Titel
Indischer
Archipel
(Malaiischer Archipel), allgemeiner
Name für die zwischen
Asien
[* 2] und
Australien
[* 3] liegende Inselflur
mit einem Flächenraum von 2,003,229 qkm (36,362 QM.), welche wieder in drei Abteilungen
zerfällt:
1) die äußere (östliche) Reihe an der Nordost- und Ostgrenze, bestehend aus den Molukken mit den Banda-, Amboina- und Ternateinseln und aus den Philippinen;
2) die innere (westliche) Reihe an der Süd- und Südwestgrenze, gebildet von den Andamanen und Nikobaren, den Großen Sundainseln Sumatra und Java und den Kleinen Sundainseln im O. von Java;
3) die mittlere Gruppe, welche die Großen Sundainseln Borneo und Celebes nebst zahlreichen kleinen Inseln umfaßt. Der Äquator durchschneidet die Westreihe in Sumatra, die Mittelgruppe in Borneo und ¶
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Celebes, die Ostreihe in den Molukken. Die große Übereinstimmung des geologischen Baues sowie der Floren und Faunen dieser Inselgruppen nötigt zu der Annahme, daß dieselben Bruchstücke einer später auseinander gerissenen Landmasse sind, welche Asien und den Australkontinent in ähnlicher Weise verband, wie Zentralamerika [* 5] die beiden Hälften der Neuen Welt noch jetzt verbindet. Die zusammenhängende Gebirgskette der Sundainseln hat im W. und S. den Rand dieser Landbrücke gebildet, die Molukken und Philippinen sind Trümmer des Ostrandes.
Die die Verbindung mit Asien vermittelnde Landenge wäre an der Stelle von Celebes zu suchen. Neben einer eigentümlichen Fauna
finden sich in der westlichen Hälfte des Archipels
die Tierformen Indiens; im O. treten dagegen Beuteltiere
[* 6] und Kasuare auf, die sich sonst nur in Australien finden. Alle Inseln des Archipels
sind, mit Ausnahme kleiner Koralleneilande,
gebirgiger Natur und haben, wie es scheint, überwiegend plutonische Bildung. Durch die Großen und Kleinen Sundainseln, die Molukken
und Philippinen erstreckt sich eine Reihe von Vulkanen, die meist unmittelbar aus der See oder der Ebene emporsteigen,
oft auch paarweise beisammenstehen; im übrigen herrscht in der Gestaltung der Inseln auch große Verschiedenheit. Wo vulkanische
Bildung vorwiegt, sind die Inseln langgestreckt, wo diese zurücktritt, nach Länge und Breite
[* 7] gleichmäßiger ausgedehnt.
Der Indische Archipel
hat ein tropisches, feuchtes, gleichmäßiges Klima
[* 8] und, mit Ausnahme der hohen Gebirgsgegenden,
etwa +25° bis 26° C. Mittelwärme. Wechselnde Monsune scheiden die trockne und nasse Jahreszeit, nördlich vom Äquator April
bis Oktober, südlich davon Oktober bis April. Die Inseln zeigen das üppige Pflanzen- und Tierleben der beiden indischen Halbinseln,
die baumartigen Gräser
[* 9] und Farnkräuter, Kokos- und andre Palmen,
[* 10] die strotzenden Urwälder, zusammengesetzt
aus edlen Holzarten, dem Sandel- und Ebenholz-, dem Acajou- und Teakbaum, sowie die mannigfachsten Gewürzbäume und Gewürzpflanzen:
[* 11] die Gewürznelke, die Muskatnuß, den Kampferbaum, welche sämtlich Hauptprodukte liefern, die neben Kaffee, Zucker,
[* 12] Indigo,
[* 13] Baumwolle,
[* 14] Manilahanf, Kochenille, Chinarinde, Vanille, Zimt, Tabak,
[* 15] Pfeffer, Rotang, Kautschuk, Zinn, Diamanten etc. in meist
steigender Menge in den Handel kommen.
