Daneben beschäftigen sich die Bewohner mit Alpwirtschaft,
Wiesen- u. Ackerbau und mit Viehzucht. Die Viehstatistik ergibt
folgende Zahlen:
1886
1896
1901
Rindvieh
12321
12189
11838
Pferde
506
349
365
Schweine
3797
4296
4163
Schafe
5681
3405
1899
Ziegen
9454
8787
6841
Bienenstöcke
1173
1680
1529
Die industrielle Tätigkeit ist wenig entwickelt: in InterlakenChalet- und Parketteriefabrikation, in
Brienz Holzschnitzerei, in
Lauterbrunnen Spitzenklöppelei, in
Oberried pyrotechnische
Fabrik.
zwischen denen als tiefe Lücke das Lütschinenthal eingeschnitten ist, aus welcher in majestätischer Erhabenheit die Jungfrau
sich erhebt. Interlaken bildet mit dem jenseits der Aare gelegenen Unterseen und mit dem südwärts angrenzenden Matten eine
einzige grosse Ortschaft und ist im Sommer der Mittelpunkt des Oberländer Fremdenverkehrs. Der Ort hat
zwei Bahnhöfe, den Ostbahnhof als Ausgangspunkt der Berner Oberlandbahnen (nach Lauterbrunnen, Grindelwald, Schinige Platte
etc.) und den Hauptbahnhof als Einmündung der Thunerseebahn. Nahe dem Ostbahnhof die Dampfschiffstation für den Brienzersee
und beim Hauptbahnhof Hafenanlagen und Dampfschiffstation für den Thunersee, mit diesem durch einen 2772 m langen Schiffahrtskanal
verbunden. Vom Hauptbahnhof setzt sich die Thunerseebahn noch über den Ostbahnhof bis nach Bönigen am
Brienzersee fort. Postbureau zweiter Klasse, Telegraph, Telephon. 328 Häuser, 2962 Ew., wovon
260 Katholiken. Kirchgemeinde
Gsteig.
Hauptbeschäftigung der Bevölkerung ist die Fremdenindustrie. Sehr reger Geschäftsverkehr in jeder Beziehung, Handel mit
Fremdenartikeln (Holzschnitzereien etc.) und Hotelbedürfnissen. Daneben etwas Landwirtschaft und. Gemüsebau.
Magenbitterfabrikation. Chalet- und Parketteriefabrik. Wasserversorgung aus dem Saxetenthal und Hydrantennetz. Gasfabrik. Ein
Elektrizitätswerk an der Aare liefert elektrisches Licht. Knaben- und Mädchensekundarschule mit je 5 Klassen, Fortbildungs-
und Handwerkerschule. Bezirksspital, für den gegenwärtig ein grossartiger Neubau errichtet wird; Privatspital und -sanatorium.
Vereine zur Hebung des Fremdenverkehrs sind die Kurhausgesellschaft und der Oberländische Verkehrsverein
mit Bureau. Ausserdem viele gesellige Vereinigungen, besonders rege Pflege des Gesangswesens. Das Aeussere Interlakens verrät
seine
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mehr
Stellung als Fremdenort ersten Ranges. Die Hauptstrasse, mit stattlichen Neubauten, führt durch einen der neuem Teile der
Ortschaft, verengt sich oberhalb des Postgebäudes auf eine kurze Strecke, um dann in die weltberühmte Promenade des Höheweges,
das Zentrum und den Korso von Interlaken, einzumünden. Der Höheweg besteht aus einer von alten, mächtigen
Nussbäumen eingefassten Allee von 1 km Länge, deren N.-Seite eine imposante Reihe von Hotelpalästen begleitet, während der
Blick nach S. frei ist und uns besonders die Jungfrau in unvergleichlicher Schönheit erkennen lässt.
Hier stehen u. a. der Kursaal, ein Prachtbau in Holzkonstruktion nordischen Stils, und ein Musikpavillon für Promenadenkonzerte.
Südlich vom Höheweg finden wir das sog. Schloss mit den Aemtern der Bezirksverwaltung und an dasselbe angelehnt die bedeutend
älteren Reste des ehemaligen Klosters. Die einstige Klosterkirche mit ihrem hohen Chor ist jetzt für den englisch-hochkirchlichen,
den französisch-reformierten, den römisch-katholischen und den freien schottischen Gottesdienst eingerichtet. Interlaken
bietet noch eine Fülle von schönen Spaziergängen, z. B. den Rugenpark, auf die Heimwehfluh, nach den
Schlossruinen Unspunnen und Weissenau, zum Pavillon Hochbühl, in die Wagnerenschlucht mit grossem erratischem Block und Inschrift
zu Ehren des Geologen Bernhard Studer und in die meist ebenfalls herrlich gelegenen benachbarten Ortschaften des Bödeli.
Interlaken(inter lacus = «Zwischenseen») war im Mittelalter
der Sitz eines wie man glaubt 1130 durch die Edeln Seliger von Oberhofen gestifteten Klosters, das schon früh zu grossem Besitz
gelangte und in seiner Blütezeit das ganze Oberland von der Grimsel bis zum Beatenberg und zu den Quellen der beiden Lütschinen
beherrschte. Um
die Mitte des 14. Jahrhunderts schon begann der Verfall des Klosters, das durch den Aufstand
der Gotteshausleute (1349) u. unter den Verheerungen durch die Hasler und Unterwaldner (1330, 1342) stark gelitten hatte.
Nachdem es schon im 13. Jahrhundert mit Bern
verburgrechtet gewesen, trat es mit dieser Stadt 1344 in ein noch engeres Verhältnis.
Eine gegen Ende des 14. Jahrhunderts von Rom aus angeordnete Reorganisation des Klosters half wenig. 1484 wurde das mit dem
Stift verbundene, etwas später entstandene Frauenkloster aufgehoben, und 1528 ging durch die Einführung der Reformation
überhaupt das ganze Kloster ein. Ein Aufstand der Gotteshausleute gegen die bernische Okkupation wurde mit
Waffengewalt unterdrückt und strenge bestraft. So ward Interlaken eine bernische Landvogtei. Die Bewohner beteiligten sich 1653 auch
am Bauernkrieg; zu kleinen Unruhen kam es ferner 1814 nach der Auflösung der Mediationsverfassung und in den politisch bewegten
Jahren 1830 und 1850. Man hat in der Gegend verschiedene Altertümer aufgefunden, so Bronzegegenstände
(z. B. ein Schwert) und Alemannengräber (in Matten).
Das Bekanntwerden Interlakens als Fremdenstation datiert schon aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts, zu welcher Zeit hier eine
Molkenkuranstalt eingerichtet wurde. Die zuerst noch sehr einfachen Gasthäuser mehrten und vervollkommneten sich mit der
zunehmenden Zahl der fremden Besucher. Interlaken hat im Jahre 1901 eine Frequenz von 322345 hier abgestiegenen
Personen aufzuweisen gehabt. Hier haben auch eine ganze Anzahl von berühmten Männern gewohnt: Alex. v. Humboldt, Felix
Mendelssohn, Rich. Wagner, Kaiser Wilhelm I. u. v. a.
Vergl. die Veröffentlichungen des Oberländischen Verkehrsvereins und die Angaben in den
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