Titel
Höfer
,
1) Ferdinand, Schriftsteller, geb. zu Döschnitz in Schwarzburg-Rudolstadt, durchwanderte nach beendeten Gymnasialstudien Deutschland, [* 2] Holland, Belgien [* 3] und schloß sich 1830 in Marseille [* 4] als Freiwilliger der Expedition zur Besetzung der Halbinsel Morea an, wurde, nach Frankreich 1831 zurückgekehrt, Lehrer, übersetzte Kants »Kritik der reinen Vernunft« ins Französische, trieb zugleich medizinische Studien, praktizierte eine Zeitlang in Paris [* 5] als Arzt, erhielt 1843 und 1846 von seiten der Regierung Missionen nach Deutschland, um den medizinischen und ökonomischen Unterricht zu studieren, und übernahm 1851 die Leitung der »Nouvelle biographie générale« (1851-66, 46 Bde.),
für die er selbst zahlreiche
Artikel schrieb. Er starb im Mai 1878 in Brunoy (Seine-et-Oise). Außerdem veröffentlichte
Höfer:
»Éléments de chimie générale«
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(1841); die in mehrere Sprachen übersetzte »Histoire de la chimie« (1842-43, 2 Bde.; 2. Aufl. 1869);
»Dictionnaire de chimie et de physique« (1846, 3. Ausg. 1857);
»Dictionnaire de médecine pratique« (1847);
»Dictionnaire de botanique« (1850);
»Le [* 7] Maroc et la Chaldée, etc.« (1848);
»La chimie enseignée par la biographie de ses fondateurs« (1865);
»Le monde des bois« (1867);
»Les saisons« (1867-1869, 2 Tle.);
»L'homme devant ses œuvres« (unter dem Pseudonym Jean l'Ermite, 1872, 2. Ausg. 1882);
»Histoire de l'astronomie«, »Histoire de la botanique, de la minéralogie et de la géologie«, »Histoire de la physique et de la chimie«, »Histoire de la zoologie« (1873);
»Histoire des mathématiques« (1874) u. a.
2) Albert, Sprachforscher, geb. zu Greifswald, [* 8] studierte hier, in Göttingen [* 9] und Berlin [* 10] Philologie, indem sich seine Studien bald vorzugsweise der vergleichenden Grammatik und dem Deutschen zuwandten. 1838 in Berlin habilitiert, ward er 1840 außerordentlicher Professor in Greifswald, begab sich aber im April 1841 mit Unterstützung der Regierung auf 18 Monate nach London, [* 11] Oxford [* 12] und Paris, wo er sich ein reiches handschriftliches Material, besonders für die Prâkritsprachen, erwarb.
Nachdem er noch in London mit dem Ankauf und in Berlin mit der Ordnung der Chambersschen Handschriften beschäftigt gewesen, kehrte er nach Greifswald zurück, wo er, 1847 zum Ordinarius befördert, ununterbrochen über Sanskrit und vergleichende Grammatik sowie über einzelne Gebiete der deutschen Philologie Vorlesungen hielt und starb. Von seinen zahlreichen Schriften erwähnen wir hier seine Erstlingsarbeit: »De Prakrita dialecto« (Berl. 1836);
die »Beiträge zur Etymologie und vergleichenden Grammatik der Hauptsprachen des indogermanischen Stammes« (das. 1839);
»Vom Infinitiv, besonders im Sanskrit« (das. 1840);
die »Zeitschrift für die Wissenschaft der Sprache« [* 13] (Berl., später Greifsw. 1845-54, 4 Bde.);
»Sanskritlesebuch« (Berl. 1849);
»Indische Gedichte, in deutschen Nachbildungen« (Leipz. 1844, 2 Bde.);
»Der alte Matrose«, nach Coleridge (Berl. 1844);
»Denkmäler niederdeutscher Sprache und Litteratur« (Greifsw. 1850-51, 2 Bde.);
»E. M. Arndt und die Universität Greifswald« (Berl. 1863);
»Über Altvile im Sachsenspiegel« (Halle [* 14] 1870).
