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der eigentlichen Vermählungszeremonie, die stets durch
Prokuration stattfindet, bleibt die
Braut noch bei den Eltern, bis
sie, begleitet von
Scharen ihrer Verwandten, ihrem Mann zugeführt wird. Auf das kostbarste geschmückt, begibt sie sich verschleiert
auf einem reichverzierten
Pferd
[* 3] oder
Kamel unter dem
Schall
[* 4] der
Musik in das
Haus oder
Zelt ihres
Mannes, wo
abermals eine Hochzeit
sfeier stattfindet, an der jedoch nur
Frauen teilnehmen dürfen. Unter den rohen
Völkerschaften
Ostindiens
wird die Hochzeit
mit wenig Prunk gefeiert und gilt als ein Ereignis, das nur die nächsten Anverwandten berührt;
vielfach beschränkt sie sich auf die trockne Abwickelung des Kaufgeschäfts für seine dem
Vater abgehandelte
Tochter.
Bei den
Bekennern des
Brahmanismus
gab es ehemals acht
Arten von Hochzeiten
, die Acvalayana, ein indischer Schriftsteller, ausführlich
schildert. Jetzt werden in
Indien die Mädchen gewöhnlich schon im
Alter von fünf oder sechs
Jahren versprochen und mit zehn
oder zwölf
Jahren ihrem Verlobten zugeführt. Am
Tag vor dieser
Zeremonie zieht hier und da der geschmückte
Bräutigam, von allen
Jünglingen begleitet, welche sein
Gewerbe treiben, in den
Straßen herum; dasselbe thut dann die
Braut
am Hochzeitstag
mit allen
Jungfrauen ihres
Standes. Am
Abend setzt man das Brautpaar an ein
Feuer, verhüllt beiden das
Gesicht,
[* 5] da sie nicht sehen dürfen, was jetzt vorgeht, und legt eine seidene
Schnur um sie; dabei spricht ein
Brahmane, deren bei
Reichen viele in Thätigkeit treten, einige
Gebete über sie und gibt ihnen den
Segen, indem er wohlriechendes
Wasser, Getreidekörner etc. über sie und ins
heilige Feuer ausgießt.
Beim Schmaus am vierten
Tag der essen die Brautleute aus Einer
Schüssel. Das
Heiraten ist in
Indien unter
den Anhängern der
Brahmanen wie unter den Mohammedanern ein reines
Geschäft; nach
Neigung wählt nur der Mann der untersten
Stände, nicht der
Angehörige besserer
Kaste; die bei der Heiratsfeier üblichen
Gaben zwischen den Brautleuten und
Gästen wie
die
Gebühren an die
Brahmanen und mohammedanischen Kazis, an Verwandte etc. betragen selbst für Minderbemittelte
nicht unter mehreren
Hundert
Mark, sind also so unerschwinglich geworden, daß sich
Vereine mit der lobenswerten Aufgabe bildeten,
diesem Unwesen zu steuern. Die großen
Ausgaben bei Verehelichung der Töchter haben im nördlichen
Indien die
Tötung
der Töchter zur
Gewohnheit vieler
Klassen der
Bevölkerung
[* 6] werden lassen und leisten allerwärts dem Unwesen der Geldwucherer
Vorschub. - In
China
[* 7] pflegen die Eltern ebenfalls ihre
Kinder schon in der zartesten
Jugend zu verloben, wobei vorzüglich auf
Gleichheit des
Alters,
Standes und
Vermögens gesehen wird. Am
Morgen des Hochzeit
stags werden
Geschenke gewechselt,
darunter
Ringe. Am
Abend erscheint, von seinen Verwandten und
Freunden begleitet, unter rauschender
Musik, der Bräutigam in
einer
Sänfte, um die
Braut abzuholen.
Vor ihrer neuen
Wohnung angelangt, wird sie von
Matronen ins
Haus getragen, zuvor aber an der
Thür über ein
Becken mit
Holzkohlen
gehalten. Nachdem man im großen
Saal feierliche
Begrüßungen gewechselt und Betelpalmnuß miteinander
gegessen hat, wird die
Braut in ihr
Zimmer geführt, wo ihr der junge
Gatte nach mancherlei
Zeremonien den
Schleier abnimmt
und sie
nun zum erstenmal von
Angesicht sieht. Nach der Hochzeit
kehrt die junge
Frau auf einige
Tage zu ihren Eltern
zurück, und am Ende des
Monats, der in mannigfachen Vergnügungen verfließt, erhält sie von ihren Freundinnen einen Kopfputz,
wonach die beiderseitigen Eltern noch
einmal zusammenkommen und die Hochzeit
szeremonien durch ein glänzendes
Fest beschließen.
