Isomorphismus
oder Isomorphie (vom grch. isos gleich, morphē Gestalt), die Fähigkeit zweier oder mehrerer verschiedener chem. Substanzen, in einer übereinstimmenden oder wenigstens sehr ähnlichen Form zu krystallisieren. Mitscherlich begründete zuerst die Lehre [* 2] vom I. und stellte den Satz auf, daß es chem. analog zusammengesetzte Substanzen seien, welche die gleiche Krystallform annehmen. So sind z. B. die kohlensauren Salze des Calciums (CaCO3), Magnesiums (MgCO3), Zinks (ZnCO3), Eisens (FeCO3) und Mangans ¶
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(MnCO3) alle isomorph, weil sie sämtlich in Rhomboedern krystallisieren, die nur durch äußerst geringe Winkelunterschiede ihrer Kanten (im ganzen nur 2½°) voneinander abweichen; so sind ferner die Metalle Arsen, Antimon, Tellur, Wismut isomorph (hexagonal); andere isomorphe Gruppen bilden Zinnstein [* 4] (SnO2), Rutil [* 5] (TiO2), Zirkon [* 6] (ZrO2 + SiO2), alle übereinstimmend tetragonal, sodann die rhombischen schwefelsauren Salze des Baryums (Schwerspat, BaSO4), Strontiums (Cölestin, SrSO4) und Bleis (Bleivitriol, PbSO4), ferner z. B. Apatit, [* 7] Pyromorphit, Mimetesit, Vanadinit (pyramidal-hemiëdrisch-hexagonal), unter den Erzen die entsprechenden Schwefelverbindungen (RS2) von Eisen, [* 8] Kobalt, Mangan, Nickel, auch die rhombischen Antimonglanz (Sb2S3), Wismutglanz (Bi2S3), Selenwismut (Bi2Se3).
Bei allen diesen unmittelbar analog zusammengesetzten Substanzen ist nicht nur die Atomzahl, sondern auch die Summe der Wertigkeiten übereinstimmend; ein I. kann aber auch da zu stande kommen, wo bei anscheinend ungleichartig konstituierten Verbindungen insofern eine relative Analogie vorliegt, als bei beiden die Summe der Wertigkeiten in einem ganz einfachen Verhältnis steht, z. B. bei dem triklinen Anorthit, CaAl2Si2O8 (Valenzensumme 32), und Albit, [* 9] Na2Al2Si6O16 (Valenzensumme 64).
Da indessen mitunter auch Substanzen eine große Ähnlichkeit [* 10] der Formentwicklung ausweisen, ohne daß die chem. Konstitution irgend eine Analogie erkennen läßt (3. B. Augit [* 11] und Borax, [* 12] Kalkspat [* 13] und Rotgültigerz), so erblickt man ein entscheidendes Merkmal für den wirklichen I. noch darin, daß ein Krystall der einen Substanz, in die Lösung der andern gelegt, fähig ist, darin wie in seiner eigenen weiter zu wachsen, was bei jenen Fällen des bloß scheinbaren I. nicht erfolgt.
Hängt man z. B. einen Krystall von dunkelweinrotem Chromalaun in eine gesättigte Lösung von farblosem Kalialaun, so wächst er darin wie in seiner eigenen Lösung unmittelbar fort. Die für sich isomorphen chem. Grundverbindungen, wie die anfangs genannten Salze, haben die Eigenschaft, in schwankenden und unbestimmten Verhältnissen zu einem homogenen und nicht etwa ein mechan. Gemenge darstellenden Individuum zusammen zu krystallisieren, das alsdann vermöge seiner Form mit in die isomorphe Gruppe hineingehört; so giebt es rhomboedrische Krystalle, die zugleich aus kohlensaurem Calcium, Magnesium und Eisen bestehen; es sind das isomorphe Mischungen.
Die Krystalle von Mg2SiO4 (Forsterit) und diejenigen von Fe2SiO4 sind z. B. ausgezeichnet isomorph, und die gleichgestalteten Krystalle des Olivins eine isomorphe Mischung beider (x Mg2SiO4 + y Fe2SiO4). Für die Mischkrystalle zweier wirklich isomorpher Substanzen bilden auch die physik. Eigenschaften eine kontinuierliche Funktion ihrer chem. Zusammensetzung. Wenn zwei Verbindungen von analoger chem. Konstitution sich in verschiedenen Proportionen mischen und dabei doch Krystalle von übereinstimmender Form erzeugen, so darf man daraus umgekehrt auf den I. dieser Verbindungen schließen.