Hyperplasie
(grch.), s. Hypertrophie.
Hyperplasie
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Hyperplasie
(grch.), s. Hypertrophie.
(griech.), die »übermäßige Ernährung« der Körperteile und die sich hieraus ergebende Zunahme des Volumens und des Gewichts derselben. Die Hypertrophie ist ein krankhafter Vorgang und besteht in der Neubildung von Geweben, welche denjenigen des gesunden Organismus in Bezug auf Größe, Gestalt, Anordnung und Verrichtung gleich sind (Homöoplasie, im Gegensatz zu den Gewächsen und Geschwülsten). Die Hypertrophie ist entweder eine wahre oder einfache Hypertrophie, wobei die Gewebselemente (Zellen, Fasern etc.) zwar in normaler Menge vorhanden, aber vergrößert sind, oder eine numerische (auch Hyperplasie genannt), wenn alle oder doch die wesentlichen Gewebselemente an Zahl zugenommen haben.
Die einfache und numerische Hypertrophie gehen vielfach ineinander über oder kommen nebeneinander vor. Die Hypertrophie betrifft bald das ganze Organ, z. B. einen Muskel, eine Drüse, bald nur einen Teil desselben, und in dem letztern Fall bleibt es unentschieden, ob man die Neubildung als Hypertrophie oder als Geschwulst bezeichnen will. Die einfache sowohl als die numerische Hypertrophie wird geradezu an allen Organen des Körpers, wenn auch nicht an allen gleich häufig, beobachtet. Die Gestalt der betreffenden Organe wird dadurch meist so wenig wie ihre sonstigen physikalischen Eigenschaften verändert, nur werden die Organe eben größer und schwerer.
Anders freilich verhält sich dies bei der sogen. falschen Hypertrophie. Diese stellt sich zwar ebenfalls als Vergrößerung des Organs unter Beibehaltung seiner bisherigen Form dar, aber die innere Struktur und Textur der Teile ist dabei erheblich verändert. Denn die Vergrößerung beruht hier entweder auf einseitiger Zunahme nur des Bindegewebes, die zuweilen selbst mit Verdrängung und Untergang der wesentlichen Gewebsbestandteile verbunden ist, oder auf Einlagerung fremdartiger Substanzen und fremdartiger Gewebselemente in und zwischen die normalen Gewebsteile.
Die falsche Hypertrophie der Leber z. B. beruht bald auf Zunahme des in der Leber normal vorkommenden Bindegewebes, mit oder ohne Untergang der eigentlichen Leberzellen, bald auf Einlagerung von Fett und amyloider Substanz in die Drüsenzellen und Blutgefäße der Leber, bald endlich auf Einlagerung farbloser Blutkörper (Leukämie) oder massenhafter kleiner Rundzellen (Syphilis) zwischen die Zellen und Blutgefäße der Leber etc. Als falsche Hypertrophie werden also ganz verschiedenartige Zustände bezeichnet, denen als gemeinsames Symptom nur die Vergrößerung des Organs zukommt, während die chemischen und physikalischen Eigenschaften desselben mannigfach abgeändert erscheinen und seine wesentlichen Gewebselemente jedenfalls nicht hypertrophisch, eher vom Untergang bedroht sind.
Die Hypertrophien unterliegen denselben Gesetzen des Wachstums, der Ernährung, der Rückbildung und Erkrankung wie die normalen Gewebe [* 4] und Organe. Die echte Hypertrophie bewirkt meist eine Steigerung der Verrichtungen, die falsche Hypertrophie fast immer das Gegenteil davon. Die Ursachen der echten Hypertrophie sind: übermäßige Funktionierung, mechanische und chemische Reize der verschiedensten Art, vikarierende Verrichtung (z. B. wenn die eine Niere auch für die andre, durch Krankheit zerstörte Niere den Harn mit abscheiden muß, oder wenn bei Erkrankung beider Nieren das Herz größere Arbeit zu leisten hat, um das Blut durch die verminderten Drüsenabschnitte zu treiben).
Zahlreiche Hypertrophien aber entstehen spontan, d. h. wir kennen ihre Ursachen nicht. Die falsche Hypertrophie beruht großenteils auf chronischer Entzündung (namentlich diejenige Form, welche als einseitige Bindegewebsvermehrung auftritt) sowie auf verschiedenen andern Grundkrankheiten. Die Symptome und Folgen der Hypertrophie sind bei den einzelnen Organen so überaus verschieden, daß sich darüber keine allgemeinen Sätze aufstellen lassen.
Vgl. Virchow, Cellularpathologie (Berl. 1871). ¶
In der Botanik bezeichnet man mit eine auf reichlicherer Ernährung beruhende Vergrößerung von Pflanzenteilen über ihr gewöhnliches Maß; sie wird bewirkt entweder durch übergroße Nahrungszufuhr aus dem Boden bei starker Düngung oder durch Wegnahme gewisser Teile der Pflanze, wenn z. B. alle Triebe bis auf einen oder einige weggeschnitten werden, infolgedessen diese dann ihre Stengel [* 6] und ihre Blätter riesenhaft vergrößern. Dasselbe tritt ein nach Abtrieb von Sträuchern und Bäumen an den ersten Wurzelschößlingen, die sich an den Stümpfen entwickeln.
Ebenso erzielen die Gärtner durch Abkneipen junger Früchte, Blüten und Laubtriebe abnorm große Früchte, Trauben, Blüten etc. Auch an der unverletzten Pflanze können gewisse Teile hypertrophisch und dadurch wirkliche Mißbildungen erzeugt werden. Die Ursache davon liegt bald in einer Hemmung der Vegetation in irgend einem Pflanzenteil, infolgedessen an andern Teilen eine erhöhte Vegetationsthätigkeit eintritt, oder sehr häufig auch in einer Hemmung des absteigenden Saftstroms, dessen Ansammlung an einer Stelle zur Hypertrophie Veranlassung gibt, wie dies bei der Maserbildung, der Entstehung von Wasserreisern etc. der Fall ist. Sehr häufig wird auch durch Parasiten eine übermäßige Nahrungszufuhr nach den infizierten Organen verursacht, welche eigentümliche Hypertrophien derselben zur Folge hat; dahin gehören die durch manche Schmarotzerpilze bewirkten Anschwellungen, Krümmungen, Drehungen und Verkrüppelungen und die von parasitischen Tieren hervorgebrachten Gallen.