Holzbildha
uerei
(Holzschnitzerei), die
Kunst, plastische, d. h. runde und halberhabene, Gegenstände aus
Holz
[* 2] zu fertigen,
wobei verschiedene
Werkzeuge
[* 3]
(Meißel,
[* 4]
Bohrer,
[* 5] Stemmeisen,
Raspeln,
Sägen
[* 6] etc.) benutzt werden. Ursprünglich war jeder Bildhauer
zugleich Holzschnitzer. Die ältesten Kultusbilder der Griechen und andrer
Völker waren aus
Holz geschnitzt,
weshalb die Griechen die
Erfindung der Holzbildha
uerei auf den mythischen Ahnherrn aller
Künste,
Dädalos,
[* 7] zurückführten. In
Ägypten
[* 8] stand
die Holzbildha
uerei zu allen
Zeiten in hoher
Blüte,
[* 9] was zahlreiche Gräberfunde lehren. Da im
Altertum jedoch nur Kultuszwecke u. dgl. die
Verwendung des
Holzes bedingten, datiert der Anfang der Holzbildha
uerei in künstlerischem
Sinn erst seit dem christlichen
Mittelalter.
Möbel (Kunsttischlerei

* 10
Möbel.
Sie erstreckte sich zunächst auf
Möbel
[* 10] für kirchlichen und weltlichen
Gebrauch, deren
Stil und Ornamentik durch die jeweilig
herrschende
Architektur (byzantinisch, romanisch, gotisch) bestimmt wurde. Am reichsten begann sich die an dem Chorgestühl
der
Kirchen zu entfalten, welches dann in der Renaissanceperiode das
Objekt einer üppigen figürlichen
und ornamentalen
Dekoration wurde. In deutschen und italienischen
Kirchen sowie in den
Museen sind noch zahlreiche
Beispiele
von Chorgestühlen vorhanden, bei welchen sich oft zu der Holzbildha
uerei noch
Intarsia oder
Holzmosaik gesellt.
Daneben kommen geschnitzte Andachtsbilder (Madonnen,
Heilige,
Kalvarienberge) mit
Baldachinen und Tabernakeln
und besonders bemalte und vergoldete, oft sehr figurenreiche Altarschreine in Betracht. In
Deutschland
[* 11] sind die beiden
Syrlin
(Chorgestühl im
Münster
[* 12] zu
Ulm),
[* 13]
Veit
Stoß,
Hans
Brüggemann
(Schleswiger
Altar),
[* 14] in
Italien
[* 15] Giuliano und
Benedetto da
Majano,
Baccio
d'Agnolo, Stefano da
Bergamo und die
Familie de'
Marchis die namhaftesten Holzbildhauer
des 15. und 16. Jahrh.
für kirchliche
Zwecke. Um dieselbe Zeit wurden auch die profanen
Möbel immer reicher gestaltet, und schließlich erstreckte
sich die Holzbildha
uerei auf ganze
Zimmerausstattungen (Täfelungen,
Decken), wovon noch mehrere vollständig erhaltene
Beispiele (Seidenhofzimmer
in Zürich,
[* 16] Fredenhagensches
Zimmer in
Lübeck,
[* 17] Hirschvogelhaus in
Nürnberg,
[* 18] zwei
Zimmer im
Berliner
[* 19]
Kunstgewerbemuseum)
glänzendes
Zeugnis ablegen.
Andre
Spezialitäten der Holzbildha
uerei waren in dieser Zeit
Truhen, Bilderrahmen,
Kunstschränke sowie Schmuckkästchen und
Möbel jeglicher
Gattung. Auch in der Barockzeit blühte die Holzbildha
uerei, bis sie in der Rokokoperiode für Zimmerausschmückungen
allmählich durch die Stuckdekoration verdrängt wurde. Neuerdings hat sie wieder einen Aufschwung genommen, wird aber als
ein
Zweig der Möbeltischlerei kultiviert. Nur in
Italien, wo gegenwärtig
Frullini (s. d.) Ausgezeichnetes leistet, ist die
Holzbildhauerei
noch eine besondere
Kunst. S. die Tafel
»Möbel«.
Vgl. J. Lessing, Holzschnitzereien des 15. und 16. Jahrhunderts (Berl. 1882).