Hinterlegung
(Deposition), die Hingabe beweglicher Sachen zur Aufbewahrung und spätern Wiederherausgabe; im engern Sinn die Überlieferung von Wertsachen (Geld, Wertpapieren, Kostbarkeiten) an eine öffentliche Behörde (Hinterlegungsstelle) zur amtlichen Aufbewahrung. Die über die erfolgte Hinterlegung auszustellende Bescheinigung heißt Hinterlegung (Depositen-, Depositions-) Schein. Dabei kann man eine notwendige und eine freiwillige Hinterlegung unterscheiden; jene muß nach gesetzlichen Vorschriften geschehen oder kann doch infolge deren gefordert werden, diese ist ganz in die Willkür des Deponenten gegeben.
Die erstere kommt namentlich vor als notwendige Kautionsbestellung, ferner bei Sachen, welche zu dem Vermögen einer bevormundeten Person, zu einer Konkursmasse oder zu einem Nachlaß etc. gehören. Eine freiwillige Deposition findet hauptsächlich in dem Fall statt, wenn die Zahlung an den Gläubiger entweder gar nicht oder doch nicht mit Sicherheit geleistet werden kann, sowie wenn der Schuldner die Zahlung dem Gläubiger in der That, nicht bloß mit Worten, am gehörigen Ort, zur rechten Zeit und überhaupt auf gehörige Weise angeboten hatte und die Annahme der Zahlung von demselben verweigert worden ist. In solchem Fall wird der Schuldner durch die Deposition gerade so von seiner Schuld befreit, wie wenn er Zahlung geleistet hätte.
Die Hinterlegung wurde früher in Deutschland regelmäßig bei den Gerichten bewirkt, im Gegensatz zu dem französischen System, wonach (Gesetz vom für ganz Frankreich eine allgemeine Hinterlegungskasse (Caisse des dépots) eingerichtet ist. Neuerdings hat dies System auch in Deutschland Eingang gefunden, nachdem es in den Rheinlanden schon seit geraumer Zeit adoptiert worden war. Die Gesetze, welche in den einzelnen Staaten das Hinterlegungswesen normieren, heißen Deposital- (Hinterlegungs-) Ordnungen.
Infolge der seit eingeführten neuen deutschen Gerichtsverfassung und durch besondere Landesgesetze ist bis auf einzelne, nur für dringende Fälle den Amtsgerichten gestattete Ausnahmen das Depositalwesen den Gerichten abgenommen und mit dem nunmehr etwas ganz Besonderes bedeutenden Wort Hinterlegung die Übergabe von Geld, Inhaberpapieren, zwar auf Namen lautenden, aber dennoch vom Inhaber zu verwertenden Dokumenten sowie Kostbarkeiten an besondere Hinterlegungsstellen, in Preußen an die Regierungshauptkassen, in Berlin an die Militär- und Baukommission, angeordnet.
Andre Gegenstände: Mobilien, die nicht Kostbarkeiten sind, und Urkunden sind bei den Amtsgerichten zu hinterlegen. Das hinterlegte Geld wird nach der preußischen Hinterlegungsordnung vom (an Stelle der Depositalordnung von 1783) nicht mehr aufbewahrt, sondern wird sofort Eigentum des Staats und fließt in die Regierungshauptkasse, aus welcher auch die Rückzahlung erfolgt. Für den in der Zwischenzeit dem Staat gestatteten Gebrauch des Geldes wird eine Verzinsung von 2½ Proz. gewährt, während Wertpapiere und Kostbarkeiten einfach aufbewahrt werden.
Mit Ablauf von 10 Jahren hört die Verzinsung auf, wenn nicht ein neuer Antrag erfolgt. Nach weitern 20 Jahren kann das hinterlegte Geld gerichtlich aufgeboten werden. Bei unverzinslichen Geldbeträgen, bei Wertpapieren und Preziosen tritt das Aufgebot erst nach 30 Jahren ein. Die Hinterlegung geschieht teils auf gerichtliche oder sonst behördliche Verfügung, teils von seiten der Beteiligten freiwillig. Jedoch kann niemand ohne einen wirklichen Hinterlegungsgrund hinterlegen, etwa nur um Geld in Verwahrung zu geben und die Hinterlegungszinsen zu gewinnen. Die Hinterlegungsgründe sind in den verschiedensten Gesetzen enthalten, z. B. in den Art. 25, 40 und 98, Nr. 5, 75 der deutschen Wechselordnung;
Art. 202, 625, 690 des deutschen Handelsgesetzbuchs;
§ 216, 218, 222, 226 I, 16 des
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allgemeinen preußischen Landrechts;
§ 85, 72, 102, 103, 647, 650, 652, 657, 659, 668, 688, 716, 728, 738, 750, 803, 810 der deutschen Zivilprozeßordnung;
§ 117, 174, 419, 488 der Reichsstrafprozeßordnung;
§ 70, 118 der Reichskonkursordnung;
§ 58 der preußischen Vormundschaftsordnung;
§ 95, 106 der preußischen Grundbuchordnung;
§ 33 der Subhastationsordnung;
§ 9, 146 des preußischen Berggesetzes vom Es muß nach einem vorgeschriebenen Formular eine alle notwendigen Angaben enthaltende Hinterlegungserklärung doppelt eingereicht werden.
