Titel
Holstein
(lat.
Holsatia), ehemaliges Herzogtum, bildet jetzt den südlichen Teil der preuß.
Provinz
Schleswig-Holstein
[* 2] (s. d.), zwischen der
Elbe,
Eider,
Trave,
Nordsee und
Ostsee, und umfaßt die vier alten
Landschaften
Stormarn,
zwischen der
Bille,
Trave und
Stör, Holstein
, zwischen der
Schwentine,
Eider, Gieselau und
Stör,
Wagrien, zwischen der
Schwentine,
Trave und der
Ostsee, und
Dithmarschen, zwischen dem Ausfluß
[* 3] der
Elbe und
Eider, zusammen 8385 qkm (152,3 QM.) mit
ca. 560,000
Einw. Die Herrschaft
Pinneberg (mit
Altona)
[* 4] und die
Grafschaft
Ranzau gehörten nicht zum eigentlichen Holstein
Hauptstadt
war
Glücksburg. Nach der preußischen Besitznahme ist Holstein
in zehn Landkreise und zwei
Stadtkreise
(Kiel
[* 5] und
Altona) geteilt worden.
Königreich Sachsen

* 6
Sachsen.[Geschichte.]
In den ältesten
Zeiten wurde Holstein
(Nordalbingia) von
Sachsen
[* 6] bewohnt, mit welchen sich an der Nordseeküste friesische
Elemente mischten, während das
Küstenland im O. wohl erst unter
Karl d. Gr. Eindringlingen vom slawischen
Stamm der
Obotriten anheimfiel. Zuletzt von allen
Sachsen unterwarf
Karl d. Gr. die Nordalbingier (804);
Tausende von ihnen führte
er, um ihrem fernern
Widerstand vorzubeugen, aus dem Land, setzte an
Stelle der sächsischen
Fürsten fränkische
Grafen ein
und begann von
Hamburg
[* 7] aus, wo er eine
Kirche gründete, das
Werk der
Bekehrung des
Volkes zum
Christentum,
ein Bestreben, in welchem sein Sohn
Ludwig der
Fromme mit
Eifer und Erfolg fortfuhr.
Oldenburg und die Deut

* 9
Oldenburg.
Schon um 830 kann ganz als christlich gelten. Zum
Schutz des
Landes gegen die Einfälle der
Dänen gründete König
Heinrich I. 934 zwischen
Eider und
Schlei die
Mark
Schleswig.
[* 8] Er und sein Nachfolger
Otto I. unterwarfen die
Slawen in
Wagrien, und
letzterer stiftete hier zu
Oldenburg
[* 9] das erste
Bistum in Holstein.
Als nach dem
Tod
Ottos II. 983 die
Slawen in plötzlichem
Aufstand
überall von der deutschen Herrschaft und dem christlichen
Glauben abfielen, hatte auch Nordalbingien
alle Greuel ihres
Fanatismus zu erdulden; doch wenige Jahrzehnte später erscheint
Fürst Gotschalk von
Wagrien als eifriger
Förderer des
Christentums.
Inzwischen wurde
Dithmarschen von den
Grafen von
Stade,
[* 10] das mittlere Holstein
von den sächsischen
Herzögen aus billungischem
Haus
verwaltet. Als nach dem Aussterben der
Billunger
Lothar von Supplingenburg 1106
Sachsen erhielt, überließ
er die
Grafschaft an
Adolf I. von
Schauenburg, ließ sich jedoch bald nach seiner
Erhebung zum deutschen König 1126 dazu verleiten,
dem dänischen
Prinzen und
Herzog von
Schleswig,
Knut,
Wagrien zu
übertragen, woraus in der
Folge den deutschen Landstrichen Holsteins
mancherlei Verlegenheiten erwuchsen.
Holstein (Geschichte)

