Horn
,
der
Auswuchs am
Kopf der
Rinder,
[* 2]
Antilopen,
Ziegen,
Schafe,
[* 3] auch der
Giraffe und des
Rhinozeros;
im weitern
Sinn ähnliche Gebilde am
Körper andrer
Tiere, z. B. mancher
Käfer.
[* 4] Das echte Horn
ist ein solider, aus verklebten
Borsten hervorgegangener
Auswuchs beim
Rhinozeros
(Nashorn) ein hohler Überzug dagegen über Knochenzapfen bei den genannten
Wiederkäuern, die darum auch als hohlhörnig (Kavikornier) bezeichnet werden. Das
Gehörn der
Hirsche
[* 5] besteht
aus Knochensubstanz und gehört nicht hierher (s.
Geweih), ebensowenig das Horn
des
Einhorns
(Narwals), das vielmehr ein Stoßzahn
ist.
Bei den Vögeln tragen z. B. der Kasuar und viele Arten der Nashornvogel ein Horn auf dem Kopf oder dem Schnabel; auch der Sporn bei Hühnervögeln etc. besteht aus Hornsubstanz. Letztere bildet auch die Schwielen (Sohlenballen), ferner die Schuppen bei den Säugetieren (Schuppentiere etc.), Vögeln und Reptilien (Schildkröten, [* 6] Schlangen [* 7] etc.), nicht aber bei den Fischen, sowie die Zungenstacheln bei den Katzenarten, die Hornzähne des Schnabeltiers, des Neunauges etc., die Barten des Walfisches, die Platten auf der Zunge, im Gaumen und im Magen [* 8] der Vögel [* 9] und mancher Säugetiere.
Als krankhafte Erscheinungen sind hornartige Bildungen bei Pferden, Katzen, [* 10] Wölfen, bei Gänsen, Enten [* 11] und Hühnern zu betrachten. Hierher gehören auch die Künsteleien bei Kapaunen, denen man die von den Füßen abgeschnittenen Sporen durch eine Wunde am Kopf einpfropft, wo sie dann unter Umständen nicht nur einwachsen, sondern auch noch größer werden sollen, als sie an den Füßen geworden wären. Das echte Horn wie auch die Haare, [* 12] Barten (Fischbein), Federn, Nägel, [* 13] Hufe und die übrigen oben genannten aus Hornsubstanz bestehenden Bildungen setzen sich aus mächtigen Lagen von Oberhaut- (Epidermis-) Zellen zusammen, die verhärtet und bis zur Unkenntlichkeit abgeplattet sind, sich jedoch durch Behandlung mit Kalilauge wieder aufweichen und deutlich machen lassen. Beim Erwärmen wird die Masse weich und läßt sich schweißen; beim Zerreiben entwickelt sich ein eigentümlicher Geruch, welcher wohl von einer Schwefelverbindung herrührt. Verdünntes Kali löst unter Bildung von ¶
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Ammoniak den größten Teil des Horns auf; konzentrierte Essigsäure verwandelt es beim Kochen in eine Gallerte und löst eine Substanz auf, die durch Ammoniak wieder gefällt wird. Mit verdünnter Schwefelsäure [* 15] entstehen beim Kochen Leucin und Tyrosin. - Die Hörner der Tiere dienten den alten Völkern vornehmlich als Trinkgeschirre und Gefäße für Öl, Wein und andre Flüssigkeiten. Als Blasinstrumente finden wir sie schon in den ältesten Zeiten im Gebrauch. Da das ein Zeichen der Macht, Kraft [* 16] und Würde war, so wurden Götter, Heroen etc. mit Hörnern dargestellt; so auf alten Münzen [* 17] die Köpfe des Serapis, des Ammon, [* 18] des Dionysos, [* 19] der Isis, [* 20] ja sogar Alexanders d. Gr. und seiner Nachfolger. Selbst lebende Personen trugen Hörner als Ehrenzeichen (Alexander). Die Hörner der Opfertiere wurden bei den Griechen, Römern und Juden vergoldet.
Technische Anwendung
finden besonders folgende Hornarten: Gemeines Ochsenhorn bildet nur Sekundaware. Wertvoller sind die großen südamerikanischen Hörner, welche an der Spitze bis zu einem Drittel abwärts schwarz, übrigens weiß, in der Masse sehr fest, rein und durchscheinend sind und schöne Beize annehmen. Die ungarischen Hörner sind grau, grünlich, schwarz mit weiß gemischt; die irischen, hellfarbig und fast bis zur Spitze hohl, werden bei der Bearbeitung sehr durchsichtig.
Büffelhörner sind fester, von feinerer Masse, dunkelbraun oder schwärzlich, nehmen schöne Politur an und kommen besonders aus Ungarn, [* 21] Siebenbürgen, der Walachei, Italien, [* 22] Spanien [* 23] etc. in den Handel. Ziegen-, Widder- und Gemshörner sind von geringerer Bedeutung. Die soliden Spitzen der Hörner werden besonders von den Drechslern, die Hohlstücke (Hornschroten) von den Kammmachern verarbeitet. Das rohe Horn wird zunächst 2-6 Wochen in kaltes Wasser gelegt und dann durch einen Schlag gegen ein Holzstück von dem Kern befreit.
Man sägt dann die massive Spitze des Horns ab, legt das röhrenförmige Stück einige Tage in kaltes, dann einige Stunden in siedendes Wasser, erhitzt es über Feuer und schneidet es von einem Ende zum andern auf. Unter fortwährendem Erwärmen läßt sich nun das Horn leicht auseinander biegen, worauf man die Hornplatten in einer Schraubenpresse zwischen warmen Eisenplatten einem allmählich verstärkten Druck aussetzt. Nach dem Einweichen in Wasser gleichen diese Hornplatten in ihrem Ansehen dem rohen und kommen in dieser Form in den Handel.
