Hyperämie
(grch.), die Überfüllung der Gefäße des Körpers mit Blut. Sind sämtliche Gefäße mit Blut überfüllt, so handelt es sich um ¶
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allgemeine Hyperämie
(Plethora, Vollblütigkeit), findet sich aber die Hyperämie
nur an einzelnen Körperstellen, so nennt man sie eine
örtliche. Bei den örtlichen Hyperämie
sind nur die Haargefäße mit den angrenzenden kleinen Arterien und Venen beteiligt, und zwar
in zweierlei Art, entweder durch Erschlaffung der Gefäßwände (aktive Hyperämie
) oder durch Wachsen der Widerstände
in den Venen (passive Hyperämie
). Die aktive Hyperämie heißt auch, weil sie durch einen Lähmungszustand der
Arterien zu stande kommt, Lähmungshyperämie (paralytische, atonische, relaxative), und weil sie am häufigsten die Arterien
betrifft, arterielle Hyperämie.
Früher nannte man sie Blutwallung (Fluxion) oder Kongestion.
Aus ähnlichen Gründen wird die passive auch mechanische oder venöse Hyperämie
, Blutstauung, Blutstockung genannt.
Die arterielle oder kongestive Hyperämie
entsteht entweder durch allgemeine oder örtliche Steigerung des Blutdruckes, wie z. B.
bei erhöhter Herzthätigkeit, bei der sog. kollateralen Fluxion, bei welcher das Blut durch gewisse, in die Blutbahn eingeschaltete
Hindernisse gezwungen wird, nach den benachbarten Gefäßen hin auszuweichen und diese zu überfüllen,
oder durch Abnahme des Widerstandes, welchen der Blutstrom unter normalen Verhältnissen seitens der Gefäßwände erfährt,
wie z. B. nach Entfernung des Luftdruckes bei der Anwendung des Schröpftopfes oder des Junodschen
Schröpfstiefels, nach der Ausschälung großer Geschwülste aus gefäßreichen Gegenden, bei gewissen Gefäßkrankheiten,
welche die Elasticität der Gefäßwand vermindern u. s. w. Hierher
gehören auch die durch Lähmung oder Erschlaffung der Gefäßmuskulatur entstehenden Blutwallungen, wie sie am ausgesprochensten
nach der Durchschneidung gewisser Gefäßnerven und auf reflektorischem Wege durch Reizung sensibler Nerven
[* 4] (Schmerz) sowie
durch psychische Vorgänge (Schamröte u. dgl.) beobachtet werden.
Die passiven oder Stauungshyperämien
(Blutstockungen) entstehen dagegen umgekehrt durch Abnahme des Blutdruckes
und Zunahme der Widerstände, welche sich dem strömenden Blute seitens der Gefäßwände entgegenstellen; hierher gehören
mechan. Druck, Wirkung der Schwerkraft bei der Senkungshyperämie
oder Hypostase, bei der es infolge lang anhaltender Rückenlage
und geschwächter Herzthätigkeit zu Verlangsamung des Blutstroms und hochgradiger Blutstauung in den Lungen
kommt, weiterhin Verschluß der Venen durch Geschwülste und Gerinnsel, erschwerter Abfluß des Venenblutes in das rechte Herz,
wie bei den meisten Lungen- und Herzkrankheiten.
Die Hyperämie
kann entweder kurze Zeit anhalten (akut) oder lange dauern (chronisch sein), eine Krankheitserscheinung
oder einen normalen Zustand bilden. Die Magenschleimhaut z. B. wird während der Verdauung regelmäßig
hyperämisch. In ihren Erscheinungen sind die aktive und die passive Hyperämie
wesentlich voneinander verschieden.
Bei der arteriellen Hyperämie
röten sich die befallenen Teile, werden heißer,
schwellen an, klopfen, Schmerz ist gering oder fehlt
ganz, es kommt zu Ausschwitzungen und Blutungen.
Die venöse Hyperämie
dagegen verursacht eine dunkle, bläuliche Färbung des Körperteils (s.
Blausucht), seine Temperatur wird niedriger, Blutungen, Ausschwitzungen, Anschwellungen kommen gleichfalls zu stande. Bei beiden
Hyperämie
wird die Thätigkeit der erkrankten Organe gestört, jedoch nach der Art der und je nach dem Organ in eigentümlicher
Weise. Die aktive Hyperämie
veranlaßt vorzugsweise Entzündungserscheinungen (erhöhten Stoffwechsel), die passive
dagegen Erscheinungen der Wassersucht (darniederliegenden Stoffwechsel), auf Schleimhäuten chronische Katarrhe. Bei der Behandlung
sind vorerst die der Hyperämie
zu Grunde liegenden Ursachen zu erforschen und zu beseitigen. (S. Entzündung und Wassersucht.)