Hoffnung
(Spes), derjenige
Affekt, welcher aus der
Vorstellung eines zukünftigen
Angenehmen, wie die
Furcht (s. d.) aus
jener eines zukünftigen Unangenehmen, entspringt. Dieselbe ist durch die Annehmlichkeit des Gehofften
der
Freude, durch die
Abwesenheit desselben der elegischen Gemütsstimmung
(Wehmut) verwandt, von jener durch die Beimengung
der
Trauer über die
Abwesenheit des Erfreulichen, von dieser als rückwärts gekehrtem
Affekt durch den Umstand unterschieden,
daß das Erfreuliche nicht hinter, sondern vor dem Hoffenden liegt. Da die
Vorstellung eines
Angenehmen
den
Wunsch desselben erzeugt, so kommt der
Affekt, der dessen Erreichung voraussieht, dem letztern entgegen; auf den Fittichen
der
Phantasie schwebt die Hoffnung
dem
Wunsch voraus, spornt den
Geist zur Thätigkeit und erwärmt die sehnende
Brust zu mutigem Aufschwung.
Dennoch darf dieselbe, die nur eine flüchtige Gemütsbewegung ist, nicht mit der ältern und ernstern Schwester Zuversicht, welche deren habituell gewordener Gemütszustand ist, verwechselt werden. Beide haben das gemein, daß sie durch als bevorstehend gedachtes Glück, wie ihre Gegenstücke Furcht und Trostlosigkeit durch als bevorstehend gedachtes Unglück, verursacht sind. und Furcht aber entstehen plötzlich und vergehen wieder ebenso; Zuversicht und Trostlosigkeit wachsen allmählich an und gewinnen bleibende Dauer.
Letztere beiden können daher durch besonnene Überlegung veranlaßt, auf richtige oder doch richtig scheinende
Gründe gestützt
werden; die wie ein
Blitz aufflammende aber und die wie ein Donnerschlag lähmende
Furcht stehen der Besinnung im
Weg. Jene läßt am Eintreffen des Gehofften, diese an jenem des Gefürchteten auch nicht den
Schatten
[* 2] des
Zweifels aufkommen.
Beide sind immer thöricht, während die
Zuversicht und Trostlosigkeit verständig sein können, wenn auch eingeräumt werden
muß, daß ohne die
Gabe der Hoffnung
manches
Gute und
Große nicht unternommen werden würde und durch die
Gabe
der
Furcht manches Schlimme und
Böse im
Keim
¶
mehr
unterdrückt wird. als Affekt tröstet zwar, aber nur für den Augenblick und nur wie ein willkommener Rausch, der schmeichelhafte
Traumbilder heraufführt; nur die auf Gründe (philosophische, religiöse, empirische) bauende Zuversicht gewährt nachhaltigen
Trost. Jene ward daher wohl als beflügelten Schrittes einhereilende Göttin mit leichtem, durchsichtigem Gewand, diese dagegen,
die als »göttliche Tugend«, mit Glauben und Liebe vereinigt, auch Hoffnung
heißt, wird als ruhende Gestalt,
auf einen ehernen Anker
[* 4] gestützt, dargestellt.