Wünscht man aber eine größere Durchsichtigkeit, so wird das über Kohlenfeuer erweicht, abgeschabt, von Flecken und Adern soviel wie möglich gereinigt, dann abermals erst zwei Tage in kaltem und einige Stunden in heißem Wasser erweicht, in geschmolzenen Talg getaucht, zwischen erwärmte Eisenplatten geschichtet und unter einer Schraubenpresse einem starken Druck ausgesetzt. Die Hornplatten lassen sich auch spalten und durch Kreissägen in dünne Blätter zerteilen.
Zum Löten schrägt man die zu vereinigenden Enden ab, reibt sie mit Schachtelhalm ab, stellt sie dann kurze Zeit in heißen Alkohol, um das Fett zu entkernen, und preßt sie nun zwischen den Backen einer ziemlich stark erhitzten kupfernen Lötzange in einem Schraubstock [* 24] allmählich stark zusammen. Während des Pressens gießt man fortwährend etwas Wasser auf das Horn, bis die Zange [* 25] erkaltet ist, und schabt und poliert dann die Lötstelle ab. Größere Platten erweicht man vor dem Zusammenlöten in heißem Wasser und preßt sie nach dem Trocknen zwischen Kupferplatten unter einer Presse. [* 26]
Längere Hornstäbe stellt man dar, indem man das von seiner massiven Spitze befreite Horn in heißem Wasser erweicht, auf der Drehbank [* 27] zu gleicher Wandstärke abdreht und nun auf einer Maschine [* 28] mit Schraubengang in einer Spirale zu einem langen Streifen aufschneidet. Die in Wasser erweichte Spirale wird zwischen erwärmten Walzen zu einem geraden Stab [* 29] gestreckt, letzterer in Metallröhren gebracht und, nachdem dieselben verschlossen wurden, so lange in Wasser gesotten, bis er die Form der Röhren [* 30] angenommen hat.
Der gehörig zubereitete Stab wird in Wasser oder Öl gelegt und zu Peitschenstöcken, Reitgerten, Schirmgestellen etc. benutzt. Zum Polieren des Horns dient Bimsstein, Tripel, Schachtelhalm etc. Die bei der Bearbeitung des Horns abfallenden Hornspäne werden als Dünger, als Streusand und in der Blutlaugensalzfabrikation angewandt; man kann sie aber auch wieder zu einer Masse vereinigen und Gegenstände vom Ansehen des Horns daraus fertigen (Gießen [* 31] des Horns).
Man preßt die befeuchteten Späne in einer erwärmten metallenen Form zu einem Kuchen zusammen, raspelt diesen, preßt die erhaltenen Späne abermals und wiederholt dies, bis man eine genügend dichte und feine Masse erhalten hat. Diese wird dann in ein feines Pulver verwandelt und in erhitzten zweiteiligen messingenen Formen unter starkem Druck zu Dosen, Knöpfen etc. geformt. Soll das Horn dauernd weich und elastisch bleiben, so weicht man es zehn Tage lang in einem Bad von [* 32] 1 Lit. Wasser, 3 L. Salpetersäure, 2 L. Holzessig, 5 kg Gerbsäure, 2 kg Weinstein, 2,5 kg schwefelsaurem Zinkoxyd, schneidet es zu und bringt es vor dem Polieren nochmals in dasselbe Bad.
Zum Beizen und Färben des Horns werden verschiedene Methoden angegeben. Um schwarz zu färben, legt man das Horn in eine kalt bereitete Lösung von 120 g Quecksilber in 120 g Salpetersäure und 500 g Wasser, spült es nach zwölf Stunden gut ab und bringt es dann auf 1-2 Stunden in eine Lösung von 15 g Schwefelleber in 500 g Wasser, worauf die Gegenstände gut abgewaschen werden müssen. Die Farbe sitzt sehr fest, liegt aber nur auf der Oberfläche. Um Horn dem Schildpatt ähnlich zu machen, legt man es einige Stunden in ein Bad aus 1 Teil Salpetersäure und 3 Teilen Wasser von 30-38° C., bedeckt es dann stellenweise mit einem Brei aus 2 Teilen Soda, 1 Teil gebranntem Kalk und 1 Teil Mennige, spült es nach 10-15 Minuten ab, trocknet das Horn durch Aufdrücken eines Tuches und legt es in ein Bad aus 4 Teilen Rotholzabkochung von 10° B. und 1 Teil Ätznatronlauge von 20° B., spült es dann ab und trocknet und poliert es nach 12-16 Stunden. Um dem ein metallartiges Ansehen zu geben, taucht man es in Chlorzink (gelb), chromsaures Zinkoxyd (grün), Chlorkupfer (schwarz), chromsaures Kupferoxyd (braun); Jodkalium, auf diesen Farben angebracht, verwandelt sie in Rot. Die eingetauchten Gegenstände werden bei 68° C. getrocknet und dann mit Musivgold abgerieben.
Vgl. Kühn, Handbuch für Kammmacher, Horn- und Beinarbeiter (2. Aufl., Weim. 1864);
Seliger, Technische Bibliothek für Drechsler (Münch. 1853);
Schmidt, Beizen, Schleifen und Polieren des Holzes, Horns, der Knochen [* 33] etc. (6. Aufl., Weim. 1878);