II.
Untersuchungsmethoden. 1) Isolierte Züchtung, Reinkultur. Erforderlich ist ein Nährsubstrat, in welchem die zu untersuchenden Bakterien gedeihen können. Da nicht alle Bakterien auf demselben Nährboden gleich gut wachsen, so bedient man sich verschiedener Stoffe; vor allem der festen Nährböden, da die charakteristischen Kolonieform der einzelnen Bakterienarten auf solchen zur diagnostischen Differenzierung wichtig ist. Hierher gehören:
a. gekochte Kartoffel, auf deren Schnittfläche geimpft wird; b. die Nährgelatinen, welche namentlich noch wegen ihrer Durchsichtigkeit sehr wertvoll sind, weil sie die Entwicklung von Keimen innerhalb der Nährmaterie zu beobachten erlauben (neutralisierte Fleischwasserpeptongelatine); c. Agar-Agar, welches vor der Gelatine den Vorzug besitzt, daß es erst bei etwa 90° C. flüssig wird, während die Gelatine schon bei Erwärmung auf 25° C. schmilzt, so daß es auch bei höhern Temperaturen als fester durchsichtiger Nährboden benutzt werden kann; d. flüssiges oder geronnenes Blutserum (Blut ohne Blutkörperchen). Zur Züchtung in flüssigem Nährsubstrat, welche Methode besonders wünschenswert ist, wenn die Entwicklung der Bakterien direkt mikroskopisch verfolgt werden soll, dient vorwiegend Nährbouillon.
Soll eine Flüssigkeit, ein krankes Organ oder ähnliches auf seinen Bakteriengehalt untersucht werden, so muß vor allem der Nährboden vollkommen keimfrei sein und dauernd bleiben. Ersteres wird durch Sterilisation (durch heiße Wasserdämpfe in besondern Sterilisationsapparaten) erreicht, letzteres durch Verschluß der Gefäße, welche die
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Nährlösung enthalten, durch Wattefilter, welche keine Keime aus der Luft einlassen. Ebenso müssen alle Instrumente (Nadeln, Messer u. s. w.) sorgfältigst sterilisiert (geglüht) werden. Man bringt dann eine geringe Menge des Untersuchungsobjekts in ein Glas mit Nährgelatine (Impfung), wobei der Wattepfropf ganz kurz gelüftet wird, verflüssigt die Gelatine durch Erwärmen, schüttelt die Lösung zur bessern Verteilung der Keime und gießt sie dann auf einer sterilisierten Glasplatte in dünner Schicht aus. Hier erstarrt die infizierte Gelatine und bildet nun einen völlig durchsichtigen Nährboden, in welchem die eingebrachten Keime räumlich getrennt zur Entwicklung kommen. Nach einigen Tagen sind je nach der Zahl der vorhandenen verschiedenartigen Keime verschieden gestaltete Kolonien zu erkennen. Von jeder derselben wird eine Spur auf einen festen Nährboden übergeimpft und dadurch völlig isoliert zum Weiterwachsen gebracht. Erweist sich eine Kultur noch gemischt aus mehrern Bakterienarten, so wird das Plattenverfahren nach Bedarf wiederholt. Ein ähnliches Verfahren wird bei Agarnährböden für Bakterien, die nur bei höhern Temperaturen wachsen, ausgeführt. Aus der Gesamtzahl der auf der ersten Platte wachsenden Keime können, wenn genau bestimmte Mengen der zu untersuchenden Materie verimpft waren, Rückschlüsse auf deren Reichtum an Bakterien überhaupt gemacht werden. Um anaerobe Bakterien (welche also durch den Sauerstoff der Luft getötet werden) zu züchten, wird die geimpfte Gelatine entweder auf der Platte mit Glimmer oder (im Reagenzrohr) mit einer Schicht von Öl resp. neuer Gelatine gegen die Luft abgeschlossen, oder die Kultur in besondern Apparaten unter Zufluß anderer Gase (namentlich Wasserstoff) gehalten. Die Temperatur für die Kulturen wird durch Brutschränke mit konstanter Temperatur geregelt. Eine große Zahl von Bakterien ist es noch nicht geglückt mit den bisher bekannten Methoden und Nährböden rein zu züchten.
