Invalidität
(lat.), das Anrecht auf staatliche Versorgung, welches Personen des Soldatenstandes unter gewissen Bedingungen während ihrer Dienstzeit erwerben. Personen aus der Klasse der Unteroffiziere und Gemeinen werden invalid, wenn sie durch eine Beschädigung im Dienst oder nach einer Dienstzeit von mindestens acht Jahren dienstunbrauchbar geworden sind und hierdurch Versorgungsansprüche auf Grund des Militärgesetzes erlangt haben. Die I. ist mithin nicht zusammenzuwerfen mit der einfachen Dienstunbrauchbarkeit, welche z. B. bei Krankheiten ohne Dienstbeschädigung in den ersten Dienstjahren eintritt, wobei der Soldat keinen Versorgungsanspruch gewinnt. Je nach dem Grade der Dienstunbrauchbarkeit bezeichnet man solche Leute, welche weder im Feld noch in der Garnison mehr Dienst thun können, als Ganzinvaliden, solche, welche nur noch garnisondienstfähig sind, als Halbinvaliden.
Über den Krankheitsbefund hat der Obermilitärarzt des Truppenteils, dem der zu Invalidisierende angehört, ein ausführliches, vorschriftsmäßiges Attest unter Berücksichtigung der eventuell stattgehabten Dienstbeschädigung auszustellen und am Schluß desselben den Grad der Dienstunbrauchbarkeit, eventuell Erwerbsunfähigkeit, Verstümmelung etc. auf Grund der einschlägigen Paragraphen der Dienstanweisung zu bestimmen, worauf das Generalkommando durch Revision des Attestes durch den Korpsgeneralarzt die definitive Entscheidung trifft.
Unter den
Krankheiten, welche die Felddienstfähigkeit allein aufheben, also Halbinvalidität
bedingen, sind am häufigsten:
Schwächung des
Körpers im allgemeinen, chronische
Leiden
[* 2] der
Atmungsorgane (jedoch geringern
Grades),
Unterleibsbrüche, welche
noch durch ein
Bruchband
[* 3] zurückgehalten werden, zurückgebliebene
Schwäche in den großen
Gelenken oder
Knochen
[* 4] nach
Gelenkentzündung, resp.
Knochenbrüchen etc. Ganzinvalidität
wird bedingt durch alle schwereren unheilbaren
Krankheiten,
wie Hautausschläge, bösartige
Geschwülste, progressive
Muskelatrophie, chronische
Lungen-,
Gehirn- und
Rückenmarkskrankheiten,
ferner durch ausgedehnte, behindernde
Narben,
Blindheit auf einem
Auge,
[* 5] große
Unterleibsbrüche, Verlust eines größern
Gliedes,
Verlust eines
Daumens, des rechten Zeigefingers u. a. Als Dienstbeschädigung wird angesehen: Verwundung
vor dem Feind, erhebliche Gesundheitsstörungen, hervorgerufen durch die besondern Eigentümlichkeiten des
Dienstes (z. B.
wenn ein
Soldat auf dem
Marsch an
Hitzschlag erkrankt), ferner äußere
Beschädigungen, welche bei Ausübung des aktiven
Dienstes
erlitten sind, endlich die kontagiöse
Augenkrankheit. In jedem
Fall hat der Truppenteil nach genauer Untersuchung
der von dem betreffenden
Soldaten angegebenen Dienstbeschädigung eine Bescheinigung hierüber dem militärärztlichen
Attest
hinzuzufügen.
Die Dauer der I. richtet sich nach der zu Grunde liegenden Krankheit, und die I. wird überall da von vornherein als dauernde bezeichnet werden, wo z. B. Amputationen, Verstümmelungen etc. eine Änderung des Zustandes ausschließen. Läßt sich jedoch eine Besserung im Lauf der Zeit erwarten, so wird die I. als temporäre bezeichnet, meistens zunächst auf zwei Jahre, und der Invalide hat sich alsdann einer nochmaligen Untersuchung zu unterwerfen. Insofern es sich um die Ausstellung des Zivilversorgungsscheins, resp. um die verschiedenen Klassen des Pensionsbetrags handelt, ist eine Bescheinigung darüber notwendig, ob der Invalide im Selbsterwerb nicht behindert ist, ob er es teilweise, größtenteils oder gänzlich ist, und ob er eventuell sogar fremder Wartung und Pflege, z. B. nach mehrfachen Amputationen, bedürftig ist.
Für die Letztgenannten, welche also entweder durch Amputationen oder anderweitig Glieder [* 6] des Körpers verloren haben, oder erblindet sind, gewährt das Pensionsgesetz noch eine sogen. Verstümmelungszulage, natürlich nur auf Grund der ärztlichen Bescheinigung. Bei Offizieren und Sanitätsoffizieren beginnt die Versorgungsberechtigung erst bei Dienstunbrauchbarkeit nach zehnjähriger Dienstzeit, außerdem natürlich ebenfalls bei Dienstbeschädigung. Reserveoffiziere erlangen einen Anspruch lediglich durch die letztere. Im übrigen sind die Bestimmungen über die I. der Offiziere analog den obigen, nur sind Offiziere, welche das 60. Lebensjahr zurückgelegt haben, eo ipso pensionsberechtigt und brauchen also keine I. nachzuweisen.
Vgl. »Dienstanweisung zur Beurteilung der Militärdienstfähigkeit etc.« vom (Berl. 1877).