Titel
Hofer
,
1)
Andreas, der heldenmütige
Führer der
Tiroler im Volkskampf von 1809, geb. im
Gasthaus »Am
Sand«
bei St.
Leonhard im Passeierthal. Hier hatten seine von Magfeld,
Gemeinde
Platt, herstammenden Vorfahren seit dem Anfang des 17. Jahrh.
als »Sandwirte« gewohnt, und auch Hofer
übernahm,
im väterlichen
Haus ohne sonderliche
Erziehung zum kräftigen Mann herangewachsen, die
Wirtschaft. Daneben trieb er, der »Anderle«,
wie er gemeinhin genannt wurde, mit
Wein und
Pferden
Handel nach
Italien,
[* 2] vermochte aber trotzdem nicht die unter seinem
Vater
tief verschuldete
Wirtschaft zu heben. Er war von untersetzter Gestalt, breiter
Brust und vollen roten
Wangen und trug einen schwarzen, breit und dicht auf die
Brust herabfallenden
Bart. Er war nicht unbegabt, aber unklar, leicht
vertrauend und leicht argwöhnisch, mutig, aber nicht löwenkühn, dem
Kaiser treu und seiner
Kirche schwärmerisch zugethan. 1790 machte
er den stürmischen
Landtag zu
Innsbruck
[* 3] als
Abgeordneter des
Thals
Passeier mit. Im
Krieg von 1796 ward er
als
Führer einer Schützenkompanie bekannt und populär, und 1808 begab er sich mit einigen Landsleuten nach
Wien,
[* 4] wo ihnen
vom
Erzherzog
Johann der vom
Freiherrn v.
Hormayr ausgearbeitete
Plan zur
Insurrektion
Tirols vorgelegt wurde. und
seine
Vertrauten machten den
Plan in ganz
Tirol
[* 5] durch mündliche Mitteilung bekannt. Am erließ Hofer
in seinem
Thal
[* 6] den
Aufruf zum
Aufstand und griff 11. April bei
Sterzing mit dem
Landsturm der
Gerichte Sarentheim und
Passeier die auf dem
Rückzug befindlichen
Bayern
[* 7] an, von welchen sich ein Teil am 13. kriegsgefangen ergeben mußte. Am 14. zogen die österreichischen
Truppen, umgeben von den
Scharen der Landesverteidiger, in der alten Landeshauptstadt wieder ein.
Aber nach dem unglücklichen
Feldzug der
Österreicher in
Bayern und bei
Napoleons raschem Vordringen gegen
Wien fiel
Tirol sofort
wieder in die
Gewalt
Lefebvres und
Wredes. Da lieferte am
Berg
Isel 25. und 29. Mai
Bayern zwei
Treffen, durch welche
die letztern genötigt wurden,
Tirol abermals zu räumen.
Innsbruck ward am 30. Mai wiedergewonnen und Hofer
, der gerade,
weil er
ein Mann aus dem
Volk war, von den
Bauern zum
Führer erhoben wurde, bei dem Einzug mit stürmischem Jubel
begrüßt. Da nun
Tirol wieder befreit war, kehrte Hofer
in seine
Heimat zurück.
Als nach der
Schlacht bei
Wagram
[* 8] 12. Juli zu
Znaim ein
Waffenstillstand zwischen
Napoleon und
Österreich
[* 9] geschlossen ward, kraft
dessen
Tirol und
Vorarlberg von
Österreich preisgegeben wurden, und nun von drei Seiten zugleich gegen
40,000
Franzosen,
Bayern und
Sachsen
[* 10] in
Tirol einrückten, ließ Hofer
in allen
Thälern das
Aufgebot zum
Schutz des Vaterlandes und
der heiligen
Religion verkündigen. Nur vorübergehend ward er durch die Erfolge der Feinde und seine
Ächtung eingeschüchtert
und begab sich nach
Passeier. Am 7. Aug. zog er mit ein paar
Tausend Bewaffneten aus
Passeier,
Meran
[* 11] und Algund
über den
Jaufen und stieß zu seinem
Freund
Speckbacher. Ihr wiederum am
Berg
Isel 13. Aug. erfochtener
Sieg zwang
Lefebvre zur
Flucht
aus dem Land. Zwei
Tage nachher (15. Aug.) war
Innsbruck, des
Landes alte Hauptstadt, wieder vom Feind befreit,
und Hofer
zog mit
¶
mehr
seinen siegreichen Scharen dort ein. Er ward zum Oberkommandanten von Tirol gewählt und stellte diesem Titel zum Wahrzeichen seiner Treue für das Haus Österreich das »k. k.« (kaiserlich königlicher) voran. Am 16. Aug. erschien ein Armeebefehl des Kaisers Franz, welcher in den Tirolern des alte Vertrauen wieder erweckte.
