Hirschhorn
(Hirschgeweihe). Wiewohl der Kopfaufsatz des männlichen Hirsches im gewöhnlichen Leben als Horn bezeichnet wird (bessere Benennungen sind Geweih und Gehörn), so paßt dies doch wenigstens insofern nicht, als die Masse desselben keine eigentliche Hornsubstanz ist, sondern bei allen hirschartigen, alljährlich das Geweih ablegenden Tieren aus eigentlicher Knochenmasse besteht, aus der sich die organischen Bestandteile durch Kochen in Form von Leim (Gelatine) ausziehen lassen, während Knochenerde (phosphorsaurer Kalk) übrig bleibt.
Horn (s. d.) verhält sich dagegen wesentlich anders. Dasselbe wird in der Hitze biegsam und nachher wieder hart, während das Geweih des Hirsches dieses Verhalten nicht zeigt. Die Geweihe der Hirschfamilie sind übrigens auch durchaus voll oder solid, die Hörner der Rinder etc. zum großen Teil hohl. Man verarbeitet erstere bekanntlich zu Messer-, Gabel- und Hirschfängergriffen wie zu verschiednen andern Drechslerarbeiten und zwar immer so, daß die eigentümlich gerauhte oder genarbte Außenseite erhalten bleibt, da diese sowohl hübsch aussieht als praktisch im Gebrauch ist. Man ahmt daher auch das H. künstlich und ziemlich gut in gepreßtem Holz nach.
Die schaufeligen Geweihe des Damhirsches sind weniger nutzbar und gelten kaum halb so viel wie die des Edelhirsches. Ähnliche Verwendung wie dieses, besonders zu Pfeifen und andern Drechslerwaren finden bekanntlich die Rehgeweihe, von denen besonders die wulstigen wie mit Perlen besetzten untern Endstücke (Rehkronen) geschätzt und unzerteilt gelassen werden. Hirsch- und Rehgehörne werden zuweilen von Liebhabern in Sammlungen und zum Zierrat übergewöhnlich hoch bezahlt, sei es daß sie entweder absonderlich gewachsen (Monstrosen) oder auch nur besonders regelmäßig und schön gebaut sind. Hirschhörner kommen am meisten von Tirol, Ungarn und Mittelamerika. -
Dem Hirschgeweih wurden früher ganz besondre Kräfte zugetraut und es gab eine Anzahl pharmazeutischer Präparate daraus,
die jetzt zum Teil unter den alten Namen noch fortbestehen, nunmehr aber, wo man weiß, daß diese Substanz vor andern Knochenmassen
nichts besondres voraus hat, nicht mehr aus Hirschhorn
dargestellt werden. Durch längeres Kochen wird
aus geraspeltem Hirschhorn
(Cornu cervi raspatum) eine Gallerte erhalten, die früher mit
Zucker u. dgl. an Kranke und Schwache
verabreicht, auch zum Klären von Getränken benutzt wurde. Da aber dieselbe eben nur
Gelatine ist, so benutzt man
für solche Zwecke jetzt diese, wie sie im Handel vorkommt. Die Produkte der trocknen Destillation, die man in frühern Zeiten
aus H. darstellte, wie z. B. Hirschhornöl
, Hirschhornsalz, sind ganz dieselben, die man
auch aus
Knochen erhält. Hirschhornsalz
ist
kohlensaures Ammoniak. - Zoll: Hirschgeweihe sind zollfrei, Waren daraus gem.
Tarif im Anh. Nr. 13 g; Hirschhornsalz
, Geist,
-Öl zollfrei.