Hospitalbrand
(Gangraena nosocomialis, Pourriture des hôpitaux), eine gefürchtete
Krankheit, welche früher nicht
selten in überfüllten
Kriegslazaretten und mit chirurgischen Kranken übermäßig belegten Hospitälern vorkam. Zur Zeit,
wo der Hospitalbrand
zu herrschen beginnt, verändern sich sowohl frische
Wunden als solche, welche bereits in
Heilung und Benarbung begriffen
sind, bei vielen oder mehreren Kranken gleichzeitig ohne greifbaren
Grund in eigentümlicher
Weise.
Haut (anatomisch)

* 2
Haut.Bald wandelt sich die Wund- oder Granulationsfläche in eine breiig-schmierige Masse von gelber Farbe um, welche man abstreifen kann, und worauf eine schmutzige Fläche zurückbleibt. Diese Veränderung erstreckt sich aber von der Wunde oder dem Geschwür aus alsbald auch auf die umgebende bis dahin gesunde Haut, [* 2] so daß nach 3-4 Tagen die Wundfläche doppelt so groß ist als vorher, während die breiige Erweichung auch in die Tiefe, jedoch weniger schnell, fortschreitet.
Dies ist die pulpöse Form des Hospitalbr
andes.
Bald aber, in andern
Fällen, nimmt die frische
Wunde oder Granulationsfläche
eine trichterförmig vertiefte Form an und sondert eine dünne, jauchige
Flüssigkeit ab, nach deren Beseitigung die brandigen
Gewebe
[* 3] als zottige
Massen zu
Tage treten. Die
Haut im
Umfang des
Geschwürs ist leicht gerötet. Das
Geschwür
breitet sich schnell aus, schneller als bei der pulpösen Form, und greift auch mit größerer
Geschwindigkeit in die Tiefe
der
Gewebe.
Ausdehnung (der festen

* 4
Ausdehnung.
Dies ist die ulceröse Form des Hospitalbr
andes. Nicht bloß größere
Wunden, sondern auch kleine und unbedeutende
Verletzungen,
z. B. ein Blutegelstich, eine durch
Blasenpflaster entblößte Hautstelle etc., können vom Hospitalbrand
ergriffen
werden. Niemals aber tritt der an einer völlig unverletzten Hautstelle auf. Die brandige Zerstörung der
Gewebe erreicht
in kurzer Zeit die bedenklichste
Ausdehnung.
[* 4] Das Allgemeinbefinden ist dabei gestört, es tritt mäßiges
Fieber ein, die
Zunge
ist dick belegt; es besteht
Neigung zum
Brechen, vollständiger Appetitverlust, große
Schwäche und Abgeschlagenheit.
Der
Brand kann durch den Übergang auf die
Arterien gefährliche
Blutungen herbeiführen. Dagegen widerstehen die großen Arterienstämme
dem Hospitalbrand
merkwürdig gut. Man hält den Hospitalbrand gegenwärtig für eine Wundinfektionskrankheit,
welche auf der Ansiedelung pflanzlicher
Parasiten
(Bakterien) beruht, ähnlich der
Diphtherie, und je mehr
diese Kenntnis an Ausbreitung gewonnen hat, ist der aus den modernen
Krankenhäusern vollständig verschwunden. Während früher
namentlich in überfüllten
Kriegslazaretten der Hospitalbrand
selbst Leichtverwundeten verhängnisvoll wurde, ist jetzt durch strengste
Verbannung aller unreinen (im chirurgischen
Sinn bedeutet unrein soviel wie bakterienhaltig) Verbandmittel, namentlich der
berüchtigten
Scharpie, aller unreinen
Instrumente etc. der als ein Übel vergangener
Zeiten anzusehen,
welches selbst in dem serbisch-bulgarischen
Feldzug 1885-86 nicht vorgekommen ist und unter geordneten Friedensverhältnissen
ohne gröblichste Vernachlässigung aller chirurgischen
Erfahrungen nicht mehr vorkommen darf. Über die Behandlung des Hospitalbr
andes
vgl.
Wunde.