Igelschuß
(Hagelschuß), s. Hagel (Bd. 8, S. 640 a) und Geschoß [* 3] (Bd. 7, S. 903 b).
Igelschuß
16 Wörter, 85 Zeichen
Igelschuß
(Hagelschuß), s. Hagel (Bd. 8, S. 640 a) und Geschoß [* 3] (Bd. 7, S. 903 b).
eine Form der starren atmosphärischen Niederschläge, welche, wie die Graupeln (s. d.), sich vom Schnee [* 5] durch ihr Vorkommen und ihre Beschaffenheit unterscheiden. Der Hagel im engern und eigentlichen Sinn bildet verschieden gestaltete Körner, oft mit einer schneeartigen Masse im Innern, welche zuweilen von mehreren konzentrisch-schaligen Lagen von durchsichtigem Eis, [* 6] die wieder mit Schneeschichten wechseln, umgeben ist, so daß sie als Graupeln mit einer Eiskruste betrachtet werden können.
Bisweilen hat man auch Hagelkörner [* 7] von einem vom Mittelpunkt aus strahligen Gefüge beobachtet. Die Größe der Hagelkörner ist verschieden; in unsern Breiten haben sie gewöhnlich einen Durchmesser von 4-5 mm, doch hat man auch Hagelmassen von der Größe eines Taubeneies, ja sogar von der eines Hühnereies und von 400-433 g Gewicht gefunden. Die größern Hagelkörner nennt man Schloßen, die oft wieder durch Zusammenfrieren große Eismassen mit verschiedenen undurchsichtigen Kernen bilden.
Die Hagelkörner sind gewöhnlich abgerundet, oft aber auch stumpfeckig, kantig, linsenförmig, birn- oder pilzförmig, auch dreieckig oder sechseckig pyramidal. In einigen Fällen hat man im Innern derselben Luftblasen, Spreu, Sand, vulkanische Asche (bei einer vulkanischen Eruption), Schwefelkies in deutlichen Kristallen etc. gefunden. Diese Körper, die in der Luft schwebend angetroffen werden, werden von dem sich bildenden Eis umschlossen. Ebenso löst das vorher noch tropfbarflüssige Wasser Gase, [* 8] die in der Atmosphäre enthalten sind, und man findet deshalb im H., wie im Regenwasser und im Schnee, Ammoniak und Salpetersäure.
Die Temperatur der Hagelkörner beträgt -0,5 bis -4°. Der Hagel geht gewöhnlich einem Gewitterregen voran oder begleitet ihn, nie oder fast nie folgt der Hagel auf den Regen, besonders wenn der Regen schon einige Zeit gedauert hat. Das Hagelwetter dauert in der Regel nur einige Minuten, selten ¼ Stunde lang; aber die Menge des Eises, welches in dieser Zeit den Wolken entströmt, ist so ungeheuer, daß der Boden manchmal mehrere Zoll hoch damit bedeckt ist. Das Hageln selbst erfolgt in seiner größten Intensität gewissermaßen stoßweise, indem zwischendurch Pausen, die eine geringere Heftigkeit bekunden, wahrnehmbar sind. Die Heftigkeit des Herabstürzens ist oft so groß, daß kleinere Tiere getötet, Pflanzen geknickt und Zweige bis zu 5 mm Dicke abgebrochen werden.
Die Hagelwolken scheinen bedeutende Ausdehnung [* 9] und Tiefe zu haben, indem sie in der Regel eine große Dunkelheit verbreiten; sie besitzen eine eigentümlich graurötliche oder aschgraue Farbe, und ihre Ränder sind vielfach zerrissen. An ihrer untern Grenze hängen meist große Wolkenmassen herab, die sich während des Fortganges der Hagelwolke tiefer herabsenken und endlich fast die Erde berühren, ehe der aus ihnen hervorbricht. Kurze Zeit vor dem Beginn des Hagelwetters hört man ein eigentümlich rasselndes Geräusch, welches dadurch entsteht, daß die Hagelkörner in der Wolke vielfach gegeneinander geworfen werden.
Ein intensiv elektrischer Zustand der Wolken und überhaupt Gewittererscheinungen begleiten den Hagel. Das Barometer [* 10] fällt in der Regel vor dem Hagelwetter stark und rasch, zuweilen auch noch während desselben, steigt aber gleich nach Beendigung desselben. Auch das Thermometer [* 11] fällt mit Beginn des Hagelschauers und zeigt auch später eine starke Temperaturdepression an. Oft ändert sich nach einem Hagelwetter die Witterungsdisposition auf Wochen; sehr oft folgt Kälte.
