Titel
Holtzendorff
,
1)
Karl
Friedrich von, ausgezeichneter preuß. Artilleriegeneral, geb. zu
Berlin,
[* 2] Sohn des Artillerieinspekteurs unter
Friedrich d. Gr.,
Generals
Georg
Ernst von Holtzendorff
(1714 bis 1785),
betrat 1778 die militärische Laufbahn, ward 1781
Leutnant, erwarb 1794 bei Wawriczow den
Orden
[* 3]
pour le mérite, wurde 1806 verwundet,
nahm an der
Verteidigung von
Danzig
[* 4] teil, ward 1807
Major und 1809
Brigadier der gesamten reitenden
Artillerie. 1813 dem
Korps
Bülows zugeteilt, zeichnete er sich besonders bei
Großbeeren,
Dennewitz und
Leipzig,
[* 5] 1814 bei
Laon und 1815 bei
Ligny und
Waterloo
[* 6] aus. Seit 1813
Generalmajor, erhielt er 1816 das
Kommando der Gardeartillerie und das der 1. und 2. Artilleriebrigade, 1820 das
der 2.
Division und 1825 die
Stelle eines Generalinspektors des Militärerziehungs- und Bildungswesens
der
Armee. Er starb in
Berlin.
2) Franz von, Rechtslehrer und Schriftsteller, geb. zu Vietmansdorf in der Ukermark, studierte Jurisprudenz und widmete sich darauf der Gerichtspraxis, bis er sich 1857 zu Berlin als Dozent habilitierte, wo er 1861 eine außerordentliche, 1873 eine ordentliche Professur erhielt. Im Herbste d. J. ging er nach München. [* 7] Seine Bemühungen sind vornehmlich auf die Reform des Gefängnis- und Strafwesens überhaupt gerichtet, zu welchem Zweck er ausgedehnte Studienreisen durch ganz Europa [* 8] machte.
Unter seinen hierauf bezüglichen Schriften sind hervorzuheben: »Die Deportationsstrafe im römischen Altertum« (Leipz. 1859);
»Die Deportation als Strafmittel« (das. 1859);
»Das irische Gefängnissystem« (das. 1859);
»Die Kürzungsfähigkeit der Freiheitsstrafen und die bedingte Freilassung der Sträflinge« (das. 1861);
»Kritische Untersuchungen über die Grundsätze und Ergebnisse des irischen Strafvollzugs« (Berl. 1865).
Unter seinen gegen die in Preußen [* 9] übliche Verwaltung des Gefängniswesens gerichteten Schriften haben namentlich zwei: »Die Brüderschaft des Rauhen Hauses« (Berl. 1861) und »Der Brüderorden des Rauhen Hauses und sein Wirken in den Strafanstalten« (1. u. 2. Aufl., das. 1862),
in weitern
Kreisen Aufsehen erregt. Von 1861 bis 1873 gab Holtzendorff
die »Allgemeine
deutsche Strafrechtszeitung«, seit 1866 mit
Virchow die »Sammlung gemeinverständlicher wissenschaftlicher
Vorträge«,
seit 1871 das »Jahrbuch für
Gesetzgebung,
Verwaltung und
Rechtspflege des
Deutschen
Reichs«, seit 1872 mit W.
Oncken die »Zeit-
und Streitfragen« heraus. Außerdem schrieb er noch: »Französische Rechtszustände« (Leipz. 1859);
»Die Reform der Staatsanwaltschaft in Deutschland« [* 10] (Berl. 1864);
»Die Umgestaltung der Staatsanwaltschaft vom Standpunkt unabhängiger Strafjustiz« (das. 1865);
»Die Prinzipien der Politik« (das. 1869, 2. Aufl. 1879);
»Das Verbrechen des Mordes und die Todesstrafe« (das. 1875);
»Ein englischer Landsquire« (Stuttg. 1877);
»Wesen und Wert der öffentlichen Meinung« (Münch. 1879, 2. Aufl. 1880);
»Schottische Reiseskizzen« (Bresl. 1882);
»Rumäniens Uferrechte an der Donau« (Leipz. 1883; franz., das. 1884);
»Zeitglossen des gesunden Menschenverstands« (Münch. 1884).
Auch begründete er die »Encyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer und alphabetischer Bearbeitung« (Leipz. 1870-71, 2 Tle. in 3 Bdn.; 4. Aufl. 1882),
das »Handbuch des deutschen Strafrechts« (Berl. 1871-77, 4 Bde.),
das »Handbuch des deutschen Strafprozeßrechts« (das.
1879, 2 Bde.) und das »Handbuch
des
Völkerrechts« (das. 1885, Bd.
1). Nach dem
Englischen bearbeitete er
Perrys
»Franz
Lieber. Aus den
Denkwürdigkeiten eines
Deutsch-Amerikaners« (Stuttg. 1885).
Von seiner öffentlichen Wirksamkeit erwähnen wir die Begründung des deutschen
Juristentags, welche wesentlich sein Werk
war, seinen
Anteil am Protestantentag, seine Thätigkeit für Verbesserung der sozialen
Stellung der
Frauen und seine
Verteidigung
des
Grafen
Harry v.
Arnim (1874). Über die
Familie Holtzendorff
vgl. W. v. Holtzendorff
, Die von
Holtzendorff
in der
Mark
Brandenburg
[* 11] und Chursachsen (Berl. 1876).