In den feuchtheißen Sümpfen um die Küsten gedeiht der Reis, während im O. die Bevölkerung [* 16] von dem Mark der Sagopalme lebt. Die Blumenwelt zeigt gigantische Erscheinungen, z. B. die Rafflesia Arnoldi; aus dem Tierreich finden sich der Elefant [* 17] und der Königstiger, der Orang-Utan, das Zwergmoschustier, der Tapir, das Rhinozeros, zahlreiche, meist durch Farbenpracht ausgezeichnete Vögel, [* 18] darunter die wichtige Salangane (Collocallia esculenta), doch sind einige der genannten Tiere nur gewissen Inseln eigentümlich.
Die Bevölkerung des Indischen Archipels
, deren Zahl auf über 25 Mill. angegeben wird, weist ebenfalls
auf den oben erwähnten Zusammenhang mit Indien und Australien. Ursprünglich scheint er von einem dunkelfarbigen Volksstamm
bewohnt gewesen zu sein, von dem sich nur noch hier und da schwache Überreste erhalten haben. Neben diesen besteht eine
große Zahl von nahe verwandten Völkern eines hellfarbigen Stammes, der schon in alten Zeiten (hauptsächlich
wohl infolge von Einwanderungen aus Indien) eine nicht geringe Stufe der Bildung erreicht hatte. Zu ihnen gehören die verschiedenen
Volksstämme der Malaien (s. d.), die sich seit dem 12. Jahrh.
von Sumatra aus über dem Archipel
verbreitet
und Staaten gegründet haben, deren Blüte
[* 19] später (im 16. Jahrh.) durch die Eroberungen
der Europäer zusammensank. Zu diesen Bewohnern kommen noch etwa 2 Mill. eingewanderter Chinesen, besonders in Borneo, sowie
zahlreiche Europäer.
Seit der schon im Anfang des 16. Jahrh. erfolgten Festsetzung der Portugiesen in den Molukken waren diese im Indischen Archipel
das herrschende Volk, bis die Niederländer, welche im Anfang des 17. Jahrh. ihre
ersten Kolonien auf Java gründeten, ihnen den Vorrang abgewannen, den sie bis heute behauptet haben. Das Generalgouvernement
von Niederländisch-Indien begreift jetzt bei weitem den größten Teil des Archipels;
es umfaßt die Inseln Java und Madura,
Sumatra, Borneo mit Ausnahme eines kleinen Teils im W. und NO., Celebes, Menado, Amboina, Ternate, den westlichen
Teil von Timor, Bali und Lombok.
Die nicht niederländischen Teile von Borneo gehören den Sultanen von Brunei und Sulu und dem Herrscher von Sarawak. Der östliche
Teil von Timor steht unter der Herrschaft von Portugal
[* 20] als dessen einziger Besitz im Archipel.
Dagegen besitzt Spanien die große
Gruppe der Philippinen und den Suluarchipel.
England hat erst neuerdings und zwar dem mit Holland getroffenen Abkommen entgegen
im Indischen Archipel
Besitz erworben; ihm gehört außer den Andamanen und Nikobaren die Insel Labuan, und unter seinem Protektorat
steht das Gebiet der Nordborneogesellschaft. Gegenwärtig ist das Areal des Indischen Archipels
in folgender
Weise verteilt:
QKilometer | QMeil. | Bevölkerung | |
---|---|---|---|
Niederländisch-Indien (1882) | 1462400 | 26540 | 26771471 |
Sultanat Brunei | 46000 | 835 | 125000 |
Sultanat Sulu | 27000 | 490 | 75000 |
Sarawak | 90000 | 1635 | 250000 |
Spanische Besitzungen (1881) | 296182 | 5379 | 5636232 |
Britische Besitzungen (1881) | 65347 | 1189 | 176426 |
Portugiesische Besitzungen | 16300 | 296 | 300000 |
Zusammen: | 2003229 | 36362 | 33334129 |
Das Christentum hat auf dem Indischen Archipel
keine tiefen Wurzeln geschlagen. Die protestantischen Missionen
finden bei der holländischen Verwaltung keine Unterstützung; scharf und zäh tritt ihnen außerdem der Islam entgegen. Dagegen
ist es auf den Philippinen den katholischen Missionären gelungen, den größten Teil der Bevölkerung zu bekehren. Näheres
siehe unter den die einzelnen Gebiete behandelnden Artikeln.
Vgl. Backer, L'Archipel indien (Par. 1874);
Bastian, Indonesien oder die Inseln des Malaiischen Archipels (Berl. 1884 ff.).