Io
(spr. i-o), in der griech. Mythologie die schöne Tochter des Inachos, nach andern des Jasos und der Peitho, war Priesterin der Hera zu Argos und wurde wegen ihres Liebesverhältnisses zum Zeus von der eifersüchtigen Hera in eine Kuh verwandelt, welche den alles sehenden Argos zum Hüter erhielt. Um die Kuh zu entführen, tötete Hermes im Auftrag des Zeus den Argos durch einen Steinwurf (daher angeblich sein Beiname »Argostöter«); Hera aber sandte der Io aus Rache dafür eine Bremse (d. h. machte sie wahnsinnig) und trieb sie in unsteter Flucht durch alle Länder Europas und Asiens, bis sie endlich in Ägypten Ruhe fand, ihre Menschengestalt wieder erhielt und von Zeus den Epaphos (s. d.) gebar.
Die Deutungen des Mythus sind verschiedenartig. Schon die Alten sahen in Io (»Wandlerin«) den Mond. Ihnen folgen Hug und Creuzer sowie Welcker u. a. (die wandernde Io der Mond in seinem Kreislauf, der hundertäugige Argos der Sternenhimmel). G. Hermann sucht den Schlüssel zur Deutung des Mythus in dem jährlichen Anschwellen des Nils;
Buttmann sieht Io für eine Personifikation des Ionierstammes;
Forchhammer (»Die Wanderungen der Inachostochter Io«, Kiel 1881) für die der Nässe an.
Noch andre halten Io für eine Erdgöttin, eine Ansicht, welcher wenigstens die Kuhhörner der Io nicht widersprechen, da die Kuh auch das Symbol der Erde ist;
so J. Overbeck (»De Ione telluris non lunae dea«, Leipz. 1872).
Auf Bildwerken erscheint sie entweder als gehörnte Jungfrau oder als die von Argos bewachte Kuh. Berühmt ist das Gemälde Correggios im Museum zu Berlin, wo Io von dem in einer Wolke verhüllten Zeus umarmt wird.
Vgl. Plew in den »Jahrbüchern für Philologie« (Bd. 107, S. 697 ff.);
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Engelmann, De Ione (Berl. 1868);
Overbeck, Griechische Kunstmythologie, Bd. 1: »Zeus«, S. 465 ff. (Leipz. 1871).