Hofer
führte unterdessen die oberste Leitung der Militär- und Zivilverwaltung unter den sonderbarsten Anomalien,
in denen aber sein schlichter Bauernverstand nicht selten den Nagel auf den Kopf traf. Seine erste Verordnung betraf die Herausgabe
aller von den Feinden geraubten und wieder verkauften oder zurückgebliebenen Effekten. Dann erließ er einen Aufruf an die
Seelsorger, dem höchsten Helfer in der Not Lob- und Dankopfer für den Sieg darzubringen und für die Aufnahme
der Religion Sorge zu tragen.
Mit großem Ernst und Eifer bekümmerte er sich auch um den Ehefrieden; den Frauenzimmern verbot er, »ihre Brust und Armfleisch
zu wenig oder nur mit durchsichtigen Hadern zu bedecken«. Im übrigen bestätigte Hofer
durchaus die Verfügungen
der frühern österreichischen Verwaltung und folgte ihren Maßregeln sowohl in Zivil- als in Militärangelegenheiten. Nach
seinem besten Gewissen, schlicht und recht, vom Kaiser durch die große goldene Gnadenkette mit der Verdienstmedaille ausgezeichnet,
führte er die Verwaltung fort bis zum Frieden von Wien 14. Okt., nach welchem Tirol und Vorarlberg, wenngleich
mit Vorbehalt einer allgemeinen Amnestie, der Gewalt des Feindes überlassen werden mußten.
Auf die Kunde hiervon waren und dessen Genossen im ersten Augenblick betäubt, ratlos, unentschlossen. Inzwischen hatten die
Feinde schon den Isel und die Scharnitz besetzt, und Speckbacher war 16. Okt. im Salachthal ^[richtig: Saalachthal]
nach blutigem Kampf besiegt worden. So ergab sich auch Hofer
in das Unvermeidliche, unterwarf sich zu Steinach 2. Nov. und erließ
am 7. ein die Friedensbotschaft bestätigendes Schreiben an das Volk; allein durch falsche Nachrichten von Siegen
[* 13] und dem Einmarsch
des Erzherzogs Johann getäuscht, umgeben und gedrängt von Männern, welche mit wildem Eifer immer von
neuem den Kampf verlangten, begann er die Feindseligkeiten wieder und rief 12. Nov. vom Sand aus die Bewohner des Vintschgaues
und des Oberinnthals zu den Waffen.
[* 14]
Unaufhaltsam drangen indes die Feinde vor und unterwarfen sich ein Thal nach dem andern. Hofer
flüchtete
mit Weib und Kind in die winterliche Einsamkeit der Berge, weil er Tirol nicht verlassen wollte. Von Ende November 1809 bis zu Ende
Januar 1810 hielt er sich in einer Alpenhütte beim Eingang ins Farteis verborgen. Hier wurde er durch einen übel berüchtigten
Landsmann, Namens Raffl, den Franzosen verraten. Am wurden italienische Truppen vom General Huard
nach der Sennhütte beordert, wo nun jede Flucht unmöglich war und Hofer
sich unerschrocken zu erkennen gab. Er wurde mit Stricken
gebunden und mißhandelt.
