Hiëronymus
,
der
Heilige, eigentlich
Eusebius Hieronymus
Sophronius, einer der hervorragendsten lateinischen
Kirchenväter,
zu Stridon (an der heutigen
Grenze zwischen
Steiermark
[* 2] und
Ungarn)
[* 3] spätestens gegen 340 als Sohn christlicher Eltern geboren,
erhielt
Bildung und
Taufe in
Rom,
[* 4] verweilte eine Zeitlang zu
Trier
[* 5] und 372 zu
Aquileja. Von hier bereiste
er
Kleinasien, bis er in
Antiochia, von einer heftigen
Krankheit befallen, der vielen
Sünden seiner
Jugend mit
Thränen gedachte
und den profanen
Studien auf die Dauer entsagte.
Zunächst begab er sich 374 nach seiner Genesung in die Wüste von Chalkis, wo er sich den härtesten Kasteiungen unterzog, ohne jedoch das Gelüst des widerstrebenden Fleisches je ertöten zu können. 379 siedelte er wieder nach Antiochia über, wo er von seinem Freund Paulinus die Weihe zum Presbyter erhielt und seine erste Schrift, die »Streitunterredung zwischen einem Luziferianer und Orthodoxen« (»Altercatio Luciferiani et Orthodoxi«),
verfaßte. Von hier begab er sich 380 nach Konstantinopel, [* 6] um daselbst den Unterricht des Gregor von Nazianz zu genießen und die Chronik des Eusebios von Cäsarea in lateinischer Sprache [* 7] zu bearbeiten und zu erweitern. 382 begleitete er Paulinus nach Rom, wo er auf den Wunsch des Bischofs Damasus nicht bloß die Übersetzung der Schriften des Didymos von Alexandria, sondern auch die Revision und teilweise Neubearbeitung der altlateinischen Bibelübersetzung begann.
Dieses Werk, welches ihn noch lange beschäftigte, unterlag zwar zunächst von seiten der konservativen Theologen manchem
Tadel, hat aber unter dem
Namen
»Vulgata« kirchliche Alleinberechtigung gewonnen. Neben dieser litterarischen Thätigkeit trat
Hiëronymus
in
Rom als bigotter
Asket auf und suchte im
Verein mit drei gleichgestimmten vornehmen
Frauen, Marcella,
Melania und
Paula, auch den weltlich gesinnten römischen
Klerus ebenfalls zum kontemplativen
Leben zu bekehren, was ihm viel
Neider und Gegner zuzog.
Mißgestimmt verließ er 385
Rom, durchstreifte
Palästina
[* 8] und
Ägypten
[* 9] und ließ sich 386 auf die Dauer in
Bethlehem nieder,
wo er ein
Mönchs- und ein Nonnenkloster gründete. Hier gab Hiëronymus
das erste
Beispiel eines Mönchtums,
welches
sich die
Pflege der
Wissenschaft und Litteratur zur Hauptaufgabe macht. Er schrieb eine ganze
Reihe von alt- und neutestamentlichen
Kommentaren, wertvolle
Schriften archäologischen
Inhalts,
Legenden von
Heiligen und
Mönchen. So hat er in seinen
Lebensbeschreibungen des heil.
Paulus,
Hilarion (s. d.),
Malchus recht eigentlich den frommen
Roman begründet.
Daneben verfaßte er leider auch theologische Streitschriften, worin sich seine maßlose
Reizbarkeit und die
Eitelkeit auf
seine
Orthodoxie spiegeln. So sehen wir ihn zuerst, mit Theophilus,
Patriarchen von
Alexandria, und
Epiphanius,
Bischof von
Salamis,
zum
Sturz der Origenisten verbündet (s.
Origenes), den Jovinian (s. d.) bekämpfen, dann die Verketzerung
des
Pelagius betreiben, infolgedessen die fromme
Gesellschaft zu
Bethlehem 416 sich selbst groben
Gewaltthätigkeiten ausgesetzt
sah und Hiëronymus
schließlich fast selber zum
Ketzer gestempelt ward. Er starb 30. Sept. 420. In Hiëronymus'
Charakter bilden
Sinnlichkeit und
Ehrgeiz, mit
Aberglauben vermischt, die hervorstechendsten
Züge.
Gleichwohl ist er nicht bloß der gelehrteste, sondern auch der beredteste unter den lateinischen Vätern; seine Sprache bewegt sich in großer Fülle und Mannigfaltigkeit, und diese Vorzüge einerseits, maßlose Polemik anderseits müssen die Schwächen seiner Logik und Dialektik verdecken. Seine exegetisch-kritischen Arbeiten tragen das Gepräge der Flüchtigkeit an sich, und als Theolog besaß er zu wenig Tiefsinn und spekulative Gabe, so daß ihm auch als Dogmatiker die Kirche nur wenig Autorität beigelegt hat.
Gleichwohl bleibt sein Verdienst um eine bessere Exegese ungeschmälert, und mit seiner Kenntnis des Hebräischen steht er im ganzen kirchlichen Altertum einzig da. Seine griechische Gelehrsamkeit dagegen qualifizierte ihn trefflich zum Vertreter der lateinischen Kirche bei der griechischen und der alexandrinischen Gelehrsamkeit in Rom. Seine Werke wurden am besten herausgegeben von Vallarsi (Verona [* 10] 1734-42, 11 Bde.), mit einigen Verbesserungen Venedig [* 11] 1762-72, 15 Bde.; in Auswahl übersetzt von Leipelt (Kempt. 1872-75, 2 Bde.).
Vgl.
Zöckler, Hiëronymus
, sein
Leben und Wirken (Gotha
[* 12] 1865);
Thierry, Saint [* 13] Jérôme (2. Aufl., Par. 1875, 2 Bde.);
Nowack, Die Bedeutung des Hiëronymus
für die alttestamentliche
Kritik
(Götting. 1875);
Cutts, Saint Jerome (Lond. 1877);
Goelzer, Étude sur la latinité de saint Jérôme (Par. 1886).