2) Mikroskopische Untersuchung entweder der lebenden Bakterien in einem Tropfen Flüssigkeit (zur Beobachtung der Beweglichkeit u. s. w.), oder der toten mit Hilfe specifischer Färbungen.
3) Übertragung der isolierten Keime entweder auf bestimmte Medien (zum Zweck der Erforschung ihrer saprophytischen Thätigkeit) oder auf Tiere (Untersuchung auf pathogene Eigenschaften). Zum Tierexperiment dienen hauptsächlich Mäuse, Kaninchen, Meerschweinchen, Tauben, Hühner. Die Empfänglichkeit der einzelnen Tierarten für bestimmte Bakterien ist dabei verschieden, so daß das negative Resultat der Übertragung nicht immer beweisend für die Nichtpathogenität des betreffenden Bakteriums ist. Die Bakterien werden durch Impfung unter die Haut, durch Fütterung oder durch Einatmungsapparate auf das Versuchstier übertragen.
III. Litteratur. Ehrenberg, Die Infusionstierchen als vollkommene Organismen (Lpz. 1838); Cohn, Untersuchungen über Bakterien, in seinen «Beiträgen zur Biologie der Pflanzen», Bd. I, Heft 2, 3; Bd. II, Heft 2 (Bresl. 1872 fg.): de Bary, Vergleichende Morphologie und Biologie der Pilze u. s. w. (Lpz. 1884); ders., Vorlesungen über Bakterien (2. Aufl., ebd. 1887); Zopf, Die Spaltpilze (3. Aufl., Bresl. 1885); ders., Die Pilze in morpholog., physiol., biolog. und systematischer Beziehung (ebd. 1890); Flügge, Die Mikroorganismen (Lpz. 1886); Baumgarten, Lehrbuch der pathol. Mykologie (2 Bde., Braunschw. 1890 fg.); Hueppe, Die Methoden der Bakterienforschung (5. Aufl., Wiesb. 1891); ders., Die Formen der Bakterien (ebd. 1886); Klebs, Allgemeine Pathologie, Bd. 1 (Jena 1887); Fränkel, Grundriß der Bakterienkunde (3. Aufl., Berl. 1890); Cornil und Babes, Les bactéries (Par. 1890); Ludwig, Lehrbuch der niedern Kryptogamen (Stuttg. 1892); Nägeli, Die niedern Pilze in ihren Beziehungen zu den Infektionskrankheiten und der Gesundheitspflege (Münch. 1877); Rob. Koch, Untersuchungen über die Ätiologie der Infektionskrankheiten (Lpz. 1878); Mitteilungen aus dem kaiserl. Gesundheitsamt, I., II. (Berl. 1881, 1884); Rosenbach, Mikroorganismen bei den Wundinfektionskrankheiten des Menschen (Wiesb. 1884); Eisenberg, Bakteriologische Diagnostik (3. Aufl., Hamb. 1891); Löffler, Vorlesungen über die geschichtliche Entwicklung der Lehre von den Bakterien (1. Teil, Lpz. 1887); Migula, Die B. (ebd. 1891); Günther, Einleitung in das Studium der B. (3. Aufl., ebd. 1893); Klemperer und Levy, Grundriß der klinischen B. (Berl. 1894); Heim, Lehrbuch der bakteriologischen Untersuchung (Stuttg. 1894); Baumgarten, Jahresberichte über die Fortschritte in der Lehre von den pathogenen Mikroorganismen (Braunschw. seit 1885); Fränkel und Pfeiffer, Mikrophotogr. Atlas der Bakterienkunde (Berl. 1891–92).