Hiob
,
ein zu den Hagiographa (s. d.) gehörendes
Buch des Alten
Testaments, das nach Form und
Inhalt
zu den interessantesten Überresten jüd. Litteratur gehört. Es ist kein Geschichtsbuch, sondern
ein Lehrgedicht in Form eines Zwiegesprächs mit dramat.
Entwicklung. Sein
Held Hiob
(Job), im
Lande
Uz ansässig, gehört der
grauen Vorzeit an, er ist einer der drei Gerechten
(Ezech. 14,14,20). Das
Buch erörtert die Frage, ob die
Erfüllung
des Gesetzes durch irdische Glücksgüter belohnt, die
Übertretung aber durch irdische
Strafen und
Verluste gesühnt werde,
und bekämpft die hieraus gezogene Folgerung, daß man aus dem Unglück
eines Mannes auf seine Sündhaftigkeit schließen
müsse; es führt den
Gedanken durch, daß Gott auch über den Frommen
Leiden
[* 2] verhängt, daß dieser darum
aber weder
mit Gott hadern, noch an seiner Weisheit und Gerechtigkeit zweifeln dürfe, auch wenn er seine geheimnisvollen
Wege nicht durchschaut. Zur Veranschaulichung dieser Idee wird im Prolog
(Kap. 1
u. 2) erzählt, wie Gott durch den Satan den
frommen und rechtschaffenen Hiob
mit immer härtern Prüfungen heimsucht, zuletzt, nach
Verlust seiner
Kinder
und aller
Habe, mit dem
Aussatz. Als Hiob
, der bis dahin standhaft ausgeharrt, endlich
(Kap. 3) in wilde Klagen ausbricht, suchen
ihn seine Freunde Eliphas, Zophar und Bildad in drei Wechselgesprächen
(Kap. 4–14, 15–21, 22–28) als Verteidiger des
alten Vergeltungsglaubens zu überführen, daß er nur die gerechte
Strafe für frühere grobe
Sünden
erleide.
Ihnen gegenüber behauptet Hiob
seine Unschuld. Er fordert in einer Schlußrede
(Kap. 29–31) Gott selbst heraus, ihn zu widerlegen.
Hier nun wird das Gedicht in einer dem ganzen
Aufbau widersprechenden
Weise unterbrochen durch die Rede eines vierten Freundes,
des Elihu, der
(Kap. 32–37) ausführt, daß es keinen
Reinen und daher auch keinen unschuldig Leidenden
gebe. Es folgen die Reden
Gottes
(Kap. 38–42) und mit einem
Epilog (42,7-17) schließt das
Buch. Elihus Reden sind später
eingeschoben, und zwar von jemand, dem die starke
Betonung
[* 3] der Unschuld H.s anstößig war und der sie
als sträflichen Hochmut
auffaßte.
Ursprünglich folgte auf Z.s Herausforderung 31,40 sofort
Gottes Auftreten 40,1. Gott erscheint im
Sturm und Wetter
[* 4] und fordert
Hiob
auf, die vielen Rätsel der göttlichen Schöpfung und Weltregierung zu lösen.
Gottes Macht und Weisheit ist so groß,
daß sich der schwache
Mensch unbedingt derselben zu unterwerfen hat. Dies thut dann Hiob.
Er nimmt die heftigen
Reden zurück, die ihm in der Hitze des Streites mit seinen drei Freunden entfahren sind. Nachdem er sich also gedemütigt
hat, giebt ihm Gott gegen seine drei Freunde recht, erstattet ihm Gesundheit und Glücksgüter zurück und läßt ihm eine
Schar
Kinder geboren werden.
Sonach ist nur in äußerlicher
Weise durch die Erfahrung und die
Anerkenntnis
Gottes festgestellt, daß
ein Frommer leiden kann und daher der jüd. Vergeltungsglaube nicht zu dem Rückschlüsse verleiten
darf, daß ein Unglücklicher gesündigt haben müsse. Wie dies aber möglich sei, ist nicht erklärt und konnte vom Standpunkte
der jüd.
Religion nicht erklärt werden, da diese naturhafte
Güter als Lohn der Frömmigkeit betrachtet
und auf der im
Buche Hiob
vorliegenden
Stufe von einer vollgültigen Fortsetzung des Lebens nach dem
Tode nichts weiß.
Die Lösung brachte erst das
Christentum, dessen höchstes Gut ein rein geistiges, sittliches ist und das lehrt, auch
Leiden
unter dem
Gesichtspunkte eines Gutes und einer göttlichen Wohlthat zu betrachten. Das
Buch Hiob
, das nur in stark beschädigtem
Texte überliefert ist, gehört, was Folgerichtigkeit des
Aufbaues, Feinheit der psychol. Durchführung, Kraft
[* 5] und Gewalt der
Schilderung betrifft, zu den hervorragendsten Litteraturdenkmälern aller
Zeiten und
Völker. Seine Abfassungszeit war, wie
die in ihm vorliegenden religiösen und ethischen Ideen und die starke
Zersetzung der
Sprache
[* 6] durch Aramaismen
beweisen, eine sehr späte. Das
Buch kann nicht wohl
vor der griech. Zeit entstanden sein. Kommentare lieferten
Stickel (Lpz.
1842), Hirzel (ebd. 1839; 4. Aufl., von Dillmann, 1891), Schlottmann (Berl.
1851),
Delitzsch
[* 7] (Lpz. 1864; 2. Aufl. 1876) und Hitzig
(ebd. 1874); neuere
Übersetzungen Haupt (ebd. 1848),
Spieß
(Buchholz 1852), Ehrard
(Landau
[* 8] 1858), Kamphausen (in
«Bunsens
Bibelwerk»,
Lpz. 1865), Merx (zugleich mit emendiertem Urtext,
Jena
[* 9] 1871) und Joh.
Georg Ernst Hoffmann (mit Anmerkungen, Kiel
[* 10] 1891). –
Vgl.
Budde, Beiträge zur Kritik des
Buches Hiob
(Bonn
[* 11] 1876);
Studer, Das
Buch Hiob
(Brem. 1881);
Bickell, Dichtungen der Hebräer, Bd. 2 (Innsbr. 1882).