Die meisten Beobachtungen, sowohl in Europa [* 12] als in Nordamerika, [* 13] stimmen darin überein, daß schwere Hagelwetter oft von einem Wind begleitet sind, der, plötzlich beginnend, in starken Stößen aus allen Richtungen des Kompasses weht, und daß die Hagelkörner nach verschiedenen Richtungen aus der Wolke herabstürzen. Trotz seiner weiten Verbreitung ist der eigentliche eine ganz lokale Erscheinung; in vielen Fällen sind die vom Hagel betroffenen Striche schmal, ziehen sich aber viele Meilen in die Länge. Der Hagel trifft zwar zu allen Jahreszeiten [* 14] und allen Tagesstunden (auch in der Nacht) ein, vorzugsweise aber in den heißesten Sommermonaten und um die heißeste Tageszeit. Zählt man die Graupelfälle den Hagelschlägen zu, so ändert sich die Häufigkeit für die einzelnen Jahreszeiten. Dieselbe ist mit Zuzählung der Graupelfälle in der folgenden Tabelle angegeben:
Hageltage im Jahr | Winter Proz. | Frühling Proz. | Sommer Proz. | Herbst Proz. | |
---|---|---|---|---|---|
England | - | 45.5 | 29.5 | 3.0 | 22.0 |
Frankreich und Niederlande | 10-20 | 32.8 | 39.5 | 7.0 | 20.7 |
Deutschland | 5 ¹ | 10.3 | 46.7 | 29.4 | 13.6 |
Dänemark ² | 4 | 12.2 | 45.5 | 14.6 | 27.6 |
Osteuropa | 3 | 9.9 | 35.5 | 50.6 | 13.0 |
Rom ³ | 5 | 43.9 | 38.1 | 9.0 | 9.0 |
Neapel 4 | 10 | 31.0 | 42.5 | 2.8 | 23.9 |
¹ Im nordwestlichen Deutschland [* 15] steigt die Zahl auch bis 10. -
² Aus 32jährigen Beobachtungen in Kopenhagen [* 16] berechnet. -
³ Aus 11 Jahren berechnet. -
4 Aus 7 Jahren berechnet. ¶
Im mittlern Europa nimmt also, ebenso wie die Häufigkeit und Reichlichkeit des Regens, auch die Häufigkeit des Hagels mit der Entfernung von der Küste ab; in England fällt am häufigsten im Winter (wahrscheinlich Graupeln), in Dänemark, [* 18] Frankreich und Deutschland im Frühling, besonders im April, noch weiter östlich erhält der Sommer das Übergewicht; im südlichen Italien [* 19] sind, wie in England, Winter und Frühling der Hagelbildung am günstigsten, am wenigsten dagegen der Sommer, und zwar scheinen zwei Maxima (März und November oder Dezember) hier ebenfalls auf analoge Verhältnisse mit der Verteilung des Regens im Jahr hinzudeuten.
Über die geographische Verbreitung des Hagels ist nach den vorhandenen Beobachtungen, die freilich noch sehr der Vervollständigung bedürfen, folgendes zu bemerken. Hagelfälle sind überall auf der Erde beobachtet worden von den tropischen Gegenden an bis zum hohen Norden; [* 20] im allgemeinen aber werden die mittlern Breiten am häufigsten vom Hagel heimgesucht. In den Niederungen der Tropenzone ist unter 600 m Meereshöhe der eine sehr seltene Erscheinung. Bei größerer Erhebung über das Meer kommt er nicht so selten vor, wie z. B. in Bornu, Habesch, Maissur, Mexiko, [* 21] Caracas, Peru, [* 22] und in Ostindien [* 23] fällt Hagel überhaupt selbst in tiefern Gegenden häufiger. In höhern Breiten wird Hagel fast überall angetroffen, wo es regnet, in Europa besonders häufig zwischen 40 und 55° Breite [* 24] (namentlich ist das südliche Frankreich sehr oft von schweren Hagelwettern heimgesucht worden); selten fällt er auf dem Meer und bei Temperaturen unter 0°. Daher ist der auch in den Polarzonen eine seltene Erscheinung; doch hat man gefunden, daß Graupeln namentlich an den Küsten des Polarmeers nicht so selten sind. Im Gegensatz zu den niedern Breiten kommt Hagel in der gemäßigten Zone häufiger in der Tiefe als in höher gelegenen Gegenden vor.
Hier tritt sein lokaler Charakter besonders deutlich hervor, denn manche Gegenden leiden häufig vom Hagel (Blanzat, Chateaugué, Sayat in der Auvergne am Fuß des Gebirges), während benachbarte, eine halbe Meile davon und 400 m höher gelegene (zwischen Mont d'Or und Puy de Dôme) selten davon betroffen werden; auch in engen Alpenthälern (von Aosta, Kanton Wallis) [* 25] fällt Hagel selten, aber sehr häufig an ihren Ausgängen in die Ebene (z. B. bei Borgofranco im Aostathal, Ivrea, Lugano und überhaupt am Südabhang der Alpen). [* 26] In neuester Zeit sind von Riniker im Kanton Aargau Untersuchungen angestellt über die Abhängigkeit der Hagelschläge von der Form und der Bewaldung der Erdoberfläche. Er gelangte dabei zu den Resultaten, daß Hagelwetter eine lokale Erscheinungsform von oft weitverbreiteten und heftigen Gewittern sind.
Sie entstehen, wenn nach mehreren heißen Tagen Gewitterwolken über kahle oder schlecht bewaldete Hochflächen ziehen und unter der Einwirkung von seitlichen Winden [* 27] (Querwinden) über erhitzten Thälern zum Stehen kommen. Aus Gewittern, die über geschlossene und hoch gelegene Tannenwaldungen gezogen sind, entsteht kein Hagelwetter; einzelne gut bewaldete Anhöhen pflegen die Hagelwetter oft zu teilen und abzulenken. Die eigentliche Hagelzone, in welcher der Hagel häufiger als anderwärts auftritt, liegt auf der nördlichen Erdhälfte zwischen 30 und 60° nördl. Br. Die Entstehung des Hagels zu erklären, ist mit Schwierigkeiten verbunden; wir besitzen viele Theorien, doch hat bis jetzt noch keine allgemeine Anerkennung gefunden.
Vgl. Fritz, Die geographische Verbreitung des Hagels (»Petermanns Mitteilungen« 1876, Heft 10);
Schwaab, Die Hageltheorien älterer und neuerer Zeit (Kassel [* 28] 1878).
s. Schrot. ^[= # (Flintenschrot), erstarrte Bleitropfen von 0,6 mm (Dunst, Vogeldunst) bis gegen 6 mm ...]