Interpolation
in der Handschriftenkunde und philologischen
Kritik die
Verfälschung des ursprünglichen
Textes einer
Schrift durch Einschaltung
einzelner
Wörter,
Sätze oder ganzer
Abschnitte. Dergleichen
Stellen oder
Schriften heißen daher interpolierte,
die
Handlung selbst I. und deren
Urheber Interpolator.
Solche Interpolationen
reichen in griechischen und römischen Schriftdenkmälern
in sehr alte Zeit zurück; schon
Solon schob einen
Vers in
Homers
»Ilias« ein.
Später waren es besonders jüdische und christliche
Gelehrte, welche sich dergleichen
Fälschungen erlaubten, um dadurch ihren
eignen Lehrmeinungen den
Schein höhern
Alters und dadurch größeres Ansehen zu verschaffen. Namentlich
waren es auch die
Grammatiker, welche seltene und ungewöhnliche
Ausdrücke in den alten Schriftstellern durch bekannte, die
man Glosseme nennt, zu ersetzen suchten.
Sache der
Kritik ist es, solche von fremder
Hand
[* 2] gemachte Zusätze ausfindig zu machen
und auszuscheiden. - In der
Mathematik bezeichnet I. die Einreihung neuer
Glieder
[* 3] zwischen zwei
Gliedern
einer nach einem bestimmten
Gesetz fortschreitenden
Reihe von
Größen, so daß sie sich an dieses
Gesetz entweder völlig oder
doch möglichst nahe anschließen. So wird z. B. eine
Vermehrung der
Glieder einer arithmetischen oder geometrischen
Progression
in der
Weise bewirkt, daß man zwischen je zwei aufeinander folgende
Glieder dort das arithmetische, hier
das geometrische
Mittel einschaltet. Die I. kommt namentlich in der
Astronomie
[* 4] häufig vor; einfache Interpolat
ionen hat man
aber auch fortwährend bei Benutzung der Logarithmentafeln auszuführen.
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