* 13
Seite 8.663.Adolf II. (1128-64, s. Adolf 2) darf zu den bedeutendsten Grafen des schauenburgischen Hauses gerechnet werden; denn mit Hilfe des begeisterten Priesters Vicelin schützte und förderte er das Christentum selbst über seine Grenzen [* 11] hinaus und bewog den Herzog von Sachsen, Heinrich den Löwen, [* 12] 1143 ihm Wagrien abzutreten. Dieses Land gewann er dann dem deutschen Volk, indem er nicht allein Holsten, sondern ¶
mehr
auch Einwanderer aus den westlichen Teilen Deutschlands
[* 14] hier ansiedelte und der germanisch-christlichen Kultur in dem von ihm
erbauten Lübeck
[* 15] einen festen Mittelpunkt schuf. Die Lehnsabhängigkeit von Sachsen verwickelte Holstein
in die Wirren, welche 1180 zum
Sturz Heinrichs des Löwen führten; doch Adolf III. (seit 1164) stellte sich auf die Seite Kaiser Friedrichs
I. und trug, als der kühne Welfe auf die Dauer nicht in Holstein
festen Fuß zu fassen vermochte, bei der Verteilung der welfischen
Lehen Dithmarschen als Frucht seiner Reichstreue davon.
Dänemark

* 17
Dänemark.
Die Lehnsverbindung mit Sachsen blieb auch in der Folge rechtlich bestehen, erwies sich aber bei der geringern Machtfülle
der folgenden Herzöge von Sachsen als bedeutungslos. Bei ihnen fand Holstein
während der staufisch-welfischen Kämpfe um den deutschen
Thron
[* 16] keine Unterstützung und mußte der dänischen Macht erliegen, welche sich unter der Regierung Waldemars I. (1157-82)
und Knuts (1182-1202) zu erstaunlicher Höhe erhoben hatte. So sah sich Adolf III. 1200 zur Abtretung Dithmarschens
an Dänemark
[* 17] genötigt und mußte nach der Niederlage bei Stellau (1201) auf die ganze Grafschaft verzichten (1203), nur um
Befreiung aus der Gefangenschaft zu erlangen. Der dänische Waldemar II. aber ließ sich zu Lübeck als König der Dänen und
Slawen und als Herr von Nordalbingien ausrufen und ernannte den Grafen Albert von Orlamünde mit unumschränkter
Vollmacht zum Statthalter in und Schleswig. Kaiser Friedrich II. trat ihm 1214 das Eroberte förmlich ab und trennte es vom Deutschen
Reich, und der Papst bestätigte 1217 die Urkunde.
Die Übermacht Dänemarks an der Elbe und Ostsee erreichte damals ihren Gipfel; weit über die Grenzen Nordalbingiens
trug König Waldemar II. seine siegreichen Waffen.
[* 18] Auch Mecklenburg
[* 19] wurde bedroht, und nur eine Gewaltthat des Grafen Heinrich von
Schwerin, welcher den König auf der Jagd 1223 in Fünen überfiel und gefangen nach Mecklenburg führte, rettete die deutschen
Länder an der Ostsee. Während der Gefangenschaft Waldemars erhoben sich die Holsteiner.
Festung (Allgemeines;

