutscher Geschichtsforscher, geb. zu Schwersenz in der Provinz Posen, [* 3] studierte, obwohl eigentlich für den Kaufmannsstand bestimmt, in Berlin [* 4] unter Ranke Philologie und Geschichte und veröffentlichte als erstes Resultat seiner Studien eine »Geschichte Lothars von Sachsen« [* 5] (Berl. 1843),
welcher die »Geschichte des Deutschen Reichs unter Konrad III.« (Hannov. 1845) folgte. Er trat sodann als Mitarbeiter bei den »Monumenta Germaniae historica« ein, für welche er eine große Zahl vorzüglicher Quellenausgaben geliefert hat. Da er indes von seiten des Leiters derselben, Pertz, dafür nicht die gebührende Anerkennung fand und als Jude keine Aussichten auf eine akademische Laufbahn hatte, unterbrach er 1850 seine historischen Arbeiten, um Medizin zu studieren. Nachdem er 1853 promoviert und das medizinische ¶
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Staatsexamen bestanden, kehrte er doch zu seiner frühern wissenschaftlichen Thätigkeit als Mitarbeiter an den »Monumenta« zurück und ward 1862 zum außerordentlichen Professor der historischen Hilfswissenschaften an der Universität zu Berlin ernannt. Obwohl seine Vorlesungen über Paläographie, Chronologie, Diplomatik u. dgl. große Anerkennung und viele Zuhörer fanden, erlangte er doch, auch nachdem er 1868 zum Christentum übergetreten war, nicht die erstrebte höhere wissenschaftliche Stellung, und zerfallen mit seinen frühern Freunden, in seinem Ehrgeiz bitter gekränkt, nahm er sich in Wittenberge durch einen Schuß selbst das Leben. Seine selbständigen Hauptwerke sind die »Regesta pontificum romanorum« (Berl. 1851; 2. Aufl., Leipz. 1885) und die »Bibliotheca rerum germanicarum« (Berl. 1864 bis 1872, 6 Bde.), beides Musterwerke an tief eindringender Sachkenntnis, kritischem Scharfsinn und genauester Sorgfalt.
2) Theodor Julius, Schauspieler, geb. zu Berlin, war für die juristische Laufbahn bestimmt, widmete sich aber aus Neigung der Oper. Nachdem er seine Gesangstudien in Berlin und Wien [* 7] vollendet hatte, trat er als Baritonist 1844 in Troppau, [* 8] dann in Lübeck, [* 9] Halle, [* 10] Magdeburg [* 11] und Köln [* 12] mit Erfolg in ernsten und komischen Partien auf, erkannte aber mit der Zeit, daß das rentierende Drama das eigentliche Feld für seine Begabung sei, und ging 1847 zum Schauspiel über, indem er in Bremen [* 13] das erste Charakterfach übernahm. 1849 ging J. nach Weimar, [* 14] 1853 nach Breslau, [* 15] wo er sich auch als Regisseur zu erproben Gelegenheit fand, 1856 nach Braunschweig. [* 16]
Sein Ruf war immer mehr gewachsen, so daß man ihn zum Nachfolger Dawisons in Dresden [* 17] ausersah, in dessen Stellung er 1864 eintrat. J. nimmt unter den deutschen Schauspielern eine hervorragende Stellung ein, obwohl er dem modernen Virtuosentum wie der Reklame fern steht. Seine Hauptrollen: Nathan, Richard III., Shylock, Jago, Franz Moor, Mephisto, Philipp II., Marinelli, Carlos, Thorane, Narziß, Tartüff, Onkel Moses etc., haben auch bei seinen zahlreichen Gastspielen ungeteilte Anerkennung gefunden.