Erst in Meran ward ihm eine menschlichere Behandlung zu teil. Von da wurde er nach Mantua [* 15] gebracht, vor ein Kriegsgericht gestellt und auf Napoleons direkten Befehl zum Tode durch Erschießung binnen 24 Stunden verurteilt. Er trat am Morgen des seinen letzten Gang [* 16] an; auf dem Exekutionsplatz, einem breiten Bastion der Porta Ceresa, angelangt, weigerte er sich, die Augen sich verbinden zu lassen und niederzuknieen, und kommandierte dann selbst »Feuer!« Erst der 13. Schuß machte seinem Leben ein Ende.
Seine Leiche ward im Gärtchen des Pfarrers der Citadelle beerdigt; von dort brachte man
sie feierlich in das für
Hofer
bestimmte Grabmal in der Hofkirche zu Innsbruck. Dort, dem Denkmal des Kaisers Maximilian I. gegenüber,
steht seit 1834 sein Standbild, aus Goflaner Marmor von Schaller gefertigt. Hofers
Familie wurde für den Verlust ihres Vermögens 1819 vom
Kaiser entschädigt, auch des bereits 1809 geadelten Hofer
Adelsdiplom zu Wien ausgefertigt.
Ein Enkel Hofers
(von seinem einzigen Sohn Johann), Andreas, Edler von Hofer
, geb. 1833, starb als verfassungstreuer
Abgeordneter des Reichsrats
Vgl. v. Hormayr, Das Land Tirol und der tiroler Krieg von 1809 (Leipz. 1845);
B. Weber, Das Thal Passeyr und seine Bewohner, mit besonderer Rücksicht auf Andreas und das Jahr 1809 (Innsbr. 1851);
Weidinger, A. und seine Kampfgenossen (3. Aufl., Leipz. 1861);
Heigel, A. Hofer
(Münch. 1874);
Stampfer, Sandwirt A. Hofer (Freiburg [* 17] 1874);
Egger, Geschichte Tirols, Bd. 3 (Innsbr. 1880).
Immermann und B. Auerbach [* 18] behandelten die Geschichte Hofers in Dramen.
Vgl. auch Frankl, A. Hofer im Liede (Innsbr. 1884).
2) Ludwig, Bildhauer, geb. 1801 zu Ludwigsburg [* 19] in Württemberg, [* 20] erhielt seine erste Ausbildung in seiner Vaterstadt und in Stuttgart [* 21] und wurde 1819 von Klenze nach München [* 22] berufen, um an den Ornamenten der Glyptothek mit zu arbeiten. Nach vierjähriger Thätigkeit daselbst ging er nach Rom, [* 23] wo er 15 Jahre blieb. In Thorwaldsens Werkstatt, in der er die ersten fünf Jahre arbeitete, führte er den von jenem entworfenen knieenden Engel mit dem Taufbecken aus. 1838 nach Stuttgart zurückgekehrt; brachte er als eignes Werk eine Psyche mit, welche von dem König von Württemberg gekauft wurde. Mit Aufträgen des letztern ging er wiederholt nach Italien, hauptsächlich behufs Ausführung von drei kolossalen Marmorgruppen, zwei Rossebändigern (s. Tafel »Bildhauerkunst [* 24] VIII«, [* 25] Fig. 7) und dem Raub des Hylas, für den Stuttgarter Schloßgarten.
Teils aus eignem Entschluß, teils im Auftrag des Königs begann er sodann die Nachbildung einer Anzahl der berühmtesten antiken und modernen Statuen, welche fast sämtlich zur Ausschmückung des Stuttgarter Schloßgartens sowie des königlichen Landhauses Rosenstein verwendet wurden. An letzterm Ort befindet sich auch ein treffliches Originalwerk von ein zorniger Amor. 1857-59 schuf er das 4 m hohe eherne Reiterstandbild des Herzogs Eberhard im Bart, im Hof [* 26] des Alten Schlosses zu Stuttgart. Sein Werk ist auch die eherne Concordia auf der Jubiläumssäule König Wilhelms daselbst. 1880 fertigte er noch eine Marmorgruppe, Raub der Proserpina (Museum in Stuttgart). Er starb in Stuttgart.