3) Edmund, Novellist, geb. zu Greifswald, studierte auf der dortigen Universität sowie später in Berlin und Heidelberg [* 15] Philologie und Geschichte und begann bald nach seiner Rückkehr in die Heimat (1842) zu schriftstellern. Nach dem Tod seines Vaters ließ er sich 1854 dauernd in Stuttgart [* 16] nieder, wo er im Verein mit Hackländer die »Hausblätter« gründete. Er starb in Kannstatt. [* 17] Seine ersten in Zeitschriften veröffentlichten Erzählungen gab er später vereinigt unter dem Titel: »Aus dem Volk« (Stuttg. 1852) heraus, aus welcher Sammlung eine Anzahl Novellen als »Erzählungen eines alten Tambours« (das. 1855) wieder besonders erschien. Dann folgten: »Gedichte« (Berl. 1853; 2. Aufl., Leipz. 1856);
»Aus alter und neuer Zeit« (Stuttgart 1854);
»Schwanwiek, ein Skizzenbuch aus Norddeutschland« (das. 1856);
»Bewegtes Leben« (das. 1856);
»Wie das Volk spricht«, eine Sammlung von Sprichwörtern (8. Aufl., das. 1876),
und »Vergangene Tage« (Prag [* 18] 1859).
Mit seinem Roman »Norien, Erinnerungen einer alten Frau« (Stuttg. 1858, 2 Bde.) widerlegte er entschieden die Meinung, daß seine Begabung bloß für den kleinen Raum der Novelle ausreiche. Leider blieb ihm aber nicht erspart, sein Talent in einer zu schnellen Folge von Produktionen einigermaßen verflüchtigen zu müssen. Rasch nacheinander erschienen die Romane und Novellen: »Deutsche [* 19] Herzen« (Prag 1860);
»Auf deutscher Erde« (Stuttg. 1860, 2 Bde.);
»Die Honoratiorentochter« (das. 1861);
»Eine Geschichte von damals« (Prag 1861);
»Die Alten von Ruhneck« (Stuttg. 1862);
»In Sünden« (Wien [* 20] 1863);
»Altermann Ryke« (Berl. 1865, 4 Bde.);
»Unter der Fremdherrschaft« (Stuttg. 1863, 3 Bde.);
»Neue Geschichten« (Bresl. 1867, 2 Bde.);
»Die gute alte Zeit« (das. 1867, 3 Bde.);
»Ein Findling« (Schwer. 1868, 4 Bde.);
»Zwei Familien« (Bresl. 1869, 2 Bde.);
»Der verlorne Sohn« (Stuttg. 1869);
»Land und See«, Novellen (Bresl. 1871, 2 Bde.);
»In der Welt verloren« (Leipz. 1869, 4 Bde.);
»Unter fliegenden Fahnen« (Bresl. 1872, 2 Bde.);
»Zur linken Hand« [* 21] (Leipz. 1874);
»Der Demagoge« (Jena [* 22] 1872, 3 Bde.);
»Kleines Leben« (das. 1873, 3 Bde.);
»Treue siegt« (Stuttg. 1874);
»Erzählungen aus der Heimat« (Jena 1874, 2 Bde.);
»Stille Geschichten« (das. 1874, 3 Bde.);
»Die Bettelprinzeß« (Brem. 1876);
»Allerhand Geister« (Stuttg. 1876);
»Fünf neue Geschichten« (das. 1877);
»Dunkle Fenster« (das. 1877);
»Der Junker« (das. 1878, 3 Bde.);
die plattdeutsche Erzählung »Pap Kuhn« (das. 1878);
»In der letzten Stunde« (das. 1881, 2 Bde.).
Höfers
Vorzüge sind in seiner energischen und lebendigen Charakteristik, in seiner Lebensfülle und der
stimmungsvollen Schilderung von Landschaften und häuslichen Umgebungen seiner Gestalten zu suchen. Eine wahrhaft dichterische
Ader offenbart sich namentlich in der Darstellung trotziger, spröder, verschlossener, aber echter und herzenswarmer norddeutscher
Naturen sowie in der lebendigen Wiedergabe ausgebreiteter Familienbeziehungen und erblicher Familieneigentümlichkeit.
In seinen ältern Büchern (»Aus dem Volk«, »Schwanwiek«, »Norien«
u. a.), wo diese Vorzüge noch ganz und voll wirken, aber auch in einzelnen
Partien der neuern Romane erhebt er sich dadurch hoch über die Masse der Dutzenderzähler. Selbst seine minder vorzüglichen
Produktionen zeichnen sich in der Regel durch eine treffliche Anlage aus. Höfer
schrieb außerdem: »Deutsche Litteraturgeschichte
für Frauen« (Stuttg. 1876) und »Goethe und Charlotte v. Stein« (das. 1878). Eine Sammlung seiner frühern
»Erzählenden Schriften« hatte er selbst veranstaltet (Stuttg. 1865, 12 Bde.);
nach seinem Tod erschienen »Ausgewählte Schriften« von ihm in 14 Bänden (Jena 1882).