* 20
Festung.
Adolf IV., Adolfs III. Sohn schlug den ihm mit einem Heer entgegenziehenden Albert von Orlamünde bei Mölln, nahm ihn gefangen,
überlieferte ihn dem Grafen von Schwerin, nahm Lübeck und Hamburg und entriß sogar Dithmarschen der dänischen Herrschaft.
Auf die Kunde von diesen Ereignissen schloß der gefangene Waldemar einen Vertrag, worin er dem
Deutschen Reich alle Länder nördlich von der Elbe bis über die Eider sowie das ganze Wendenland zurückgab, den Grafen Adolf
IV. als rechtmäßigen Herrn von Holstein
, Wagrien und Dithmarschen anerkannte, ihm noch die Festung
[* 20] Rendsburg
[* 21] übergab und den Bürgern
von Hamburg und Lübeck völlige Handelsfreiheit durch ganz Dänemark bestätigte.
Nachdem er seine Freiheit erhalten, erkaufte er sich von dem Papst Honorius III. die Entbindung von seinem Eid, fiel in ein, unterwarf die Dithmarschen nach einem kurzen Kampf und nahm die wichtige Festung Rendsburg. Dann zog er gegen Lübeck, wo ihm ein schlagfertiges Heer der deutschen Verbündeten (Bremen, [* 22] Hamburg, Lübeck: Holstein, Mecklenburg und Sachsen) unter Anführung des Grafen Adolf IV. die Spitze bot. Die Schlacht bei Bornhövede entschied durch den Abfall der Dithmarschen, die bis dahin auf des Königs Seite gestanden, zu gunsten der Deutschen und veranlaßte Waldemar, sich mit Adolf IV. auszusöhnen und auf ewige Zeiten Verzicht auf Holstein, Stormarn und Wagrien zu leisten.
Als Adolf 1239 der Herrschaft entsagte und ins Kloster ging, folgten ihm seine beiden minderjährigen Söhne Johann (in Kiel) und Gerhard (in Itzehoe; der dritte Ludolf, wurde Geistlicher) zunächst unter der Vormundschaft ihres Oheims, des Herzogs Abel von Schleswig. Bei ihren Lebzeiten fand noch keine Teilung der Grafschaft statt, dieselbe erfolgte erst nach Johanns Tod (1263). Seine Söhne Adolf V. und Johann II. begründeten 1273 die Linien Holstein-Segeberg und Holstein-Kiel, während im Westen Holstein-Rendsburg ihrem Oheim Gerhard I. verblieb. Nach dessen Tod 1290 teilten seine Söhne gleichfalls, und so entstanden die Linien Holstein-Plön, Holstein-Schauenburg und Holstein-Rendsburg. In betreff seiner Verfassung jedoch, sowohl dem Deutschen Reich als auch der einheimischen Ritterschaft gegenüber, galt als Einheit, und eine Entfremdung von Gebietsteilen wurde 1307 durch Vertrag mit dem Herzog von Sachsen-Lauenburg, dem damaligen Lehnsherrn, für immer untersagt.
Zu Anfang des 14. Jahrh. bestanden jene drei Linien noch, die Plöner unter Johann III., dem Milden (1313-59), die Schauenburger unter Adolf VII. (1315-53), endlich die Rendsburger unter Gerhard III., d. Gr. (1304-40, s. Gerhard 1). Der Aufschwung, den Dänemark unter Erich (Menved) genommen, ließ bei dessen Tod (1319) erheblich nach, der Übermut der Großen lähmte des Königs Arm; dennoch suchte Christoph II., Erichs Bruder und Nachfolger, nach dem Tode des Herzogs Erich II. von Schleswig dies Herzogtum an sich zu reißen.
Bereits hatten die Dänen das ganze Land bis auf das Schloß Gottorp in ihrer Gewalt, und auch dieses hätte erliegen müssen, wenn nicht Gerhard d. Gr., Erichs II. Schwager, 1325 seinem Neffen Waldemar V. zu Hilfe geeilt wäre und die Dänen aus dem Land getrieben hätte. Nach Christophs Absetzung trugen die Dänen dem siegreichen Grafen von Holstein die Krone an. Gerhard schlug sie aus, verschaffte sie aber seinem Neffen Waldemar von Schleswig, der ihm dafür dieses Herzogtum erblich abtrat. So wurde Schleswig mit Holstein vereinigt.
Gerhard, von den dänischen Reichsbaronen während der Jugend des Königs zum Reichsvorsteher und Reichsfeldherrn erwählt, ließ sich über den Erwerb des Herzogtums Schleswig sowohl vom König Waldemar als von den Reichsständen eine umfassende Urkunde ausstellen, die sogen. Constitutio Waldemariana, das erste historische Dokument, durch welches ausgesprochen wird, daß »Schleswig und Dänemark niemals wieder so vereint werden sollen, daß Ein Herr sei über beide«.
Geschichtskarten von D