Die Zurückzahlung erfolgt nur auf Antrag, wenn nicht etwa auf das Hinterlegte Arrest gelegt und wenn überhaupt die Berechtigung des Empfängers klargestellt ist.
Durch die Übergabe einer Sache an einen nur zur unentgeltlichen Aufbewahrung sich Verpflichtenden entsteht schon nach römischem Recht ein besonderes Rechtsverhältnis zwischen demjenigen, welcher übergibt und welcher keineswegs der Eigentümer der Sache zu sein braucht, und demjenigen, welcher empfängt, Hinterlegungsvertrag oder Depositalkontrakt (depositum) genannt. Das Wesen dieses Vertrags besteht darin, daß jemand (Deponent, Depositor) einem andern (Depositar) eine bewegliche Sache zur unentgeltlichen Aufbewahrung mit der Verpflichtung zu späterer Rückgabe übergibt.
Das diese Sache Eigentum des Deponenten sei, ist nicht notwendig; genug, wenn sie dem Depositar eine fremde ist. Obgleich eine freiwillige Vergeltung von seiten des Deponenten nicht ausgeschlossen ist, so erfordert doch das Wesen dieses Kontrakts, daß die Aufbewahrung unentgeltlich geschieht, da außerdem ein andrer Kontrakt, z. B. Mietvertrag, vorläge. Die Sache darf lediglich nur zu dem Zweck der Aufbewahrung, nicht zur Benutzung gegeben werden, da im entgegengesetzten Fall wiederum ein andrer Vertrag, z. B. Darlehen, entstehen würde.
Der Depositar haftet so, daß er, wenn die Sache durch vorsätzliche rechtswidrige Handlungsweise desselben oder grobe Nachlässigkeit (dolus und culpa lata) beschädigt wird, abhanden kommt oder untergeht, zur Entschädigung verpflichtet ist. Im allgemeinen muß der Depositar alle die Sorgfalt auf die ihm anvertraute Sache wenden, mit welcher er seine eignen Sachen behandelt; in einigen Fällen hat derselbe sogar die Gefahr des Zufalls zu trugen, z. B. wenn er mit der Rückerstattung zögerte oder die Sache kontraktwidrig gebrauchte.
Der Depositar hat die Sache in jedem Fall zurückzuerstatten und hat nach gemeinem Recht wegen Gegenforderungen an den Deponenten, z. B. wegen Verwendungen, die er für die deponierte Sache gemacht hat, kein Retentionsrecht, während ihm das preußische Landrecht für seine Auslagen und Bemühungen ein solches einräumt. Die Zurückgabe der Sache findet in der Regel an dem Ort statt, an welchem sich dieselbe befindet, und zu jeder Zeit, wenn sie der Deponent zurückverlangt.
Dem Deponenten steht eine Klage (depositi actio directa) auf Zurückgabe der Sache und Ersatz des Schadens, welchen der Depositar daran verschuldet, zu. Die Verurteilung auf eine solche Klage hin zog nach römischem Rechte die Infamie des verurteilten Depositars nach sich; heutzutage kann unter Umständen Verurteilung wegen Unterschlagung eintreten. Der Depositar hat die Actio depositi contraria auf Erstattung der auf die deponierte Sache verwendeten Kosten sowie auf Ersatz des durch jede Schuld des Deponenten ihm verursachten Schadens.
Das Depositum wird eingeteilt in Depositum simplex (einfaches Depositum), welches unter den gewöhnlichen Umständen geschieht, und Depositum miserabile, wenn im Fall einer dringenden Not, z. B. bei Wassers- oder Feuersgefahr, jemand eine Sache anvertraut wird; die Klage geht in solchem Fall nach gemeinem Recht aufs Doppelte; in Depositum regulare, wenn die gewöhnlichen, aus dem Begriff sich ergebenden Grundsätze zur Anwendung kommen, und Depositum irregulare, wenn dem Depositar vertretbare (fungible) Sachen, z. B. eine Summe Geldes, eine Quantität Getreide, dergestalt übergeben werden, daß er seiner Zeit nicht genau das Erhaltene selbst (idem), sondern nur eine gleiche Quantität und Qualität (tantundem) zurückerstatten soll. In diesem Fall geht auch, wie bei dem Darlehen, das Eigentum und die Gefahr auf den Depositar über, sonst aber wird das Geschäft der Absicht der Kontrahenten gemäß wie ein Hinterlegungsvertrag behandelt. Daß die Hinterlegung einer Summe ein unregelmäßiges Depositum sein soll, wird stillschweigend angenommen, wenn eine Summe unverschlossen hinterlegt wird. Im Bankverkehr ist das Depositalwesen ein sehr ausgebildetes, und besondere Depositenbanken beschäftigen sich damit (s. Banken, S. 324).
Vgl. Kunze, Die (preußische) Hinterlegungsordnung (Berl. 1880).