Titel
Huygens
(spr. heu-), 1) Constantyn Huygens
,
Herr von Zuilichen, geb. im
Haag,
[* 2] steht als holländ.
Dichter in der ersten
Reihe mit
Vondel und
Hooft. Obwohl 50 Jahre lang
Geheimschreiber der
Prinzen von
Oranien, beschäftigte er
sich wenig mit
Politik und widmete sich in seinen Mußestunden ganz der
Poesie. Als
Epigrammatiker hat er Vortreffliches geleistet;
auch gehören die Gedichte, in welchen er das holländische Volksleben schildert, und sein
Lustspiel »Tryntje
Cornelis« (1657) zum
Besten, was die holländische Litteratur des 17. Jahrh. aufweisen kann. Er selbst sammelte
seine Gedichte unter dem
Titel: »Korenbloemen« (1658, vermehrte Ausg.
1672; neu hrsg. von Bilderdyk, 1824). Auch als lateinischer Dichter
ist er durch seine
»Otia« (1625 ff.) bekannt geworden.
Er starb im
Haag. Neuerdings erschienen von ihm:
»Mémoires« (hrsg. von
Jorissen,
Haag 1883) und
»Musique et musiciens au XVII. siècle. Correspondance et œuvre musicales
de Const. Huygens«
(hrsg. von
Jonckbloet und Land, Par. 1883).
Vgl.
Jorissen, Const. Huygens
(Amsterd. 1871).
Die bekannte hübsche Allee vom Haag nach Scheveningen ist nach seinem Plan angelegt.
2) (Hugenius) Christian, Mathematiker, Physiker und Astronom, Sohn des vorigen, geb. im Haag, studierte zu Leiden [* 3] die Rechte, sodann Mathematik und Physik, besuchte wiederholt England und Frankreich, erhielt in Paris [* 4] durch den Minister Colbert einen ansehnlichen Jahrgehalt und kehrte nach der Aufhebung des Edikts von Nantes [* 5] in sein Vaterland zurück, wo er ganz der Wissenschaft lebte und im Haag starb. In seiner Abhandlung »De ratiociniis in ludo aleae« (1656) gab er die erste wissenschaftliche Grundlegung der Wahrscheinlichkeitsrechnung.
Die Optik verdankt ihm die Verbesserung der Teleskope, deren er selbst mehrere von ungewöhnlicher Größe verfertigte, so eins von 35 und ein andres von 38 m Brennweite, welche er der königlichen Akademie zu London [* 6] schenkte. Er stellte zuerst die Undulationstheorie des Lichts auf und gab eine sinnreiche Erklärung der doppelten Brechung des Lichts [* 7] im isländischen Kalkspat. [* 8] 1655 entdeckte er den größten der sieben Satelliten des Saturn und berechnete dessen Umlaufszeit sowie den Ring des Saturn.
Förderlich für die
Mathematik waren seine
Komplanation der
Konoide und
Sphäroide, seine
Methode, die
Rektifikation der
Kurven
auf die
Quadratur derselben zurückzuführen, seine
Quadratur der
Cissoide,
[* 9] die Auffindung der wahren Gestalt der
Kettenlinie
und der
Tautochrone, die von ihm erfundene
Theorie der
Evoluten und endlich seine
Propositionen über die
Zentrifugalkraft
[* 10] der in der
Peripherie eines
Kreises sich bewegenden
Körper. Am wichtigsten war aber die von ihm zuerst zur
Ausführung gebrachte
Ausstattung des Räderwerks der
Uhren
[* 11] mit einem
Pendel.
[* 12] Auch zeigte er, daß das einfache
Sekundenpendel
als Normallängenmaß und zur Bestimmung des
Raums dienen könne, welchen ein auf der
Erde frei
fallender
Körper in der ersten
Sekunde zurücklege. Er schrieb: »Horologium oscillatorium« (Par.
1673) und »Systema Saturnium« (1659).
Seinen
»Traité de la lumière, où sont expliquées les causes de ce qui luy arrive
dans la reflexion et dans la refraction et particulierement dans l'étrange refraction du cristal d'Islande«
gab
Burckhardt (Leipz. 1885) heraus. Die beste Gesamtausgabe von Huygens'
Werken ist die
von 's
Gravesande besorgte
(Leiden 1724, 4 Bde., und
Amsterdam
[* 13] 1728, 2 Bde.).