* 23
Deutschland.Der abgesetzte König sammelte in Deutschland [* 23] Anhänger, fiel wiederum in Schleswig ein, wurde aber auch diesmal von Gerhard verjagt. Dieser ließ sich jedoch durch die Zaghaftigkeit seines Neffen Waldemar, durch das Zureden des Grafen Johann und durch die Ermahnungen des deutschen Kaisers zur Nachgiebigkeit bewegen. Das große Hauptziel seines Strebens, die Selbständigkeit Schleswig-Holsteins, suchte er dadurch zu erreichen, daß er die Constitutio Waldemariana neu bekräftigen und die eventuelle Nachfolge in Schleswig sich zusichern ließ (1330). Außerdem wurde Gerhard mit Fünen belehnt, während Johann schon vorher Fehmarn und als Pfand Laaland, Schonen und den größten Teil von Seeland erhalten hatte. Dafür gab Gerhard Schleswig seinem Neffen Waldemar zurück, der seinerseits auf die königliche Würde verzichtete. Als aber Christoph II. ohne irgend eine Veranlassung verwüstend in Schleswig einfiel, wurde er von ¶
Holstein - Holtei

* 24
Seite 8.664.mehr
Gerhard nahe am Danewerk auf der Loheide total geschlagen und mußte 1332 zu Kiel in die Verpfändung Nordjütlands und Fünens für 100,000 Mark willigen, um nur den Königstitel über einige kleine Inseln, die Reste der dänischen Macht, weiterführen zu dürfen. Als nach Christophs Tod (1332) seine Söhne Otto und Waldemar die von ihrem Vater geschlossenen Verträge für nichtig erklärten, wußte Gerhard seine Eroberungen gegen sie zu behaupten und riß nun die letzten Reste des dänischen Reichs an sich. Er nannte sich Herzog von Jütland und Fünen und regierte als unumschränkter Herr; ein Gleiches that Johann der Milde in seinen dänischen Landen. 1340 bewog Gerhard seinen Neffen Waldemar, ihm sogar das ganze Herzogtum Schleswig gegen Nordjütland zu verpfänden; da machte der Dolchstoß eines rachsüchtigen Dänen, Niels Ebbesen, seinem thatenreichen Leben ein Ende, als er auf einem Zug durch das noch immer nicht beruhigte Jütland zu Randers übernachtete
Brandenburg

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Brandenburg.Gerhards Söhne Heinrich II. und Klaus rächten blutig des Vaters Tod, wirkten dann aber, mildern Sinnes, bei der Herstellung des dänischen Reichs mit. Als Kaiser Ludwig und sein Sohn Ludwig von Brandenburg [* 25] die Erhebung von Christophs II. Sohn Waldemar auf den dänischen Thron befürworteten, gaben sie zu Lübeck (19.-21. Mai 1340) ihre Einwilligung, blieben aber im Besitz der Pfandschaften in Dänemark und, was wichtiger war, im Besitz Schleswigs. Waldemar verwickelte sich in seinem Übermut in einen Krieg mit der Hansa, an welchem auch die holsteinischen Grafen sich beteiligten, und hatte in dem schimpflichen Frieden von Stralsund [* 26] 1369 seine Krone nur der Gnade der Städte zu verdanken.
Der Friede mit Holstein verzögerte sich bis 1373, doch überließen hier die Grafen die Entscheidung über ihre Ansprüche einem künftigen Schiedsgericht. Wiederum schickte sich Waldemar zur Fehde an, da ereilte ihn der Tod 1375. Da Heinrich, Waldemars V. Sohn, der letzte (nominelle) Herzog von Schleswig, eben gestorben war, so mußte dies Land endgültig an die Söhne Gerhards d. Gr. fallen. Erst 1386 gab Margarete als Vormünderin ihres Sohns, König Olafs von Dänemark, ihre Zustimmung: zu Nyborg erhielt Gerhard VI. (s. Gerhard 2), Heinrichs II. (gest. 1385) Sohn (denn nur immer einer sollte Herzog in Schleswig sein), in feierlicher Versammlung die Belehnung. Über die weitern Schicksale Holsteins und die Litteratur vgl. Schleswig-Holstein, Geschichte.