In
Japan werden die Brautleute frühmorgens von ihren Verwandten abgeholt, jedes auf einen mit vier
Ochsen bespannten
Wagen gesetzt und auf einen außerhalb des Wohnorts gelegenen
Hügel gefahren, wo in einem kostbar ausgeschmückten achteckigen
Zelte das
Bild des Ehegottes aufgestellt ist, dessen Hundskopf anzeigen soll, daß
Treue und Wachsamkeit in der
Ehe notwendig
seien.
Vor demselben steht ein
Bonze, der das Brautpaar einsegnet. Die Brautleute haben je eine Hochzeit
sfackel
in der
Hand,
[* 8] welche am
Schluß der
Zeremonie angezündet wird, indem die
Braut die ihre an einer
Lampe
[* 9] ansteckt und dem Bräutigam
darreicht, um die seine daran anzuzünden. Sobald dies geschieht, erheben die Umstehenden ein Freudengeschrei und nahen mit
Gratulationen, während andere außerhalb des
Zeltes das ehemalige Spielzeug der
Braut ins
Feuer werfen
und sonstige
Gebräuche vollziehen.
Nach der Rückkehr in die
Wohnung wird ein Freudenfest gefeiert. Der
Sabäismus, zu dem sich vorzüglich die
Guebern bekennen,
untersagt
Ehescheidung und
Vielweiberei; nur wenn die
Ehe in den ersten neun
Jahren kinderlos bleibt, darf sich der Mann noch
eine zweite
Frau nehmen. Bei den heutigen
Juden sind die religiösen
Gebräuche, wie das Bedecken der
Braut
mit einem
Tuch oder
Schleier
vor der
Trauung, das Zerwerfen eines
Glases als
Erinnerung an den
Wechsel des
Schicksals, also
Mahnung
zur
Demut, das Bewerfen mit
Weizen, ein
Sinnbild der
Fruchtbarkeit, u. a., bis auf erstern fast überall
abgestellt, und die
Weihe des Hochzeit
stags findet vorwiegend ihren
Ausdruck in der Traurede.
In
Deutschland,
[* 10] wie in den gebildeten
Staaten
Europas überhaupt, haben sich die Festlichkeiten sehr vereinfacht; das Brautpaar
entzieht sich sogar oft noch vor Beendigung der Hochzeit
den
Gästen durch die Hochzeit
sreise. Selbst der bis vor
kurzem mit großem
Pompe begangene
Polterabend (s. d.) wird in neuerer Zeit häufig ausgelassen. Nur auf dem
Land feiert man die Hochzeit
noch mit mehrtägigen Schmäusen und
Gelagen. Über die Trauungszeremonien bei den verschiedenen christlichen
Religionsparteien s.
Trauung.
Wenn am 25. Jahrestag der Hochzeit
beide
Gatten noch leben, so wird dieser
Tag als Familienfest unter dem
Namen
silberne
Hochzeit
gefeiert, am 50. Jahrestag, meist mit kirchlicher Feierlichkeit, als goldene und am 60 als diamantene
Hochzeit.
Vgl. De Gubernatis, Storia comparata degli usi nuziali (Mail. 1869);
Wood, The wedding day in all ages and countries (Lond. 1869, 2 Bde.);
Reinsberg-Düringsfeld, Hochzeit
sbuch, Brauch und
Glaube der Hochzeit
bei den christlichen Völkern
Europas (Leipz. 1871).
Geistliche Hochzeiten heißen die Feste, welche am Tag der Aufnahme in ein Kloster sowie an dem Tage gefeiert werden, an welchem ein junger Priester zum erstenmal eine Messe oder Vigilie hält. Beide Feste arteten frühzeitig in Prunken und Schwelgen aus, so daß polizeiliche Verordnungen dagegen erlassen wurden. Wie bei den weltlichen, wurden auch bei den geistlichen Hochzeiten Geschenke erteilt.