Husten
(Tussis) nennt man ein hastiges, tönendes, meist krampfhaft, d. h. durch Reflexreizung erfolgendes Ausstoßen der Luft aus den Lungen und obern Luftwegen, wobei in der vorher krampfhaft verengten Stimmritze das Hustengeräusch entsteht. Meist geht eine tiefere und kräftigere Inspiration voraus; ist dies nicht der Fall, so entsteht das Hüsteln. Der Husten wird verursacht (ausgenommen bei rein willkürlichem Hüsteln) durch eine Reizung der vom Nervus vagus abstammenden Empfindungsnerven an einer beschränkten Stelle der Unterseite der Stimmbänder, durch den sog. Hustenkitzel.
Diese Reizung teilt sich dann dem Reflexcentrum im obern Rückenmark mit und ergreift von da die Bewegungsnerven der Atmungsmuskeln des Brustkastens und der Bauchwände. Der Hustenreiz wird bei gesunden Atmungswerkzeugen durch Eindringen fester oder ätzender Körper in den Kehlkopf und die Luftröhre hervorgebracht (Staub, Flüssigkeit beim Verschlucken, reizende Gase, Tabaksrauch, Schleim), kommt aber auch bei Entzündung und geschwürigen Prozessen der Luftwege zu stande. In einzelnen Fällen wird er durch die bloße Mitleidenschaft der Atmungswerkzeuge bei Leiden anderer, in der Nähe liegender Organe hervorgerufen; so kann eine Reizung der in der Schleimhaut des Magens sich verbreitenden Aste des Nervus vagus reflektorisch auf die Lungenäste überstrahlen und so den sog. Magenhusten hervorrufen.
Mitunter tritt der auch als selbständige Neurose, unabhängig von anderweitigen Veränderungen in den Luftwegen auf (sog. Kehlkopfhusten, Tussis laryngealis); meist handelt es sich dabei um blutarme und nervöse Individuen, besonders Frauen, die auch an sonstigen nervösen oder hysterischen Beschwerden leiden. Sind die Luftwege schon an sich krank, so bringt schon ein sehr leichter Reiz, z. B. die Anhäufung des Schleims, Husten zu Wege. Sonach ist der Husten keine eigentümliche Krankheit, sondern nur das Symptom eines regelwidrigen Zustandes, der manchmal nach Hinwegnahme der Ursachen schwinden, oft aber auch nicht entfernt werden kann, wie bei der Lungenschwindsucht und den andern Zerstörungskrankheiten der Respirationsorgane.
Hält der Husten längere Zeit an, z. B. 8-14 Tage, ohne sich zu vermindern, so ist er immer als ein ernsthafter Zufall zu betrachten, da jeder Katarrh in Lungenentzündung oder Tuberkulose übergehen oder zu allerlei bedenklichen Übeln, wie Emphysem der Lungen, auch Lungenblutungen, Blutandrang nach einzelnen Teilen, besonders nach dem Kopfe, bisweilen auch Berstung von Gefäßen (Nasenbluten, Schlagfluß), Eingeweidebrüche, Abortus u. dgl. führen kann. Aus diesem Grunde muß auch in jenen Fällen, in denen die betreffende Grundursache nicht entfernt werden kann, der Husten wenigstens symptomatisch bekämpft werden, was teils durch milde, laue, schleimig-ölige Dinge geschieht (z. B. durch warme Milch, Leinthee, Brustthee, Malzbonbons, Emulsionen), teils durch narkotische, den Hustenkitzel und die Reflexreizbarkeit mildernde Mittel (besonders Morphium, Opium, Blausäure, Bilsenkraut, Belladonna, Chloralhydrat), teils durch schleimlösende oder expektorierende Mittel (wie die kohlensauren Alkalien, die meisten Mineralwässer), teils durch Ableitungen auf die Haut (z.B. Pechpapier, Blasenpflaster, Senfteige, warme Breiumschläge), welche man meist vorn auf der Brust anbringt. Am entschiedensten tritt der krampfhafte und schädliche Charakter des Husten bei dem sog. Keuchhusten (s. d.) hervor.